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Über-60-Jährige sowie Männer sind laut einem Regierungsbericht überproportional häufig unter Suizidtoten zu finden. Selbstmordgefährdete finden im Land zahlreiche Hilfsangebote – allerdings sind etwa Wartezeiten bei Psychotherapeuten oft lang.
Die Zahl der Suizide ist im Lande seit Jahren rückläufig, aber laut Statistik nimmt sich jeden Tag in Schleswig-Holstein mindestens ein Mensch das Leben. Angesichts dieser Zahlen regt der Landtag fraktionsübergreifend einen Ausbau der psychotherapeutischen Angebote an. Darüber hinaus sei die gesamte Gesellschaft gefordert: Es dürfe kein Tabu mehr sein, über seelische Leiden zu sprechen. Grundlage der Debatte war ein Regierungsbericht, den der SSW angefordert hatte.
Selbsttötungen seine „kein Randphänomen in unserer Gesellschaft“, so Christian Dirschauer (SSW). Im Jahr 2022 habe es 429 statistisch erfasste Suizide in Schleswig-Holstein gegeben – die Zahl der Verkehrstoten habe bei 102 gelegen. Wie bei der „Vision Zero“ im Straßenverkehr forderte er ein politisches Konzept für eine Reduzierung der Suizide auf null. Werner Kalinka (CDU) wies darauf hin, dass die Wartezeit zwischen einem Erstgespräch und dem Beginn einer Psychotherapie im Lande durchschnittlich bei 142 Tagen liege: „Das ist natürlich zu viel.“ Lebensmüde Menschen seien oft einsam, so Kalinka: „Dem Thema Vereinsamung müssen wir uns besonders widmen.“
„Menschen, die allein leben, geschieden sind und keine Kinder haben, haben ein erhöhtes Risiko“, stellte Jasper Balke (Grüne) fest. Auch er prangerte lange Wartezeiten an: „Seit Jahren lassen wir es zu, dass ein halbes Jahr oder länger zwischen einer Erstdiagnose und einer Psychotherapie liegen.“ Es sei höchste Zeit, die psychotherapeutischen Angebote „endlich an den steigenden Bedarf anzupassen“. Birte Pauls (SPD) richtete den Blick auf Kinder und Jugendliche: „Haben wir alle die Augen auf, wenn es um die psychische Gesundheit unserer Kinder geht?“ Sie forderte, das weit verbreitete Mobbing zurückzudrängen. Heiner Garg (FDP) merkte an, dass queere Menschen ein vier Mal so hohes Suizid-Risiko hätten. Das belege eine Schweizer Studie.
„Das Thema geht uns alle etwas an“, stellte Justiz- und Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) fest. Das Land habe die Förderung für offene Hilfsangebote zuletzt um 20 Prozent auf 4,1 Millionen Euro im Jahr erhöht. Laut ihrem Bericht gab es 2021 gegenüber 1998 einen Rückgang bei den Selbsttötungen im Lande um 33 Prozent. Allerdings: Bei diesen Zahlen, die aus der Kriminalstatistik und vom Statistischen Bundesamt stammen, gibt es eine Dunkelziffer, weil nicht jeder Suizid erkannt und erfasst wird. Das Durchschnittsalter der Menschen, die sich in Schleswig-Holstein das Leben nehmen, liegt demnach bei 61,4 Jahren. Zwei Drittel aller vollendeten Suizide werden von Männern begangen. Bei Frauen und Mädchen gibt es jedoch eine auffallende Häufung in der Altersgruppe bis 21 Jahre.
Das Plenum kam überein, den Bericht im Sozialausschuss weiter zu beraten.
Service:
Hilfe für Betroffene gibt es hier: https://www.telefonseelsorge.de/
Telefon: 0800 1110111 oder 0800 1110222
429 Menschen haben sich im Jahr 2022 in Schleswig-Holstein das Leben genommen, 346 haben einen Suizidversuch überlebt. Das geht aus einem Bericht des Justizministeriums hervor, den der Landtag auf Anregung des SSW beantragt hat. Im langjährigen Vergleich sind die Zahlen im Lande rückläufig. So gab es 2021 gegenüber 1998 einen Rückgang bei den Selbsttötungen um 33 Prozent. Allerdings: Bei diesen Zahlen, die aus der Kriminalstatistik und vom Statistischen Bundesamt stammen, gibt es eine Dunkelziffer, weil nicht jeder Suizid erkannt und erfasst wird. Der Norden liegt im Vergleich der Bundesländer im Mittelfeld. Die geringste Selbstmordrate, gemessen an der Einwohnerzahl, hat Nordrhein-Westfalen, die höchsten Werte treten in Sachsen und Thüringen auf.
Das Durchschnittsalter der Menschen, die sich in Schleswig-Holstein das Leben nehmen, liegt laut Bericht bei 61,4 Jahren. „Nach dem aktuellen Stand der Forschung werden etwa drei Viertel aller vollendeten Suizide von Männern begangen“, heißt es in dem Papier. Bei Frauen und Mädchen gibt es jedoch eine auffallende Häufung in der Altersgruppe bis 21 Jahre. Grundsätzlich hätten mehr Frauen als Männer Suizidgedanken, aber bei Männern komme Suizid häufiger als Todesursache vor.
Als Risikofaktoren für Suizidalität gelten „fehlendes Zugehörigkeitsgefühl bzw. eine mangelhafte Integration in Familien-, Berufs- oder Gesellschaftsstrukturen sowie das Gefühl, für andere eine Last zu sein“. Auch Depression, Suizidversuche in der Familiengeschichte, Drogenkonsum, finanzielle Sorgen und chronische Schmerzen spielen eine Rolle. Menschen, die allein leben, die verwitwet oder geschieden sind und die keine Kinder haben, weisen ein erhöhtes Risiko auf.
Betroffene finden im Lande laut dem Bericht zahlreiche Hilfsangebote. So gibt es 1.191 niedergelassene Psychotherapeuten, 24 vollstationäre Einrichtungen und rund 1.300 Behandlungsplätze in Tageskliniken. Zwar hat sich die Zahl der Psychotherapeuten im Lande in den vergangenen Jahren erhöht, aber die Wartezeit zwischen Erstgespräch und Therapiebeginn liegt dennoch im Schnitt bei 142 Tagen. Daneben gibt es die sozialpsychiatrischen Dienste der Kreise und kreisfreien Städte, Selbsthilfegruppen und Präventionsveranstaltungen an Schulen.
Und: „Ein weiterer wichtiger Weg zur Prävention von Suiziden und Suizidversuchen ist die Beschränkung von Zugangsmöglichkeiten zu typischen Suizidmethoden und verwendeten Mitteln. Hier sind z. B. die Zugangsbeschränkungen zu Schusswaffen, bauliche Maßnahmen an Bauwerken sowie die Verkleinerung von Packungsgrößen einzelner Risikomedikamente zu nennen.“
(Stand: 22. Januar 2024)