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Anlässlich des 20. Jahrestages der Ehrenbürgerwürde in Schleswig-Holstein und des zehnten Todestages von Siegfried Lenz widmet sich der Landtag im Rahmen der Reihe „Politische Literatur im Landtag“ mit einer szenischen Lesung und einem Podiumsgespräch dem literarischen Erbe des Schriftstellers.
Vor rund 180 Gästen im Schleswig-Holstein-Saal skizzierte Landtagspräsidentin Kristina Herbst die enge Verbindung von Siegfried Lenz zum Land. „Als Dreizehnjähriger verbrachte Lenz neun Monate in einer Internatsschule in Kappeln an der Schlei; der Zweite Weltkrieg endete für ihn in einem Kriegsgefangenenlager bei Witzwort in Nordfriesland. Nach Kriegsende lebte Lenz einige Jahre in Bargteheide im Kreis Stormarn und erwarb mit seiner Frau Liselotte Mitte der 80er Jahre schließlich ein Ferienhaus in Tetenhusen im Kreis Schleswig-Flensburg“, erinnerte Herbst in ihrem Grußwort. Das Land und seine Menschen hätten so tiefe Spuren im literarischen Wirken von Siegfried Lenz hinterlassen. „Seine Darstellungen haben das Schleswig-Holstein-Bild seiner Lese-Gemeinde nachhaltig geprägt; und wir dürfen feststellen: zum Vorteil unseres Landes“, unterstrich die Landtagspräsidentin.
Gesine Cukrowski war bereits in zahlreichen Theaterinszenierungen sowie in mehr als 60 Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Populär wurde sie in der Rolle der Gerichtsmedizinerin Judith Sommer in der Kriminalserie ‚Der letzte Zeuge‘. David Kross stand im Alter von 12 Jahren erstmals vor der Kamera. Als 18-Jähriger spielte er neben Kate Winslet die Titelrolle in der Verfilmung des Weltbestsellers ‚Der Vorleser‘ und ist seitdem immer wieder in deutschen und auch internationalen Produktionen zu sehen. Mit Wurzeln in Schleswig-Holstein beziehungsweise in Polen bringen beide auch einen ganz persönlichen Bezug zu der heutigen Lesung mit.
In dem auf die Lesung folgenden Podiumsgespräch, das von der NDR-Journalistin Harriet Heise moderiert wurde, tauschten sich Prof. Dr. Utz Schliesky, Staatsrechtler und Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Detering, Literaturwissenschaftler und Mitherausgeber der Hamburger Ausgabe der Werke von Siegfried Lenz, Günter Berg, Vorsitzender der Siegfried-Lenz-Stiftung, sowie der Historiker und Direktor der Akademie Sankelmark, Dr. Christian Pletzing, über die literarischen, historischen und politischen Dimensionen des Romans „Heimatmuseum“ aus.
Utz Schliesky hob die Aktualität des Heimatbegriffs von Siegfried Lenz hervor. Die Gefahr des Missbrauchs von Heimat gab und gibt es zu allen Zeiten, aber man benötige Heimat für die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit und der eigenen Identität. „Wir werden es in einer globalen, digitalen und dadurch entgrenzten Welt nur aushalten, wenn ein Heimatgefühl im Sinne einer inneren Einstellung zu einer bestimmten Region, zu einem bestimmten Ort oder eben sogar zu einem bestimmten Haus mit eigenen Gebräuchen und Charakteristika möglich und anerkannt ist“, so Schliesky.
Heinrich Detering wies darauf hin, dass der Roman ‚Heimatmuseum‘ das Zentrum eines umfangreichen Komplexes im Werk von Siegfried Lenz sei, der sich mit den Beziehungen der Deutschen zu ihren Nachbarn beschäftige, mit deutscher Schuld und mit Möglichkeiten des Verständnisses und der Versöhnung. „Heimatmuseum ist nicht nur ein deutscher, sondern ein europäischer Roman im emphatischen Sinne. Seine Bedeutung ist darum keineswegs nur historisch“, so der Literaturwissenschaftler.
Christian Pletzing erläuterte, dass Siegfried Lenz in dem Roman „Heimatmuseum“ die Geschichte seiner Heimat Masuren, eines Grenzlandes zwischen Deutschland und Polen zeige. „Von beiden Ländern beansprucht, konnte selbst das im Roman beschriebene Heimatmuseum nicht unpolitisch bleiben. Lenz wendet sich gegen die politische Vereinnahmung der masurischen Kultur und Geschichte. Das Erbe Masurens entzieht sich exklusiven Besitzansprüchen und kann so zur Grundlage neuer deutsch-polnischer Nachbarschaft werden“, so der Direktor der Akademie Sankelmark.
Günter Berg unterstrich, dass Siegfried Lenz von Anfang an ein politischer Schriftsteller gewesen sei. „Seine großen Romane handeln von Pflichtbewusstsein und moralischer Verantwortung während des Nationalsozialismus (‚Deutschstunde‘) oder setzen ein Zeichen für die Überwindung von Nationalismus und die Akzeptanz einer gemeinsamen, europäischen Identität (‚Heimatmuseum‘). Sein Plädoyer für Menschlichkeit, Verantwortung und die kraftvolle Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte machen sein Werk unsterblich“, so der Vorsitzende der Siegfried-Lenz-Stiftung.
Hintergrund
Siegfried Lenz (1926–2014) zählt zu den bedeutendsten und meistgelesenen Schriftstellern der deutschen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Für sein vielfältiges Werk wurde er mit zahlreichen wichtigen Preisen ausgezeichnet. Im Jahr 2004 wurde Siegfried Lenz zum Ehrenbürger Schleswig-Holsteins ernannt.
Heimatgeschichte als Weltgeschichte: In Siegfried Lenz’ Roman „Heimatmuseum“ wird die dramatische und episodenreiche Geschichte eines Heimatmuseums in Masuren zum Kristallisationspunkt der großen politischen Entwicklungen von der Jahrhundertwende bis in die Nachkriegszeit.