Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Springe direkt zu:
Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Mit Geld, mehr Flexibilität und weniger Bürokratie will Schwarz-Grün die Lücke in der Kita-Finanzierung schließen. Die Opposition auch in der Zweiten Lesung um die Qualität der zu Beginn 2025 greifenden Reform.
Begleitet von harscher Oppositionskritik und einer Demonstration von Kita-Beschäftigten vor dem Landeshaus haben CDU und Grüne ihre Reform des Kindertagesförderungsgesetzes verabschiedet. Ziel ist es, die aktuelle Finanzierungslücke von jährlich 110 Millionen Euro zu schließen – unter anderem durch neue Personalschlüssel und Bürokratieabbau. Die Neuerungen treten zum 1. Januar 2025 in Kraft. Die Reform schaffe Verlässlichkeit für Kommunen, Eltern und Träger, hieß es bei der Koalition. SPD, FDP und SSW sprachen hingegen von „Mangelverwaltung“ und befürchteten Einschnitte bei der Betreuungsqualität.
Man habe „die Zukunft unseres Kita-Systems auf neue Beine gestellt“, betonte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne). Das neue Gesetz stärke die Kitas, vor allem die Fachkräfte, gebe den Eltern mehr Verlässlichkeit und entlaste die Kommunen. Das Land investiere „so viel wie noch nie in Schleswig-Holstein“ in diesen Bereich. Im kommenden Jahr seien es 757 Millionen Euro, 60 Millionen mehr als 2024. Touré warf der Opposition vor, keine eigenen Vorschläge zu machen: „Wir konnten diese Anregungen nicht berücksichtigen, denn es gab keine.“
SPD-Oppositionsführerin Serpil Midyatli monierte hingegen, dass laut einer Studie 15.600 Kita-Plätze im Lande fehlten. Diese Lücke zu ignorieren, sei „eine große soziale Ungerechtigkeit“. Die „Günther-Regierung“ wolle den Mangel lediglich verwalten, aber sie wolle nicht gestalten, so Midyatli. Allein bis 2030 fehlten im Lande 2.400 Fachkräfte. Wenn die Rahmenbedingungen weiter so schlecht blieben. „werden wir diese Fachkräfte nicht gewinnen“. Midyatli forderte: „Der Ministerpräsident sollte das Gesetz zurückziehen und den Prozess auf null setzen.“
Die Kernpunkte: Land und Kommunen geben jeweils 20 Millionen Euro dazu, um die 110-Millionen-Lücke zu füllen. Der Rest soll mit einem neuen Anstellungsschlüssel, einen geringeren Dokumentationsaufwand und durch Justierungen bei den Standards erwirtschaftet werden. So könnte früh morgens oder nachmittags, wenn weniger Kinder betreut werden, weniger Personal zum Einsatz kommen - und in den Hauptbetreuungszeiten entsprechend mehr. Kleine Kitas, die nur eine Gruppe haben, sollen zusätzliche Unterstützung erhalten. Die Elternbeiträge sollen nicht steigen. Kitas, die den Personalschlüssel von 2,0 pro Kitagruppe statistisch unterschreiten, erhalten bislang das volle Geld. Das ändert sich nun. Der sogenannte Personalschlüssel wird flexibel. 1,5 ist das Minimum, mehr als 2,0 bezahlt das Land nicht. 2,0 bedeutet, dass zwei Fachkräfte für 20 Kinder zuständig sind.
„Mit dem jetzigen Gesetzentwurf gelingt die Quadratur des Kreises“, unterstrich CDU-Fraktionschef Tobias Koch: „Die Finanzierungslücke wird geschlossen, und die Wohnortgemeinden werden finanziell entlastet.“ Dem Vorwurf, Schwarz-Grün betreibe Qualitätsabbau, trat Koch „entschieden“ entgegen. Aktuell müsse eine Kita geschlossen bleiben, wenn aufgrund von Personalmangel vorrübergehend ein zu geringer Fachkraft-Kind-Schlüssel erfüllt werden kann. „Genau das ist es aber, was wir verhindern wollen“, so Koch: „Eine geschlossene Kita ist die schlechteste Qualität der Kinderbetreuung, und sie ist eine Zumutung für alle berufstätigen Eltern.“
Auch Catharina Nies (Grüne) hob hervor, dass es künftig „weniger Vorgaben und mehr Flexibilität“ geben werde, um vor Ort reagieren und Schließungen vermeiden zu können. Zudem würden Dokumentationspflichten und Anwesenheitszeiten „ohne Kinder“ reduziert und damit die Mitarbeiter entlastet: „Wir haben den Druck rausgenommen.“ Bislang sei das Land von einer „Fachkraftauslastungsquote“ von 100 Prozent ausgegangen – die aber oft nicht erreicht worden sei. Entsprechend seien die Kreise bisher „überfinanziert“ gewesen. Ein Teil dieses Geldes werde nun zugunsten der Kitas umgeschichtet: „Wir geben den Kitas die Hoheit zurück, ihr Personal eigenständig einzustellen. Stichwort: Vertrauen.“
Der FDP-Abgeordnete Heiner Garg befürchtete eine „Rückabwicklung“ der Standards, die mit der Kita-Reform 2020 festgelegt wurden – damals war Garg selbst zuständiger Minister. Er sah die Qualität der frühkindlichen Bildung insgesamt gefährdet und forderte, den Reformprozess auf drei bis fünf Jahre zu strecken und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal zu schaffen. Die Sicherung der Qualität der frühkindlichen Bildung sei entscheidend, so Garg: Kitas seien keine „Kinder-Aufbewahrung“, sondern müssten Startchancen bieten. Ein entsprechender Entschließungsantrag der FDP fand keine Mehrheit.
Christian Dirschauer (SSW) verwies darauf, dass es einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gebe, und unterstrich den staatlichen Bildungsauftrag. Es sei „keine Übertreibung, wenn man die vergangene Anhörung zum Kitagesetz als Klatsche bezeichnet“. Es sei deutlich geworden, „dass nicht nur die kommunale Familie, sondern auch die Träger bis heute Transparenz und finanzielle Planungssicherheit vermissen“. Nahezu alle Anzuhörenden hätten davor gewarnt, „dass in der Tendenz keine Verbesserung, sondern die Absenkung von Standards und damit der Bildungsqualität droht“.
Personalmangel, zu wenig Plätze in zu großen Gruppen, eine überbordende Bürokratie und nicht zuletzt eine klaffende Finanzierungslücke von 110 Millionen Euro – die Liste der Herausforderungen für Politik, Träger und Kindertagesstätten des Landes ist lang. Abhilfe schaffen soll die seit langem angekündigte Kita-Reform, die Schwarz-Grün jetzt in Zweiter Lesung in trockene Tücher bringen will. Insbesondere flexiblere Regeln, eine Anpassung der Standards und zusätzliches Geld sollen die Situation verbessern. In Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar des kommenden Jahres.
Die Opposition machte bereits in der Grundsatzberatung zahlreiche Schwachstellen geltend, wie etwa eine unzureichende Planung und Aufstockung des Fachkräftepersonals. Und auch nach den Ausschussberatungen lehnen SPD, FDP und SSW die mit einigen Änderungen versehene Ausschussempfehlung zur Annahme des Gesetzes ab. Letzte Änderungen betreffen etwa die Gruppenerweiterung für die Aufnahme von geflüchteten Kindern oder die Aufnahme des Kinderschutzes als Grundprinzip des pädagogischen Handelns.
In der Ersten Lesung im September hatte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) betont, dass die Kitas zukünftig nur noch genau so viel Geld erhalten, „wie sie es faktisch für das Personal, das sie auch wirklich angestellt haben, brauchen“. Nach Ministeriumsangaben erhalten Kitas, die den Personalschlüssel von 2,0 pro Kitagruppe statistisch unterschreiten, derzeit das volle Geld. Das soll sich künftig ändern. Der sogenannte Personalschlüssel wird flexibel. 1,5 sind das Minimum, mehr als 2,0 bezahlt das Land nicht.
Die Finanzierung der Kindertagesstätten war zuvor der größte Knackpunkt – hier hatten sich Land und Kommunen im Sommer geeinigt. Demnach stellen beide Parteien jeweils 20 Millionen Euro zusätzlich bereit. Die restlichen Mittel will Touré neben dem neuen Anstellungsschlüssel durch Bürokratieabbau, den Dokumentationsaufwand für Fachkräfte und Kommunen und durch Justierungen bei den Standards aufbringen. Angaben des Sozialministeriums zufolge stecken im Kita-System künftig 1,8 Milliarden Euro. Einen großen Teil tragen die Kommunen, 2025 gibt das Land 757 Millionen Euro dazu, 60 Millionen mehr als 2024.
Allseits gelobt worden war bisher, dass die Kita-Beiträge für die Eltern nicht steigen werden.
Aktuell hat Sozialministerin Touré ein zweijähriges Monitoring der kommenden Änderungen im Kita-Gesetz angekündigt. „Es gibt ein Monitoring zu den wesentlichen Maßnahmen, weil es viel Kritik gibt: Wird der Anstellungsschlüssel funktionieren? Wie sieht es mit den Fachkräften aus?”, sagte sie einen Tag vor der Landtagssitzung.
(Stand: November 2024)
Erste Lesung:
September 2024
Weitere vorherige Debatten zum Thema:
Oktober 2024 (u. a. Sprachtests)
Juli 2024 (ohne Meldung in plenum-online)
Mai 2024
Top 6:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes
Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses – Drucksache 20/2629(neu)
(Ausschussüberweisung am 26. September 2024)
Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und Grünen – Drucksache 20/2691
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grünen – Drs. 20/2496
Entschließungsantrag der FDP – Drucksache 20/2692