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Job, Elternschaft oder Privatleben sind oft Gründe dafür, der aktiven Kommunalpolitik fern zu bleiben. Sind Videositzungen eine Lösung des Problems? Oder verhindern rechtliche Bedenken oder gar der finanzielle Aufwand eine Umsetzung in die Praxis?
Ehrenamtlich Engagierte in Gemeinderäten und Kreistagen können voraussichtlich bald auch per Bild- und Tonübertragung an den Sitzungen der Kommunalgremien teilnehmen, wenn sie persönlich nicht erscheinen können. Mit dieser Ergänzung des Kommunalrechts wollen CDU und Grüne die Arbeit in der Lokalpolitik zeitgemäßer und attraktiver gestalten. Allerdings gibt es rechtliche Bedenken – insbesondere zu der Frage, ob das Land die Kommunen verpflichten sollte, bei Bedarf Videositzungen abzuhalten. Das wurde am Mittwoch in einer Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses deutlich. Vor der geplanten Zweiten Lesung Ende Januar soll die genaue Formulierung in einer weiteren Ausschusssitzung am Rande der Plenartagung verankert werden.
Gemäß der von der Koalition vorgelegten Änderung der Gemeindeordnung und der Kreisordnung sollen die Kommunen entsprechende Regelungen in ihren Hauptsatzungen verankern können. Zum Jahresbeginn 2027 soll die Möglichkeit einer Sitzungsteilnahme aus der Ferne dann zur Pflicht werden, wenn ein Mitglied dies wünscht. An diesem Passus störte sich der Kieler Jura-Professor und Landesverfassungsrichter Christoph Brüning, der seine Stellungnahme im Namen des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften abgab. Er sah einen Eingriff in die Eigenständigkeit der Gemeinden und Kreise. Der Gesetzgeber könne dies regeln, brauche dafür aber einen guten Grund. Ob der Zweck erreicht werde, die Attraktivität des Ehrenamts zu steigern, „das wir wissen nicht“, so Brüning. Er empfahl, die Neuerung „nicht übers Knie zu brechen“.
Der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz verwies auf das Prinzip der Konnexität in der Landesverfassung. Demnach muss das Land die Rechnung übernehmen, wenn es den Kommunen neue Aufgaben zuteilt. Eine Video-Ausrüstung könne mit einem sechs- bis siebenstellige Betrag zu Buche schlagen, mahnte er. Diesen Punkt unterstrich Marc Ziertmann vom Städteverband: Die Kommunen müssten „vor finanzieller Überforderung geschützt werden“. Kai Dolgner (SPD) empfahl eine Evaluation der Erfahrungen mit den Videositzungen, bevor diese verpflichtend werden. Demgegenüber nannte Bina Braun (Grüne) die Pflicht ab 2027 ein „probates Mittel“, damit Frauen „die Hälfte der Macht“ erreichen. Ziel sei es, den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen, der zurzeit bei „traurigen 28 Prozent“ liege hatte sie bereits in der Ersten Lesung Ende Oktober gesagt.
Sven Polenz vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz hielt einen besonderen Schutz von Kindern und Jugendliche für nötig, wenn sie als Mitglieder von Kinder- und Jugendbeiräten an der Video-Sitzung teilnehmen. Er empfahl, die Einwilligung der Eltern einzuholen, wenn die Kinder noch keine 16 Jahre alt sind. Zudem regte er eine eigene Rechtsgrundlage für eventuelle Ton- und Bildübertragungen der Sitzungen und für Fotoaufnahmen in den Medien an. Dies hielt der FDP-Abgeordnete Buchholz für überflüssig. Wer an einer öffentlichen Sitzung teilnehme, habe damit bereits seine „konkludente Einwilligung“ gegeben. Wer ein Fußballspiel im Stadion besuche, müsse schließlich auch damit rechnen, gefilmt zu werden.
Seit der Corona-Pandemie haben Gemeinderäte die Möglichkeit, in einer Notlage komplette Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Dies soll aber ein Instrument für außergewöhnliche Notlagen bleiben, denn es handele sich um „eine absolute Ausnahmevorschrift“, wie es im Gesetzentwurf heißt.
Mehr Infos:
Erste Lesung des Gesetzentwurfs / Oktober 2024
Der Innen- und Rechtsausschuss