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28. März 2025 – März-Plenum

„Komplexe Frage“: Wie viele Stunden arbeitet ein Lehrer?

Der Landtag berät das Thema Arbeitzeit von Lehrkräften kontrovers, aber sachlich. Am Ende konnten nicht alle Fragen beantwortet werden. Es wird beschlossen, die Arbeitszeiterfassung mit den anderen Ländern zu erörtern.

Lehrer Gemeinschaftsschule Illustration
Die Sozialdemokraten drängen mit zwei Anträgen auf die Verbesserung der Arbeitssituation von Lehrkräften Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Wie bemisst sich die Arbeitszeit einer Lehrkraft? Was gehört neben dem Unterricht im Klassenraum alles dazu – etwa die Korrektur von Klausuren, Ausflüge oder Elternabende? Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof aus dem Jahr 2019 müssen Arbeitgeber grundsätzlich die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen – eine gesetzliche Umsetzung fehlt in Deutschland allerdings noch. Mehrere Projekte untersuchen derzeit deutschlandweit, wie dies in der Schule funktionieren könnte. Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat rief die Landesregierung auf, Initiativen aus Bremen und Sachsen zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung auszuwerten. Die Materie sei komplex, so Habersaat: „Aber es lohnt sich dahinzugucken.“

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) reagierte zurückhaltend. In Hamburg habe eine solche Zeiterfassung zu „großen Verwerfungen und Konflikten in der Lehrerschaft“ geführt. Grundsätzlich mach der „große Freiraum bei der Ausgestaltung“ den Lehrerberuf attraktiv. Eine strengere Arbeitszeitregelung werde sie „in der laufenden Legislatur nicht mehr anfangen“, betonte die Ministerin.

„Wie soll man mit den Ferien umgehen?“

Die Vertreter der Koalitionsfraktionen sahen noch „viele offene Fragen“. Die Arbeitszeit könne von Fach zu Fach und von Klassenstufe zu Klassenstufe sehr unterschiedlich ausfallen, sagte Martin Balasus (CDU). Und: „Wie soll man mit den Ferien umgehen?“ Er mahnte ein abgestimmtes Vorgehen aller Bundesländer an. Der Lehrer-Job sei etwas Besonderes, so Malte Krüger (Grüne): „Wer fährt sonst beruflich eine Woche auf Klassenfahrt?“  Es sei schwierig, die Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Einerseits gebe es 70 Ferientage, andererseits „sehr intensive Klausurphasen“.

„Viele Lehrer arbeiten weit über eine normale Stundenzeit hinaus, ohne dafür Anerkennung zu bekommen“, stellte Anne Riecke (FDP) heraus. Sie verwies auf „Vertretungsstunden, Aufsichten, Planungen, Fördergespräche, Konferenzen, Korrekturen“.

„Was passiert mit Überstunden?“

Es sei zwar interessant zu erfahren, so Jette Waldinger-Thiering (SSW), „wie viel Arbeitszeit hinter einer Unterrichtsstunde steckt“. Andererseits bedeute dies aber auch einen hohen Verwaltungsaufwand, und es bleibe die offene Frage: „Was passiert mit Überstunden? Wie können diese kompensiert werden?“ Dies müsse zunächst geklärt werden, bevor eine Arbeitszeiterfassung eingeführt werde.

Die Koalition verabschiedete einen eigenen Antrag zum Thema und lehnte das SPD-Papier ab. Auch ein SPD-Antrag zur Lehrkräftegewinnung wurde von Schwarz-Grün abgelehnt. Ein Alternativantrag der Koalition wurde bei Enthaltung der Opposition angenommen.

Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung kürzt die Landesregierung im kommenden Schuljahr die Unterrichtsstunden. An den Gemeinschaftsschulen weist die Stundentafel nach Angaben des Bildungsministeriums künftig 182 statt 188 Wochenstunden aus. An den Gymnasien gibt es künftig nur noch 176 statt 180 Wochenstunden. Mehr Unterricht gibt es nur an den Grundschulen mit 94 statt 92 Stunden. Früheren Angaben des Bildungsministeriums zufolge stehen im Schuljahr 2025/26 unterm Strich 163 Lehrerstellen weniger zur Verfügung, bei insgesamt 24.065 Planstellen.

In dieser Gemengelage setzt die SPD-Fraktion mit zwei Anträgen auf die Verbesserung der Arbeitssituation der Lehrkräfte. Die Sozialdemokraten fordern von der Landesregierung unter Einbindung der Gewerkschaften die Gründung einer „Allianz für Lehrkräfteerhaltung“, die bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Entlastung der vorhandenen Lehrkräfte und zur Steigerung der Attraktivität des Lehrkräfteberufs beratend tätig sein soll. Das Land müsse sich „im Kampf gegen den Lehrkräftemangel stärker für den Verbleib von vorhandenen Lehrkräften im Schulsystem“ einsetzen.

Ein Drittel der Lehrkräfte ist über 50 Jahre alt

Die SPD zählt insgesamt elf Punkte auf, die in der Allianz zu beraten seien. So müssten unter anderem Lehrkräftestellen analog zu den steigenden Schülerzahlen anwachsen. Zur Erfüllung der pädagogischen Aufgaben sei die „Einführung von Klassenleitungs-Teams mit verbindlicher Teamzeit und Pflichtstundenermäßigung“ nötig. Es müsse ein neuer Umgang mit Vertretungslehrkräften entwickelt werden, ebenso Altersteilzeitmodelle, die es mehr Lehrkräften ermöglichen, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze im Dienst zu verbleiben.

„Da laut Statistischem Bundesamt rund ein Drittel der Lehrkräfte über 50 Jahre alt sind, ist zu erwarten, dass diese mittel- oder kurzfristig in Pension gehen“, heißt es in der Begründung des Antrags. Letzte Berichte der Landesregierung hätten zudem offenbart, dass eine hohe Arbeitsbelastung besteht „und lediglich 16,53 Prozent der Lehrkräfte bis zum Erreichen der Altersgrenze im aktiven Dienst verbleiben“.

In einem zweiten Antrag fordert die SPD-Fraktion von der Landesregierung, die Einführung von Arbeitszeitmodellen inklusive einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte voranzutreiben.

(Stand: 21. März 2025)

Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2025
Juli 2024
Februar 2023 (Newsticker, 23.02./17:30)

Antrag

Top 25:
Arbeitszeiterfassung für Schleswig-Holsteins Lehrkräfte
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 20/3045 
Alternativantrag CDU/Grüne – Drucksache 20/3097

Antrag

Top 26:
Für den Verbleib von Lehrkräften an Schulen – gegen den Lehrkräftemangel Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 20/3046 
Alternativantrag CDU/Grüne – Drucksache 20/3108