Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Springe direkt zu:
Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Für Poolärzte im Bereitschaftsdienst besteht laut einem Urteil des Bundessozialgerichts eine Sozialversicherungspflicht, was aufgrund der Mehrkosten für die KVSH zu vielen Entlassungen geführt hat. Der Landtag fordert die Regierung auf, sich beim Bund für eine Befreiung von dieser Pflicht einzusetzen.
Der ärztliche Bereitschaftsdienst muss auch in Zukunft von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen werden. Darin zeigten sich die Parteien einig und votierten fraktionsübergreifend für einen entsprechenden Antrag. Die Landesregierung wird darin aufgefordert, sich im Bund dafür einzusetzen, dass sogenannte Poolärzte von der zusätzlichen Sozialversicherungspflicht befreit werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte jüngst geurteilt, dass Poolärzte nach jetziger Rechtsprechung als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte zu sehen sind. Der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) entstünden so Mehrkosten von drei bis fünf Millionen Euro pro Jahr – sie hat den 450 Poolärzten im Land daher zum Ende des Jahres gekündigt.
30 Prozent aller Dienste in den 32 Anlaufpraxen in Schleswig-Holstein würden von Poolärzten übernommen, sagte dazu der CDU-Abgeordnete Hauke Hansen. „Das sind rund 100.000 Behandlungsstunden pro Jahr“. Sollte es bei den Kündigungen der KVSH bleiben, hätte dies gravierende Folgen vor allem für die ärztliche Versorgung auf dem Lande, stellte Hansen klar. Dann würden Niedergelassene verpflichtet und die Wahrscheinlichkeit, dass es dann Ärztinnen und Ärzte im ländlichen Bereich besonders häufig trifft, sei groß. Dies könnte zu einer weiteren Ausdünnung der Praxen auf dem Lande führen.
Dieser Meinung schloss sich Jasper Balke (Grüne) an und ergänzte: Man sei dem medizinischen Personal spätestens seit der Corona-Pandemie etwas schuldig – Forderungen seien damals nicht gehört worden, politische Versprechen nicht gehalten. Sich nun für eine sofortige Befreiung von der Sozialversicherungspflicht einzusetzen sei ein richtiges Zeichen, mit dem man Vertrauen zurückgewinnen könne. Zudem würde der ambulante Notdienst in Zukunft eine größere Rolle spielen als bisher, so Balke. Er hoffe sehr, dass die Bundesregierung jetzt gesetzlich nachziehe – „unsere Unterstützung hat sie“.
Birte Pauls (SPD) wies darauf hin, dass der Bereitschaftsdienst auch das Berufsbild des niedergelassenen Arztes weiter attraktiv sein lasse. Dieses würde immer „weiblicher“ und verlange nach geregelten Arbeitszeiten in den Praxen. Dies würden Poolärzte unter anderem auch ermöglichen. Daher unterstütze auch die SPD-Fraktion ihre Befreiung von der Sozialversicherungspflicht – was vielleicht manche erstaunen möge, sagte Pauls.
Heiner Garg (FDP) bedankte sich in seiner Rede für die Unterstützung der SPD. Es sei ein Spagat für die Sozialdemokraten, in diesem speziellen Fall gegen eine Sozialversicherungspflicht zu stimmen. „Das verdient Respekt“, befand Garg.
Man brauche eine schnelle Lösung, die dauerhaft trägt und nicht zuletzt die Ärztinnen und Ärzte entlastet, fasste Christian Dirschauer (SSW) die Debatte zusammen. Der Antrag aller Fraktion wurde in der Sache einstimmig angenommen.
Die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP fordern in einem gemeinsamen Antrag die Aufhebung der Sozialversicherungspflicht im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Landesregierung soll sich demnach beim Bund dafür einsetzen, dass sogenannte Poolärzte genau wie Notdienstärzte von der zusätzlichen Sozialversicherungspflicht befreit werden. „Poolärzte entlasten maßgeblich ihre Kolleginnen und Kollegen im niedergelassenen Bereich und damit auch die stationären Strukturen“, sagte der CDU-Politiker Hauke Hansen. Sollte es bei der Sozialversicherungspflicht bleiben, werde das Land den größten Teil der ärztlichen Arbeitskräfte in diesem Bereich verlieren – mit entsprechend negativen Folgen für die Versorgung.
Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) hatte nach einem Urteil des Bundessozialgerichts rund 400 Ärzten zum Jahresende gekündigt. Diese Poolärzte beteiligen sich am ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dem Urteil zufolge gelten auf Honorarbasis tätige Poolärzte im Bereitschaftsdienst nicht automatisch als Selbstständige, wenn sie in eine Notdienstorganisation eingebunden sind. Für Poolärzte besteht nach dem Spruch des BSG im organisierten Bereitschaftsdienst deshalb eine zusätzliche Sozialversicherungspflicht. Das bedeute jährliche Mehrkosten von etwa drei bis fünf Millionen Euro, so die KVSH. Sollte die Rentenversicherung auch für die vergangenen vier Jahre Rückforderungen stellen, könnte die finanzielle Belastung sogar bei rund 15 Millionen Euro liegen. Das wäre für die KVSH nicht tragbar.
In Anbetracht des Fachkräftemangels könne nicht auf Personal verzichtet werden, erklärte Jasper Balke (Grüne). „Dem Urteil des Bundessozialgerichts muss deshalb eine schnelle Gesetzesanpassung auf Bundesebene folgen, um die ambulante Notdienstversorgung weiterhin sicherstellen zu können.“ Mit dem Urteil lasse sich der ärztliche Bereitschaftsdienst nicht mehr wie gewohnt umsetzen, befürchtet auch Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Um weiterhin einen gut funktionierenden, flächendeckenden Bereitschaftsdienst sicherzustellen, müssten die Poolärzte durch eine Gesetzesänderung von der Sozialversicherungspflicht befreit werden.