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19. Juli 2024 – Juli-Plenum

Vorstoß für Pyro-Pilotprojekt zündet nicht

Pyrotechnik, die von Fans im Stadion unter klaren Auflagen und Abständen abgefackelt wird: Der Vorschlag der FDP, ein Projekt mit wissenschaftlicher Begleitung zu starten, ruft eine emotionale Debatte hervor. Am Ende gibt es keine Mehrheit.

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Kieler Fans brennen Pyrotechnik vor dem Anpfiff des Zweitligaspiels Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf ab Foto: dpa, Axel Heimken

Bengalos und Böller gehören für viele Ultra-Fans zum Stadionerlebnis dazu – aber ihre Vereine bekommen saftige Geldstrafen aufgebrummt, wenn Feuerwerk den Fußball begleitet. Unter dem Motto „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“ hat die FDP einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, um den seit Jahren schwelenden Konflikt zu entschärfen. Die Liberalen machen sich für ein Pilotprojekt zum kontrollierten Einsatz von Pyrotechnik im Kieler Holstein-Stadion und im Lübecker Stadion an der Lohmühle stark. SPD und SSW stimmten zu, die Koalition lehnte den Vorstoß jedoch ab.

Pyrotechnik sei Ausdruck der „emotionalen Hingabe der Fans für ihren Verein“, sagte Annabell Krämer (FDP). Konkret hatten die Freidemokraten mindestens sechs „Pilotaktionen“ im Lande vorgeschlagen, bei denen Bengalische Feuer und Rauchtöpfe, die nicht unter das Sprengstoffgesetz fallen, abgebrannt werden dürfen – in abgesperrten Bereichen, von einem bekannten Personenkreis und zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt. Dies sollte wissenschaftlich begleitet werden. „Wir wollen die Spirale aus Kriminalisierung der Fans und der Gefährdung der Zuschauer durch das legale und verantwortungsbewusste Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion durchbrechen“, betonte Krämer: „Die Ultras sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.“

CDU: Ultras halten sich nicht an Absprachen

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Annabell Krämer (FDP): „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen – wenn sie sicher und verantwortungsvoll eingesetzt wird“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers
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Kianusch Stender (SPD): „Pyrotechnik ist ein Teil dieser Kultur, ob das einigen hier im Haus passt oder nicht. Pyrotechnik gab es immer und wird es immer geben.“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

„Pyrotechnik ist Teil der Fankultur“, sagte auch Kianusch Stender (SPD): „Pyrotechnik gab es immer und wird es immer geben.“ Oberste Priorität beim Abbrennen müsse immer „die Sicherheit aller Anwesenden“ sein: „Wir wollen, dass ein Stadionbesuch ein Erlebnis für alle ist, also auch für Familien, Kinder und alte Leute.“ Lars Harms (SSW) erinnerte an die verhärteten Fronten zwischen Ultras und Fußball-Funktionären: „Da wir das Problem mit den bisherigen Methoden nicht in den Griff bekommen, sollten wir einen anderen Weg einschlagen.“ Wer den Pilotversuch ablehne, der verschließe sich der Realität und zementiere das bisherige unerlaubte und gefährliche Vorgehen der Fans.

Martin Balasus (CDU) nannte den FDP-Antrag „einen guten Gag, aber mitnichten eine gute Politik“. Es werde nichts verbessern, „Illegales einfach für legal zu erklären“. Die FDP wolle sich „bei den Fans anbiedern“. Die Ultras würden sich nicht an die Absprachen halten, mutmaßte Balasus: „Es wird weiter unerlaubtes und unkontrolliertes Zündeln geben.“ Wenn „Entkriminalisierung“ das Ziel sei, so Jan Kürschner (Grüne), dann könne man auch gleich das Schwarzfahren aus dem Strafgesetzbuch streichen.

Ministerin abwartend

„Pyrotechnik auf den Rängen ist ein Sicherheitsrisiko“, unterstrich Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Selbst die sogenannte „kalte Pyrotechnik“ sei 230 Grad heiß und könne zu schweren Körperverletzungen führen. Die Ministerin verwies auf einen laufenden Testlauf in Norwegen und die anschließende Auswertung in der Innenminister- und der Sportministerkonferenz: „So lange bleibt der Einsatz von Pyrotechnik in Stadien verboten.“

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Martin Balasus (CDU): „Ultras wollen das gerade in ihren Stammfanblöcken machen und nicht unter Auflagen und Regeln in Extra-Zonen“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Die Liberalen machen sich für ein Pilotprojekt zum kontrollierten Einsatz von Pyrotechnik im Kieler Holstein-Stadion und dem Lübecker Stadion an der Lohmühle stark. Dazu sollen gemeinsam mit Fanvertreterinnen und Fanvertretern, Vereinen und „anderen zentralen Akteuren“ abgesprochen mindestens sechs Aktionen gestartet werden, bei denen Bengalische Feuer und Rauchtöpfe, die nicht unter das Sprenggesetz fallen, abgebrannt werden dürfen. Dies solle wissenschaftlich begleitet werden, und die Ergebnisse seien neun Monate später dem Innenausschuss des Landtages vorzulegen.

Pyrotechnik sei wie Choreografien „Ausdruck der emotionalen Hingabe der Fans für ihren Verein“, schreiben die Liberalen in ihrem Antrag und verweisen auf den sogenannten „Chemnitzer Weg“. Dort sehe das Konzept vor, dass im Stadion des Chemnitzer FC in abgesperrten Bereichen und zu festgelegten Zeitpunkten während des Spiels gezündelt werden darf. „Es ist an der Zeit, die Spirale aus Kriminalisierung der Fans und der Gefährdung der Zuschauer durch die Möglichkeit des legalen und verantwortungsbewussten Abbrennens von Pyrotechnik im Stadion zu durchbrechen“, heißt es weiter in dem Antrag der FDP. Und: „Dass Pyrotechnik kein Verbrechen ist, sieht nunmehr auch die Stadt München so, die die von der UEFA geplante Pyroshow bei der Eröffnung der EM 2024 ohne Beanstandungen genehmigt hat.“

Saftige Strafgelder für Vereine

Ein solches Pilotprojekt lässt sich allerdings nicht ohne Zustimmung des Deutschen Fußball-Bundes umsetzen. Bislang ahndet der Verband jeden Einsatz von Pyrotechnik mit Kollektivstrafen. Zündet die Fangruppe eines Clubs im Stadion verbotene Gegenstände, muss der Verein dafür eine Geldstrafe zahlen. Bei vielen Proficlubs kommt dadurch in jeder Saison eine sechsstellige Summe zusammen. Laut den Kieler Nachrichten musste Holstein Kiel in der abgelaufenen Zweitliga-Saison 170.700 Euro an den DFB überweisen, wobei das „Pyro-Feuerwerk“ im letzten Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf, in dem der Erstligaaufstieg klar gemacht werden konnte, noch nicht geahnet wurde.

(Stand: 15. Juli 2024)

Antrag

Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen: Pilotprojekt zur kontrollierten Anwendung im Stadion
Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 20/2325(neu)