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29. Januar 2025 – Januar-Plenum

Landtag einig: keine gemeinsame Politik mit AfD

Auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag schlägt die Migrationspolitik Wellen. Inhaltlich gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einig sind sich die Fraktionschefs aber, dass es im Norden bei der Verabredung bleibe, keine Politik mit der AfD zu machen.

Ukraine Flüchtlinge Landesunterkunft Segeberg Banner Illustration
Blick zwei Jahre zurück: Banner vor der Landesunterkunft für Flüchtlinge Bad Segeberg Foto: dpa, Markus Scholz

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat in einer Debatte über eine verschärfte Migrationspolitik die klare Abgrenzung zur AfD betont. Gleichzeitig appellierte der CDU-Politiker an die anderen Parteien, bei der für Freitag geplanten Abstimmung im Bundestag zusammenzustehen. Dies sagte er in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde im Kieler Landtag. In der Aussprache zeigte sich: So vereint alle Fraktionen in ihrer Betroffenheit über jene die bundesweiten Diskussionen auslösende tödliche Messerattacke von Aschaffenburg und im grundsätzlichen Bedarf an Veränderungen in der Migrationspolitik sind, so unterschiedlich sind die Positionen im Detail. Uneingeschränkte Geschlossenheit bestand darin, keine Politik mit der AfD zu machen.

Die Liberalen bezogen sich bei ihrem Antrag auf die Aktuelle Stunde auf Medienberichte vom Wochenbeginn, demnach Günther angekündigt habe, den von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz geforderten Verschärfungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts im Bundesrat nicht zuzustimmen, wenn sie den Bundestag nur mit Stimmen der AfD passiert haben. In sozialen Medien hatte er zuvor eine schnelle und kompromisslose Änderung der Migrationspolitik im Umgang mit ausländischen Straftätern gefordert.

FDP: Nicht immer nur nach Berlin schauen

Buchholz, Bernd FDP Plenum
Bernd Buchholz (FDP): Im Land muss getan werden, was getan werden kann. Foto: Landtag, Thomas Eisenkrätzer

Es müsse eine neue Realpolitik in der Migration und deutlich mehr Konsequenz bei der Eindämmung der irregulären Migration geben, forderte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. „Wir begrüßen, dass Friedrich Merz dies nun auch sehr deutlich für die Union erklärt hat. Ich finde es auch richtig, dass Friedrich Merz an die anderen etablierten Parteien im Bundestag appelliert, sehr schnell zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.“

Fraktionskollege Bernd Buchholz appellierte an die Landesregierung, nicht immer nur nach Berlin zu gucken, sondern im Land das zu tun, was getan werden kann. „Man muss die Entlastungen der Ausländerbehörden sehr viel stärker betreiben, damit nicht hier in Schleswig-Holstein irgendwann mal eines Tages irgendjemand sagen muss, da hat wieder jemand jemanden ermordet und er war vollziehbar ausreisepflichtig, aber niemand hat sich um ihn gekümmert. Das darf und soll uns nicht passieren.“

CDU-Fraktionschef regt Kompromiss an

Auf einen Kompromiss setzt der Fraktionsvorsitzende der CDU, Tobias Koch. Die Bundes-SPD poche bislang auf die unveränderte Beschlussfassung des Sicherheitsgesetzes der Ampel, der aus Unions-Sicht nicht weitgehend genug sei. Umgekehrt würden SPD und Grüne argumentieren, dass die Vorschläge der Union von Merz viel zu weit gehen würden und rechtlich nicht umsetzbar wären. „Die Lösung wäre, einen Kompromiss in der Mitte zwischen beiden Positionen zu finden.“

Dafür müssten SPD und Grüne auf CDU/CSU zugehen und umgekehrt müsste auch die Union von ihren Maximalforderungen abrücken. Die Schwarz-Grünen Bundesratsinitiativen aus Nordrhein-Westfalen, Baden- Württemberg und Schleswig-Holstein könnten eine solche Lösung sein, so Koch. „Hier bei uns in Schleswig- Holstein haben wir oft genug bewiesen, dass wir als Demokraten zusammenstehen und radikalen Kräften keine Chance lassen. Das sollte heute auch unsere gemeinsame Forderung in Richtung Berlin sein.“

Grüne: Wut und Verzweiflung sind schlechte Ratgeber

Dauerhafte Grenzkontrollen seien nicht durchführbar und verstießen gegen den Schengener Grenzkodex, sagte Lasse Petersdotter, Fraktionsführer der Grünen. Eine Zurückweisung aller Versuche illegaler Einreise verstoße gegen EU-Recht, mit einem Notstand sei aufgrund sinkender Zahlen bei der Migration nicht zu argumentieren. Auch die Inhaftierung aller vollziehbar Ausreisepflichtigen sei bei allein 10.000 Betroffenen in Schleswig-Holstein nicht umsetzbar. „Wir sind alle von Impulsen nicht frei, aber Wut, Verzweiflung und der Wunsch nach Vergeltung sind schlechte Ratgeber.“

Man müsse ein Migrationsabkommen zur Chefsache machen um bei der Rückführung von Straftätern weiterzukommen, Migranten besser auf psychische Erkrankungen überprüfen, Messerangriffe rechtlich anders bewerten und eine Offensive bei der Vollstreckung von Haftbefehlen starten. „Bundesweit sind 170.000 Haftbefehle nicht vollstreckt, 14.000 davon wegen Gewalt.“

SPD erinnert an zentrales Versprechen unter allen Parteien

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli betonte, dass Deutschland sich an EU-Recht halten und das Recht auf Asyl erhalten bleiben müsse. „Ich darf erwarten, dass sich Vorschläge der Union an die Verfassung halten und dass keine gemeinsame Sache mit der AfD gemacht wird“, so Midyatli. Sie sei bestürzt über Merz‘ Aussage, dass es ihm egal sei, wer zustimme. „Das ist ein Dammbruch und das dürfen wir nicht hinnehmen.“

Es gebe ein zentrales Versprechen unter allen Parteien, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben dürfe. Diesen Konsens jetzt aufzubrechen halte sie für verantwortungslos, am Ende würde die Demokratie den größten Schaden nehmen. „Sollte es im Bundestag zu einer Mehrheit mit den Stimmen der AFD kommen, dann muss Schleswig-Holstein im Bundesrat klar und entschlossen mit „Nein“ stimmen. Das dient dem Schutz der Demokratie.“

Ähnlich argumentierte der SSW-Fraktionsvorsitzende Christian Dirschauer. „Als politische Verantwortungsträger müssen wir einen kühlen Kopf bewahren und sachlich darüber sprechen, was erforderlich ist, sagte Dirschauer mit Blick auf die CDU-Forderungen, „Schnellschüsse und Aktionismus sind fehl am Platze.“ Dennoch müsse etwas getan werden, Asylrecht und Ausweisungen gehörten zueinander.

Günther: Wir müssen andere Antworten finden

Er halte das Fünf-Punkte-Papier der CDU für richtig und wünsche, dass es umgesetzt werde, betonte Ministerpräsident Daniel Günther. „Die AfD ist ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, ohne Zweifel, aber auch eventuell für Menschen, die nicht verstehen, wenn andere Parteien ihnen erklären, dass Dinge anders nicht zu regeln sind. Das sind zum Teil frustrierte Leute, die sich absetzen, weil sie die Antworten von uns nicht mehr akzeptieren.“ Deshalb müsse man über seinen Schatten springen und die Dinge verändern.

„Für uns ist und bleibt eine Zusammenarbeit mit der AfD und auch Mehrheiten, die nur auf Grundlage der AfD möglich sind, nicht akzeptabel“, unterstrich Günther. Um das zu verhindern, bedürfe es allerdings der Kompromissfähigkeit in den Parlamenten. „Mit jedem weiteren Mord in unserem Land sehen Menschen, dass sich nicht genug tut. Wir müssen andere Antworten finden, sonst werden sie sich nicht mehr an die demokratischen Parteien wenden. Das können wir doch alle miteinander nicht wollen.“

Die FDP hat am Montag, zwei Tage vor Beginn der Januar-Tagung, eine Aktuelle Stunde zur Migrationspolitik beantragt. Sie begründet das mit Äußerungen von Ministerpräsidenten Daniel Günther, der sich unter anderem auf Instagram und Facebook dahingehend geäußert haben soll, dass sich die Migrationspolitik und der Umgang mit ausländischen Straftätern schnell und kompromisslos ändern müsse. „Aufgrund des öffentlichen Interesses ist es vor den aktuellen Hintergründen wichtig, die Position der Landesregierung zu erfahren und im Landtag zu debattieren“, heißt es in dem Antrag der Liberalen für die Aktuelle Stunde.

Die Diskussion um eine Verschätrfung der Sicherheitspolitik in Verbindung mit einer Neuausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik wird wenige Wochen vor der Bundestagswahl unter anderem unter dem Eindruck der Messerattentate von Solingen und Aschaffenburg sowie des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt geführt.

Stichwort Aktuelle Stunde:
Über eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.

Im Rahmen der Aktuellen Stunde steht allen Fraktionen eine Redezeit von zehn  Minuten zur Verfügung. Diese Redezeit kann von je zwei Rednerinnen oder Rednern in Anspruch genommen werden, wenn dies dem Sitzungspräsidium vor Eröffnung der Aussprache mitgeteilt wird. Nach der letzten Rednerin oder dem letzten Redner kann einem Mitglied der Landesregierung das Wort erteilt werden. Die von den Mitgliedern der Landesregierung in Anspruch genommene Redezeit sollte zehn Minuten nicht überschreiten. Werden in der Aktuellen Stunde zwei Gegenstände behandelt, verlängert sich die Redezeit auf jeweils 15 Minuten.

Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.

Vorherige Debatte/Meldung zum Thema:
Oktober 2024 (Newsticker, 17.10./12:20)
September 2024 (Antrag)
September 2024 (Regierungserklärung)

Aktuelle Stunde

„Position der Landesregierung infolge der aktuellen Äußerungen des Ministerpräsidenten zu schnellen und kompromisslosen Änderungen in der Migrationspolitik“
Beantragt von der Fraktion der FDP – Drucksache 20/2883