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Wo steht das Land, wohin soll die Reise gehen? Nach zweieinhalb Jahren Schwarz-Grün zieht Ministerpräsident Günther in einer Regierungserklärung eine positive Bilanz. Die Opposition sieht das anders.
Rückblick und Ausblick: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat zur Halbzeit der Wahlperiode eine positive Bilanz der ersten zweieinhalb Jahre seiner schwarz-grünen Regierung gezogen. „Trotz knapper finanzieller Mittel haben wir bedeutsame Fortschritte erzielt“, betonte Günther in einer Regierungserklärung unter dem Motto „Ideen – Chancen – Schleswig-Holstein“. Schwerpunkte seien die Bereiche Sicherheit und Energiepolitik gewesen. Die Opposition attestierte dem Bündnis hingegen Stillstand. CDU und Grüne hätten keine Antwort auf die drohende Haushaltkrise, und die Themen Bildung, Soziales und Infrastruktur seien offene Baustellen. Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) hielt Günther vor: „Sie präsentieren eine Bilanz der verpassten Chancen“
Der Ministerpräsident verwies auf schwierige Rahmenbedingungen: den Krieg gegen die Ukraine, die daraus resultierende Energiekrise, die massenhafte Migration nach Schleswig-Holstein, die Sturmflut vom vergangenen Oktober und die Folgen der Corona-Pandemie. In dieser Lage habe sein Kabinett „langfristig bedeutsame Entscheidungen“ getroffen. Die Polizei sei mit einer zweiten Einsatzhundertschaft und einer Cyberabteilung gestärkt worden. Bei der Energieversorgung könne „kein anderes Bundesland eine vergleichbare Bilanz vorweisen“, so Günther. Mit einem „Ausbau der Windenergie auf Rekordniveau“ sei es gelungen, 200 Prozent des Strombedarfs durch erneuerbare Energieträger abzudecken. Zudem unterstütze das Land die kommunale Wärmeplanung mit Bürgschaften im Milliardenbereich. Der Ministerpräsident bekräftigte das Ziel, Schleswig-Holstein zum „ersten klimaneutralen Industrieland in Deutschland“ zu machen.
Günther verteidigte den Entschluss, den Bau einer Batteriefabrik für E-Autos in Dithmarschen mit Landesmitteln im dreistelligen Millionenbereich zu fördern. Weil der schwedische Northvolt-Konzern ins Schlingern geraten ist, wird die Neuverschuldung für das kommende Jahr voraussichtlich um rund 600 auf gut 900 Millionen Euro steigen. Die Entscheidung, das Werk zu fördern, habe das Land gemeinsam mit dem Bund getroffen, so Günther: „Entscheidungen, die auf die Zukunft ausgerichtet sind, bergen Risiken, aber wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.“ Schleswig-Holstein habe einen Standortvorteil bei der Energiewende, und er hoffe auf noch mehr Unternehmensansiedlungen.
„Die Günther-Regierung ist eine Zukunftsbremse für unser Land“, erwiderte SPD-Fraktionschefin Midyatli. In der aktuellen „tiefen Haushaltskrise“ fehle es der Koalition an der „notwendigen Weitsicht“. Der angekündigte Sparkurs bedeute „noch schlechtere Straßen, noch marodere Schulen, weniger sozialer Zusammenhalt“. Statt auf „Kaputtsparen“ zu setzen, forderte sie von der Regierung Investitionen in den Bereichen Wohnungsbau, Kinderbetreuung, Gesundheit und Pflege. Bis 2035 drohe ein Fachkräftemangel mit 300.000 unbesetzten Stellen – da reiche das angekündigte Welcome-Center mit 15 Mitarbeitern nicht aus, so Midyatli: „Es ist Zeit aufzuwachen, Zeit zum Handeln, zum Anpacken. Die Krise ist auch in Schleswig-Holstein angekommen.“
Viele der vermeintlichen schwarz-grünen Erfolge gingen zudem auf Aktivitäten aus Berlin zurück, betonte Midyatli. So sei die Initiativen für Energiesicherheit und die Energiepreisbremse „vom Bund und Olaf Scholz organisiert“ worden. Die Wehrtechnik im Lande habe vom Sondervermögen des Bundes für die Bundeswehr profitiert. Midyatli warf der Landesregierung vor, sich im Bundesrat 250 Mal der Stimme enthalten zu haben: „Haben Sie keine Meinung? Haben Sie keine Haltung? Oder können Sie sich nicht einigen?“ Darunter leide der Einfluss Schleswig-Holsteins.
CDU-Fraktionschef Tobias Koch stellte sich hinter den Ministerpräsidenten und hob in seiner Rede die Erfolge der schwarz-grünen Landesregierung hervor. „Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Spitzenplätze beim Windkraftausbau in Deutschland belegt“, sagte er und hob weiter die Digitalisierung der Schulen und der Breitbandversorgung hervor: Auch hier sei man führend. Zudem entstünden „jedes Jahr drei Mal so viele geförderte Wohnungen wie noch in der letzten Wahlperiode“, so Koch. Das alles zeige, dass das Land gut aufgestellt und handlungsstark sei.
Für die zweite Hälfte der Legislaturperiode nannte Koch Aufgaben wie den „Masterplan Berufliche Bildung“, die Umsetzung der Krankenhausstrukturreform, das Musikschulfördergesetz und neue Regionalpläne für den Klimaschutz. Er kritisierte die Forderungen von Oppositionsführerin Midyatli nach einer Reform der Schuldenbremse und der Einführung einer Vermögenssteuer: Diese Rezepte seien ein Irrweg, völlig ungeeignet und außerdem Bundesangelegenheiten, konstatierte der Fraktionsvorsitzende der Union.
Kochs Koalitionskollege Lasse Petersdotter betonte vor allem die Fortschritte im Umwelt- und Sozialbereich. Der Aktionsplan Ostseeschutz sei „die größte Ostseeschutzmaßnahme Schleswig-Holsteins aller Zeiten“, und im sozialen Wohnungsbau habe man mit jährlich über 2000 geförderten Einheiten bundesweit Maßstäbe gesetzt, sagte der Fraktionschef der Grünen. Zudem habe Schleswig-Holstein mit dem Ziel, bis 2040 klimaneutrales Industrieland zu werden, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernommen.
Mit Blick auf die zweite Hälfte der Legislaturperiode stellte Petersdotter unter anderem den Schutz vor häuslicher Gewalt in den Mittelpunkt: „Wir haben einen eindeutigen Fokus darauf, die Gewalt gegen Frauen und Kinder in der Gesellschaft wirksam zu bekämpfen.“ Weitere Schwerpunkte seien der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Stärkung der Arbeitsmarktintegration Geflüchteter sowie die Förderung von Biohöfen und der Kulturwirtschaft. Abschließend unterstrich er: „Wer viel schafft, kann sich auch noch viel vornehmen.“
Koch und Petersdotter verteidigten unisono die Förderung der Northvolt-Batteriefabrik als zukunftsweisende Investition, die Risiken berge, aber entscheidend für den Ausbau Schleswig-Holsteins zum klimaneutralen Industrieland sei.
Schleswig-Holstein habe Besseres verdient „als eine Landesregierung, die in bemerkenswerter Selbstzufriedenheit viele Probleme einfach schönredet, anstatt sie anzupacken und zu lösen“, kritisierte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Es fehlten die notwendigen Impulse und der Gestaltungsanspruch. Vogt ließ kein gutes Haar am Haushalt. Mit der notwendigen Konsolidierung sei viel zu spät angefangen worden, „weil die frühere Finanzministerin immer wieder meinte, dass man sich aus einer Krise nicht heraussparen dürfe“. Dabei habe sie übersehen, dass es sich nicht um eine vorübergehende Krise, sondern um strukturelle Probleme handele, „denen man nicht dauerhaft mit immer neuen Schulden begegnen kann“.
Es brauche mehr Freiräume für die Unternehmen zum Wirtschaften, sagte Vogt. Der Staat solle sich mit seinen Kernaufgaben beschäftigen, anstatt sich in immer mehr Bereiche einmischen. „Es braucht deutlich mehr Anreize, damit die Unternehmen wieder hier bei uns investieren, zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen und eben auch entsprechend Steuern zahlen.“ Im Bildungsbereich gebe es mehrere Großbaustellen. „Ob nun Ganztagsausbau, Inklusion, Integration, Lehrkräftegewinnung oder Schulsozialarbeit: Die großen Herausforderungen werden von der Bildungsministerin nicht im erforderlichen Maße angepackt.“
SSW-Fraktionschef Lars Harms, der Anfang Januar sein Landtagsmandat niederlegen will, forderte wie die SPD Initiativen der Landesregierung im Bundesrat, um sowohl die Schuldenbremse zu reformieren als auch eine Vermögenssteuer einzuführen. So könne das Land Geld für notwendige Investitionen etwa in Bildungsgerechtigkeit sowie kulturelle, sportliche und soziale Infrastruktur generieren. Zudem müsse man die Wirtschaft von bürokratischen Hemmnissen entfesseln, „um mehr Wirtschaftskraft auszulösen und damit mehr Steuereinnahmen zu generieren“, so Harms.
In der Bildungspolitik sei es problematisch, Lehrerstellen an Beruflichen Schulen abzubauen. Dadurch, dass berufliche Bildung ohnehin in der nächsten Zeit zentralisiert werde, werde diese für manche unattraktiver. „Wenn dann noch die Lehrer fehlen, bekommen wir noch größere Schwierigkeiten“, sagte Harms. An den allgemeinbildenden Schulen den WiPo-Unterricht einzuschränken, bedeute, dass wichtiges Wissen nicht vermittelt werde. „Das ist für die Wirtschaft und die Berufsausbildung fatal, aber eben auch für unseren Kampf für die Demokratie.“
Das Plenum erwartet zur Halbzeit der fünfjährigen Legislaturperiode eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Die angekündigte Erklärung, betitelt mit „Ideen – Chancen – Schleswig-Holstein“, hatte Günther wenige Tage nach einem formellen Berichtsantrag der Oppositionsfraktionen angekündigt. SPD, FDP und SSW wollen wissen: „Wo steht das Land nach zweieinhalb Jahren? Wohin führt die Regierung das Land in den nächsten zweieinhalb Jahren?“ In Schleswig-Holstein regiert seit Juni 2022 eine schwarz-grüne Koalition. Die CDU kam bei der vergangenen Landtagswahl auf 43,4 Prozent, ihr Koalitionspartner die Grünen auf 18,3.
Insbesondere Sozialdemokraten und Liberale üben schon länger Kritik am Regierungsstil von CDU und Grünen, sprachen zuletzt von „Stillstand an zentralen Stellen“ (Serpil Midyatli, SPD) oder „wenig Durchsetzungskraft“ (Christopher Vogt, FDP). Schwarz-Grün dagegen betont immer wieder ein enges Verhältnis – auch in parteipolitisch kniffligen Fragen wie etwa bei der Migrationspolitik. In seiner ersten Regierungserklärung nach seinem Amtsantritt hatte Günther den Klimaschutz, die Energiekosten und die soziale Gerechtigkeit als die größten Herausforderungen für die schleswig-holsteinische Politik in den kommenden Jahren bezeichnet. Das war im August 2022, wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Stichwort Regierungserklärung
Der Ministerpräsident und die Mitglieder der Landesregierung haben die Möglichkeit, während einer Plenarsitzung des Landtages eine Regierungserklärung, das heißt, eine Stellungnahme zu einem aktuellen politischen Thema, abzugeben. Traditionell stellt ein frisch gewählter Regierungschef zum Beginn einer Wahlperiode sein Regierungsprogramm in einer ausführlichen Regierungserklärung vor. Die anschließende Aussprache des Landtages wird in der Regel durch den Oppositionsführer eröffnet. In der vergangenen 19. Wahlperiode (2017 bis 2022) hat die Landesregierung insgesamt 18 Regierungserklärungen auf die Tagesordnung gehoben, in der 18. Wahlperiode (2012 bis 2022) waren es 17.
(Stand: Dezember 2024)
Vorherige Debatten zum Thema:
August 2022 (Regierungserklärung zu Beginn der Wahlperiode)
Juli 2023 (Regierungsbilanz nach einem Jahr)
Top 1:
Regierungserklärung zum Thema „Ideen – Chancen – Schleswig-Holstein“
Ankündigung Landesregierung – Drucksache 20/2761
Top 28:
Halbzeit für die Günther-Regierung: Wo steht das Land nach zweieinhalb Jahren? Wohin führt die Regierung das Land in den nächsten zweieinhalb Jahren?
Antrag der Fraktionen von SPD, FDP und SSW – Drucksache 20/2761