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Trotz aller Kritik will Schwarz-Grün Gerichte zusammenlegen. Dies unterstreicht Justizministerin Kerstin von Decken in einer gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechts- und des Petitionsausschusses.
Seit die Landesregierung im September überraschend ihre Pläne für eine Gerichtsstrukturreform bekannt gegeben hat, hagelt es viel Kritik aus Justizkreisen und von Seiten der Opposition im Landtag. Heute thematisierten der Innen- und Rechtsausschuss und der Petitionsausschuss in einer gemeinsamen Sitzung die von CDU-Justizministerin Kerstin von der Decken geplante Zentralisierung der Arbeits- und Sozialgerichte in Schleswig-Holstein. Seitens des Innenausschusses hatte der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz um einen Regierungsbericht gebeten, und der Petitionsausschuss beteiligte sich mit einer Anhörung an der Sitzung, nachdem binnen 14 Tagen über 4.200 Menschen eine Online-Petition „Zugang zum Recht erhalten - Arbeits- und Sozialgerichte sichern“ unterschrieben hatten.
In der Sitzung prallten die bereits in den vergangenen Wochen über Medien, im Plenum oder auf Demonstrationen ausgetauschten Argumente erneut aufeinander. Justizministerin von der Decken verwies im Ausschuss erneut auf Sparvorgaben bei der Aufstellung des Landeshaushalts und wies die Befürchtung der Kritiker von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Richtervereinigungen zurück. Die beklagen unisono massive Einschnitte bei den Mitarbeitenden und einen erschwerten Zugang des Bürgers zu Rechtsverfahren. Zugleich bezweifeln sie, dass die Reform zu Einsparungen führe. Ein weiterer Kernpunkt der massiven Kritik ist der Vorwurf, die Regierung habe die Reform ohne Einbindung der Betroffenen angeschoben und vollendete Tatsachen geschaffen.
„Jede Reform ist mit Einschnitten verbunden“ und Haushaltsentscheidungen würden vorab nicht öffentlich kommuniziert, konterte von der Decken. Sie zeigte sich optimistisch, die Reform trage dazu bei, „dass die Justiz trotz Einsparmaßnahmen noch besser aufgestellt wird“ und versprach, den Gesetzentwurf für die Reform nun in einem „engen, ergebnisoffenen Dialog“ mit allen Beteiligten vorzubereiten. Das Anhörungsverfahren werde noch in diesem Jahr beginnen. Die Reform soll bereits 2027 greifen, bei den Amtsgerichten frühestens in den 2030er Jahren. Dies sei „ambitioniert und machbar“, so die Ministerin.
Den Plänen zufolge sollen die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster an einem Fachzentrum – voraussichtlich in Neumünster – konzentriert werden. Möglichst viele Mitarbeitende sollen dahin wechseln. Für die anderen will das Land Lösungen suchen. Nach Vorbild der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll es je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz und jeweils eine zweite Instanz geben, mit gemeinsamer Verwaltung an einem Standort.
Noch offen ist nach Angaben der Ministerin, wie es mit den 22 Amtsgerichten weitergeht. Ihre Zahl könnte sich auf je eines in den 15 Kreisen und kreisfreien Städten reduzieren. Mitte Oktober hatte von der Decken die Einsparsumme alleine im Bereich der Arbeits- und Sozialgerichte auf schätzungsweise 63 Millionen Euro bis 2040 beziffert. Stolz merkte sie an, dass es keine Entlassungen gebe.
Petent Frank Hornschu, Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes Region Kiel, begründete seine Eingabe beim Petitionsausschuss mit Blick auf die Zentralisierung: „Unsere Gerichte müssen, weil der Rechtsschutz Verfassungsrang hat, für alle Menschen im Land gut erreichbar sein.“ Das Land habe Verträge gebrochen und den Beschluss ohne Dialog mit den Betroffenen getroffen. Auch der Einsatz digitaler Technik etwa mit Videoverhandlungen werde den persönlichen Anliegen vieler Rechtssuchenden nicht gerecht. Zudem sei der Aufwand für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gerechtfertigt, sagte Hornschu und prophezeite, die Motivation werde sinken. „Nehmen Sie den Kabinettsbeschluss zurück“, forderte der Petent.
Aus dem Kreis der Abgeordneten von der Opposition wurde die Kritik unterstützt. Lars Harms (SSW) sprach „von keiner guten Politik“, FDP-Mann Buchholz wies daraufhin, dass selbst die „Spitzen der Justiz“ im Lande die Regierungspläne verworfen hätten und die SPD-Abgeordneten Marc Timmer und Niclas Dürbrook machten „eine Vielzahl von Fehlern“ bei der Reformaufstellung beziehungsweise die Präsentation eines „großen Pappkameraden“ aus.
Mehr Info:
Landtagsdebatte September 2024 (Newsticker, 27.09./14:15)
Der Innen- und Rechtsausschuss
Der Petitionsausschuss