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Die Schülerzahlen steigen, zugleich gehen immer mehr Lehrkräfte aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand. Der Fachkräftemangel schlägt mittlerweile auch an den Schulen in Schleswig-Holstein voll durch. Vor diesem Hintergrund will die Landesregierung in diesem Jahr in drei Teilen ‒ im Februar, Juni und im Herbst – einen Handlungsplan zur Lehrkräftegewinnung mit unterschiedlichen Bausteinen ausarbeiten. CDU und Grüne hatten einen entsprechenden Antrag gestellt, der auch die Unterstützung bei der FDP fand.
Im Oktober 2022 waren laut Bildungsministerin Karin Prien (CDU) 70 Lehrerstellen im Land unbesetzt, allerdings nicht an allen Schulen, sondern „in konkreten Bereichen“, wie Prien betonte, ohne diese in der mehr als einstündigen Debatte zu nennen. Sie warb dafür, Studienabläufe zum Lehramt intensiver zu fördern. Zugleich unterstrich sie, umgesetzte Maßnahmen wie zum Beispiel eine Erhöhung der Besoldung für Grundschullehrkräfte, eine bessere Informatikausbildung oder mehr Plätze im Vorbereitungsdienst zeigten bereits Wirkung. Im Bundesgebiet stehe Schleswig-Holstein gut da.
Martin Habersaat (SPD) konstatierte hingegen, die Ministerin nenne falsche Zahlen. In Schleswig-Holstein fehlten „tausende Lehrer“. „Wie wollen Sie zu großen Lösungen kommen, wenn Sie die Größe des Problems verleugnen?“, fragte Habersaat in Richtung Regierungskoalition. Dieser hielt er vor, nur „die Scherben wegzufegen, die Sie selbst angerichtet haben“
Man brauche eine „langfristige und vielschichtige Strategie gemeinsam mit allen anderen Bundesländern“ und keine Einzelmaßnahmen, forderte Martin Balasus (CDU). Stattdessen müssten Maßnahmen gefunden werden um die Studien-Abbrecherquote zu senken. Dafür sei unter anderem mehr Praxisbezug, eine bessere Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie eine intensivere Beratung für Studienfächer nötig. Ähnlich äußerte sich auch Malte Krüger (Grüne). Er verlangte zudem, mehr in die mentale Gesundheit der Lehrkräfte zu investieren und sie von mehr Organisation und Verwaltungsaufgaben zu entlasten.
Mitberaten wurde ein Antrag der FDP. Die Liberalen forderten ein Konzept, um Lehrerinnen und Lehrer stärker nach Leistung zu bezahlen. Fraktionschef Christopher Vogt erklärte, in vielen anderen Berufen sei es schon normal, dass „außergewöhnliche Leistungen auch besonders honoriert werden“. Wie die CDU lehnte auch Jette Waldinger-Thiering (SSW) das ab und warnte davor, „zwei verschiedene Kategorien von Kindern und Lernständen“ zu schaffen. Lehrer bräuchten vielmehr eine Entlastung für das, was sie abseits vom Unterricht machten. Und: Das Ministerium brauche „endlich Mal Zeit zum Arbeiten“, so die SSW-Bildungsexpertin. Jeden Monat eine neue Debatte zum Thema helfe nicht.
Der Antrag der Liberalen wurde gemeinsam mit einem Alternativantrag von CDU und Grünen zur weiteren Beratung an den Bildungsausschuss überwiesen. Die Regierungskoalition bittet die Landesregierung zu prüfen, welche Maßnahmen zur Entlastung von Lehrkräften und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Schule möglich und sinnvoll sind. Dabei soll auch der Ausbau von Fortbildungsmöglichkeiten und das Fördern einer systematischen Personalentwicklung an Schulen berücksichtigt werden.
Die Schülerzahlen steigen stärker als erwartet und immer mehr Lehrkräfte aus den geburtenstarken Jahrgängen gehen in den Ruhestand. Vor diesem Hintergrund bekräftigen die Koalitionsfraktionen die zu Jahresbeginn vom Landtag verabschiedete „Allianz für Lehrkräftebildung“ und sprechen sich darauf aufbauend für einen Handlungsplan zur Lehrkräftegewinnung aus. So soll eine langfristige, tragfähige Personalversorgung sichergestellt werden kann. Die Landesregierung wird in einem entsprechenden Antrag aufgefordert, bis spätestens zum Sommer 2023 ein Strategie-Plan vorlegen.
CDU und Grüne regen unter anderem an, Wert auf „Maßnahmen zur Erhöhung des Studienerfolges in der ersten Phase der Lehrkräftebildung“ zu legen. Auch Vorschläge zur Erleichterung des Lehramtswechsels könnten hilfreich sein sowie „die Entwicklung und Ausweitung von Qualifizierungsmaßnahmen für die derzeit in den Schulen eingesetzten nicht als Lehrkräfte ausgebildeten Personengruppen“.
Zu Beginn des Schuljahres hatte das Bildungsministerium gemeldet, dass an den allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein 211 Lehrerstellen offen waren. Insgesamt gab es im August 19.564 Vollzeitstellen für Lehrkräfte an den 759 allgemeinbildenden Schulen. Auf 1903 von ihnen wurden für das neue Schuljahr 2882 neue Lehrkräfte befristet oder unbefristet eingestellt.
Die FDP in Schleswig-Holstein geht auf Forderungen ihres Bundespartei-Chefs aus dem vergangenen Jahr ein und will nun von der Landesregierung bis zum Spätsommer ein Konzept, um Lehrerinnen und Lehrer stärker nach Leistung zu bezahlen. „Die gute Lehrerin, die sich engagiert, die sich einsetzt, die mehr tut als nur ihre Pflicht, möchte ich gerne besser bezahlen als den Kollegen, der das nicht tut“, hatte Christian Lindner dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ gesagt. Individuell müsse besondere Leistung von Lehrkräften anerkannt und gewürdigt werden.
Die leistungsbezogene Bezahlung soll nach den Vorstellungen der schleswig-holsteinischen Liberalen bis zu zehn Prozent des Jahresgehalts ausmachen können und die Entscheidung darüber soll den Schulleitungen vor Ort obliegen. Besonders engagierte und motivierte Lehrkräfte könnten demnach auch schneller befördert werden. Als geeignete Leistungskriterien sieht die FDP-Fraktion unter anderem den besonderen Einsatz bei Schüleraustauschen, Arbeitsgemeinschaften, internen Schulungen, Schulausflügen oder Beteiligungen an Wettbewerben an.
Laut Statistik waren im Schuljahr 2021/2022 rund 26.500 vollzeit- und teilzeitbeschäftigte sowie stundenweise beschäftigte Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen im Land beschäftigt.
(Stand: 23. Januar 2023)
Vorherige Debatte zum Thema:
Januar 2022 (Allianz Lehrerausbildung, 19. WP.)
Lehrkräftegewinnung durch umfassende Strategie zukunftsfähig aufstellen
Antrag der Fraktionen von CDU und B´90/Die Grünen ‒ Drucksache 20/492
Leistung muss sich lohnen – Konzept zur leistungsbezogenen Besoldung von Lehrkräften erarbeiten
Antrag der Fraktion der FDP ‒ Drucksache 20/589
Alternativantrag CDU/Grüne ‒ Drucksache 20/640