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27. Februar 2025 – Februar-Plenum

Landtag eing: Pflege darf nicht zur Armutsfalle werden

In einer sachlichen Debatte diskutiert der Landtag kontrovers die stetig steigenden Pflegekosten. Einigkeit besteht darin, gegenzusteuern. Während Schwarz-Grün vor allem den Bund in der Pflicht sieht, fordert die Opposition auch mehr Engagement vom Land.

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Pflegerin mit zu Betreuender in einem Pflegeheim: Stationäre Pflege wird immer teurer. Foto: dpa, Tom Weller

Zum Auftakt des zweiten Plenarsitzungstages stand heute eine Debatte über die Bezahlbarkeit von Pflege auf der Agenda. Die Fraktionen von SPD und SSW forderten von der Landesregierung unter anderem die Übernahme von Investitionskosten durch das Land und den Einsatz der Landesregierung beim Bund für eine Deckelung der Pflege-Eigenanteile und die Übernahme von Ausbildungskosten. Die schwarz-grüne Regierungskoalition betont bereits Geleistetes und sieht darüber hinaus die Bundesregierung in der Pflicht. Der entsprechende Alternativantrag und auch der Ursprungsantrag wurden angenommen, eine von der FDP beantragte Überweisung in den Sozialausschuss abgelehnt.

Hintergrund der Debatte ist eine Auswertung des Ersatzkassenverbands in Schleswig-Holstein, die aufzeigt, dass die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige im Norden zuletzt weiter gestiegen sind. So kletterte hierzulande etwa die Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige im ersten Jahr des Heimaufenthalts binnen eines Jahres von 2.503 auf 2.778 Euro Anfang 2025. Darin enthalten sind den Berechnungen zufolge 971 Euro für Verpflegung und Unterkunft. Der Rest verteilt sich auf sogenannte Investitionskosten sowie Personal- und Ausbildungskosten.

SPD: Pflege darf nicht zur Armutsfalle werden

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Birte Pauls (SPD): „Es ist eine Frage der Würde, wie wir mit der älteren Generation umgehen wollen.“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Die ältere Generation habe durch ihr Leben, ihre Arbeit und ihr Engagement maßgeblich zum Wohlstand der heutigen Gesellschaft beigetragen, sagte Birte Pauls (SPD), Pflege dürfe für diese Menschen nicht zur Armutsfalle werden. Der Eigenanteil an den Kosten für Pflegeleistungen müsse dringend gedeckelt werden. „Außerdem muss das Land die Investitionskosten übernehmen. Das wäre eine Entlastung von durchschnittlich 538 Euro im Monat“, so Pauls. Pflege sei eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, ein Eigenanteil für die Pflegekosten solle in Zukunft ganz entfallen. Die Entlastung bei den Ausbildungskosten würde etwa 70 Euro im Monat betragen. Pauls: „Die SPD fordert deshalb eine Pflegevollversicherung, die sicherstellt, dass jeder Mensch die notwendige Unterstützung erhält. Das lässt sich über eine solidarische Bürgerversicherung, in der jede und jeder einzahlt, finanzieren.“

Man setze auf die finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, eine nachhaltige Reform der Pflegeversicherung sei zudem notwendig, die soziale und finanzielle Herausforderungen gezielt adressiere, sagte Andrea Tschacher (CDU). „Mit dem Pflegewohngeld stellen wir gemeinsam mit den Kommunen über 37 Millionen Euro bereit, um gezielt diejenigen zu entlasten, die Unterstützung brauchen.“ Man habe ein Maßnahmenpaket Pflege mit rund 30 kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung auf den Weg gebracht. Aktuell würden Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner die Kosten für die Ausbildung zukünftiger Pflegekräfte mittragen, „eine Praxis, die man hinterfragen muss“, so Tschacher. „Die Länder haben bereits 2022 gefordert, diese Kosten aus der Pflegevergütung herauszunehmen ­ eine Umsetzung durch den Bund steht jedoch aus. Ohne den Bund geht es nicht.“

Grüne fordern bessere Abstimmung

Balke, Jasper Grüne Plenum
Jasper Balke (Grüne): „ich kann nur hoffen, dass eine neue Bundesregierung (...) mit einer breiten Unterstützung der Länder eine grundsätzliche Reform unseres Pflegesystems anstrebt.“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Steuerliche Vorteile und Zuschüsse zur Rente für pflegende Angehörige, eine Erweiterung der Einnahmenseite über Einzahlungen etwa von Abgeordneten, Beamten und Selbstständigen sowie eine stärkere regionale Steuerung der pflegerischen Angebote betonte der Grünen-Abgeordnete Jasper Balke. „Es braucht eine bessere Abstimmung ambulanter Pflegedienste, von Konzepten von Wohnpflegeeinrichtungen, stationären wie teilstationären Einrichtungen sowie Pflegestützpunkten.“

Eine zu komplexe Gesetzgebung beklagte Heiner Garg (FDP) und schlug vor, dass „Pflegebedürftige nach ihren jeweiligen Pflegegraden ein persönliches Pflegebudget erhalten und sich selbst aussuchen können, wie sie gepflegt werden, also von pflegenden Angehörigen, durch einen ambulanten Pflegedienst oder in der vollstationären Einrichtung“. Das würde dem Wunsch- und Wahlrecht von Menschen viel näherkommen, als das Sozialgesetzbuch mit jeder Reform noch komplizierter zu machen. Das führe zu den vielen Anträgen, mit denen nicht nur die Pflegebedürftigen, sondern häufig auch deren Angehörige völlig überfordert seien.

Minister sieht Reform-Pflicht beim Bund

Man habe sich stets auf Bundesebene für die Pflege eingesetzt, doch bislang seien alle guten Vorschläge des Landes am Bund gescheitert, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt, der die erkrankte Sozialministerin Aminata Touré (beide Grüne) vertrat. „Trotzdem nehme ich den Auftrag an, den Druck in Richtung Bund weiter zu erhöhen, die Karten werden dort ja gerade neu gemischt.“ Die bestehenden Probleme könnten nur durch eine strukturelle Reform behoben werden „und die haben wir bisher nicht gesehen“. Die SPD-Fraktion fordere die Übernahme der Investitionskosten, das seien allerdings jährlich 175 Millionen Euro und bei der aktuellen Haushaltslage müsse man sehr überlegt handeln. Bei der Pflege würde man die Menschen unterstützen, die dringend Hilfe benötigten, etwa mit dem Pflegewohngeld, sagte der Minister.

Letzteres hatte zuvor bereits Christian Dirschauer (SSW) kritisiert. Der Verweis auf das Pflegewohngeld, dass das Land nur unter bestimmten Voraussetzungen und ohnehin nur für Sozialhilfebedürftige zahle, greife zu kurz. „Aus Betroffenensicht mag man es als gut bewerten, dass es eine solche Leistung gibt. Aber diese 200 oder 300 Euro monatlich für einen überschaubaren Personenkreis haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Gesamtentwicklung.“

Wer auf einen Heimplatz angewiesen ist, muss immer tiefer in die Tasche greifen – auch in Schleswig-Holstein. Die Fraktionen von SPD und SSW nehmen diese Entwicklung zum Anlass zu der Mahnung: „Pflege muss bezahlbar sein“. Ein so überschriebener Antrag fordert unter anderem dazu auf, bundesweit die Pflege-Eigenanteile zu deckeln und für eine Übernahme der Investitionskosten in Einrichtungen der stationären Altenpflege zu sorgen. Hintergrund des Antrags ist eine Auswertung des Ersatzkassenverbands in Schleswig-Holstein, die aufzeigt, dass die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige im Norden zuletzt weiter gestiegen sind.

So kletterte hierzulande etwa die Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige im ersten Jahr des Heimaufenthalts binnen eines Jahres von 2.503 auf 2.778 Euro Anfang 2025. Darin enthalten sind den Berechnungen zufolge 971 Euro für Verpflegung und Unterkunft. Der Rest verteilt sich auf sogenannte Investitionskosten sowie Personal- und Ausbildungskosten. Auf letzteren Punkt zielt eine weitere Forderung in dem Antrag der beiden Oppositionsfraktionen: Pflegeheimbewohnende müssten von den Ausbildungskosten entlastet werden.

Land liegt bei Kosten bundesweit im Mittelfeld

Das Land zwischen Ostsee und Nordsee rangiert bei den Pflegekosten im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld auf Platz 11. Die regionalen Unterschiede in den Bundesländern betragen mehrere Hundert Euro – am höchsten lag der Wert in Bremen mit 3.456 Euro, am niedrigsten in Sachsen-Anhalt mit 2.443 Euro. Laut der Stiftung Patientenschutz zufolge leben in Schleswig-Holstein mehr als 39.000 Menschen in Pflegeheimen.

(Stand: 20. Februar)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juli 2024 (ohne Meldung in plenum-online)
Juni 2024 (Newsticker, 21.06./15:00)

Top 25:
Pflege muss bezahlbar sein
Antrag der Fraktionen von SPD und SSW – Drucksache 20/2944(neu)
Alternativantrag von CDU/Grüne – Drucksache 20/2994