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24. November 2023 – November-Plenum

Parlament legt 10-Punkte-Plan gegen Antisemitismus vor

Der Landtag stellt einen 10-Punkte-Plan für jüdisches Leben in Schleswig-Holstein vor. Dieser von allen Fraktionen erarbeitete Plan soll dafür sorgen, dass alle staatlichen Ebenen aktiv Maßnahmen gegen Antisemitismus ergreifen.

Juden jüdisch Kippa
Die Kippa ist eine gebräuchliche Kopfbedeckung männlicher Juden Foto: dpa, Frederico Gamberini

Mit den Stimmen aller Fraktionen hat der Landtag heute einen gemeinsam erarbeiteten „10-Punkte-Plan für jüdisches Leben – Bildungsoffensive gegen Antisemitismus in Schleswig-Holstein“ verabschiedet. Basis ist dabei das Bekenntnis zum und der Einsatz für das Existenzrecht Israels, der Schutz jüdischen Lebens und die Sicherung jüdischer Kultur in der Mitte der deutschen Gesellschaft.

Dieser Plan soll dafür sorgen, dass alle staatlichen Ebenen aktiv Maßnahmen gegen Antisemitismus ergreifen. Unter anderem soll eine Änderung des Schulgesetzes vorgelegt werden, um den Einsatz gegen Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Bildungs- und Erziehungsziel zu verankern. Die Schulen selbst sollen geeignete Maßnahmen gegen die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts entwickeln.

Hintergrund sind die Angriffe der Hamas auf Israel seit dem 7. Oktober 2023 mitsamt der Ermordung und Entführung von Zivilistinnen und Zivilisten durch die Terroristen. In Folge der Gegenwehr Israels kommt es in Deutschland zu offen antisemitischen Demonstrationen und Debatten.

Stimmen aus dem Plenum:

Martin Balasus (CDU):

Balasus, Martin CDU Plenum .
Wissen ist der Feind der Vorurteile. Also muss jede Schülerin und jeder Schüler die Verbrechen gegenüber den Jüdinnen und Juden sowie die besondere Verantwortung Deutschlands kennen und verstehen. Für den Unterricht bedeutet das: Er darf sich nicht nur auf das Erwerben von Faktenwissen beschränken, sondern muss auch eine wertegeleitete Urteilsbildung enthalten. Es steht in unserer Verantwortung, dass dem Antisemitismus Einhalt geboten wird. Es steht in unserer Verantwortung, dass Jüdinnen und Juden sicher in unserem Land leben können. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Malte Krüger (Grüne):

Krüger, Malte Grüne Plenum
Ich bin froh, dass wir in diesem Haus mit einer klaren Haltung zusammenstehen. Es ist erschütternd, dass viele Juden sich nicht mehr trauen, öffentlich den Davidstern oder ihre Kippa zu tragen. Wir müssen uns dem Antisemitismus, den wir in der Gesellschaft haben, entgegenstellen und wir dürfen ihn in keiner Weise akzeptieren. Es ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft sich gegen den Antisemitismus jeden Tag aufs Neue zu stellen. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Martin Habersaat (SPD):

Habersaat, Martin SPD Plenum
Bildungseinrichtungen müssen vermitteln, dass unsere Gesellschaft auf Respekt füreinander aufbaut. Kinder und Jugendliche sollen dort Respekt erfahren und lernen, anderen Respekt entgegenzubringen. Sexismus, Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzungen aller Art fallen nicht unter die Meinungsfreiheit. Sie haben keinen Platz in unserer Gesellschaft und werden zurückgewiesen. Wer Ausgrenzung und Diskriminierung erfährt, muss geschützt werden. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Christopher Vogt (FDP):

Vogt Christopher FDP Plenum
Aus Worten können sehr schnell Taten werden und das müssen wir alle gemeinsam verhindern. Die Schulen spielen beim Kampf gegen den Antisemitismus eine ganz besondere Rolle. Der Geschichtsunterricht ist von besonderer Bedeutung und muss weiter verbessert werden. Besonders beeindruckend für junge Menschen ist es, wenn sie direkt konfrontiert werden. Es muss umso mehr das Ziel sein, dass jeder Schüler in seiner Schullaufbahn einmal eine Gedenkstätte besucht. Wir werden viel erreichen können, wenn wir gemeinsam und fest entschlossen kämpfen. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Jette Waldinger-Thiering (SSW):

Waldinger-Thiering Jette SSW Plenum
Es muss uns darum gehen, in Schulen wie auch unter Erwachsenen, Antisemitismus nicht nur im Rückblick zu erkennen, sondern in seiner Kontinuität auch im Hier und jetzt. Zu gedenken, schützt nicht automatisch davor, antisemitisch zu denken. Gesellschaftliche Probleme schlagen sich im Schulalltag nieder. Und da müssen Schulleitungen und Lehrkräfte ihnen begegnen. Aufgabe der Politik ist, sie darin zu unterstützen. Und mit diesem gemeinsamen Antrag gehen wir einen weiteren Schritt in diese Richtung. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Bildungsministerin Karin Prien (CDU):

Prien, Karin Bildungsministerin CDU Plenum .
Die Gleichgültigkeit ist das Gift für demokratische Freiheit und Minderheitenrechte. Ein gefährlicher Brandbeschleuniger für jede Form von Hass. Mit dem 10-Punkte-Plan startet eine dringend erforderliche Offensive gegen den Antisemitismus in Schleswig-Holstein. Es ist ein starkes Signal gegen die Gleichgültigkeit an die gesamte Gesellschaft. Nie wieder Hass und Hetze. Nie wieder, das muss heute auch nie wieder Gleichgültigkeit heißen. Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Auf Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen beschäftigt sich das Plenum mit dem gemeinsam erarbeiteten „10-Punkte-Plan für jüdisches Leben – Bildungsoffensive gegen Antisemitismus in Schleswig-Holstein“. Unter anderem soll im 1. Quartal 2024 ein Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes vorgelegt werden, um den Einsatz gegen Antisemitismus als Bildungsziel zu verankern. Schulen und Hochschulen sollen zum besseren Vorgehen gegen Antisemitismus befähigt und die Gedenkstättenarbeit in ihrer Professionalisierung unterstützt werden. Basis ist dabei das Bekenntnis zum und der Einsatz für das Existenzrecht Israels, der Schutz jüdischen Lebens und die Sicherung jüdischer Kultur in der Mitte der deutschen Gesellschaft.

Hintergrund sind die Angriffe der Hamas auf Israel seit dem 7. Oktober 2023 mitsamt der Ermordung und Entführung von Zivilistinnen und Zivilisten durch die Terroristen. In Folge der Gegenwehr Israels kommt es in Deutschland zu offen antisemitischen Demonstrationen und Debatten. Schleswig-Holstein hat bereits mehrere Maßnahmen gegen Antisemitismus ergriffen. Im August wurde etwa eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, die einen Landesaktionsplan gegen Antisemitismus erarbeitet. Ein Runder Tisch „SHalom&Moin“ für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus hat sich zuvor – unter Landtagspräsidentin Kristina Herbst als Schirmherrin – im März 2023 konstituiert. Die „Landesweite Informations- und Beratungsstelle Antisemitismus“ (LIBA SH) hat im Sommer 2023 ihre Arbeit aufgenommen.

Landtag verurteilte Terrorangriff

Der Landtag hat die Angriffe der Terrororganisation Hamas auf Israel in einer Aktuellen Stunde am 10. Oktober „auf das Schärfste“ verurteilt. Die Attacken mit Bodenangriffen, Artillerie und Raketen, die tausende Opfer gefordert haben, seien ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, das gegen die israelische Zivilbevölkerung gerichtet sei und das auf die Vernichtung des Staates Israel abziele. Es sei daher „das völkerrechtlich verbriefte Recht Israels, sich gegen den Terror zu verteidigen“, heißt es in einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag aller Fraktionen, den das Parlament einstimmig beschlossen hatte.

Anlässlich des 85. Jahrestages der Novemberpogrome hatte Parlamentspräsidentin Kristina Herbst am 9. November mit den jüdischen Gemeinden in Lübeck und Bad Segeberg der Opfer der Shoah gedacht und jede Form von Antisemitismus sowie jeden Angriff gegen Jüdinnen und Juden als Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung verurteilt.

(Stand: 20. November 2023)

Vorherige Debatte zum Thema:
Oktober 2023
Weitere Infos:
Landtagspräsidentin besucht Synagogen (9. November 2023)

Antrag

10-Punkte-Plan für jüdisches Leben – Bildungsoffensive gegen Antisemitismus in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen, SPD, FDP und SSW‒ Drucksache 20/1617