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Die Fraktionen im Landtag rufen dazu auf, die Arzneimittelversorgung zu sichern und die Apotheken zu stärken. Dafür soll unter anderem die Arzneimittelpreisverordnung mit Ziel der Erhöhung des festgelegten Fixums angepasst werden.
Die Sicherung der Versorgung mit Medikamenten und die Unterstützung der Apotheken sind Thema des gemeinsamen Antrags von FDP und SSW sowie auch des Alternativ-Antrags der schwarz-grünen Regierungs-Koalition. Überwiegende Einigkeit herrscht bei der Benennung der Probleme in einer sehr harmonischen Aussprache zum Thema. Es seien zwei deckungsgleiche Anträge mit dem gleichen Ziel, sagte Heiner Garg (FDP) und plädierte gleich zu Beginn darauf, beide Anträge in den Sozialausschuss zu überweisen, „um etwas Vernünftiges daraus zu machen“. Die Apotheken leisteten einen unmittelbaren Beitrag zur medizinischen Versorgung. „Wir müssen diese Versorgungssicherheit mit lebens- und überlebenswichtigen Medikamenten sichern.“
Präsenzapotheke leisteten einen unschätzbaren Beitrag, hätten etwa in der Pandemie auch geimpft und würden bei Medikamenten-Engpässen mit dem behandelnden Arzt über Alternativen für den Patienten sprechen. „Das macht eine Online-Apotheke nicht“, so Garg.
Von „tief berührenden Erfahrungen“ während eines eintägigen Praktikums in einer Apotheke sprach Hauke Hansen (CDU) „Allein an meinem Praktikumstag waren 270 Arzneimittel nicht lieferbar, ein Teil davon schon über Monate. Für ein Industrieland wie Deutschland ist das ziemlich erschreckend.“ Mit Glück bekomme man ein wirkungsgleiches Medikament, „aber wenn Sie Pech haben, dann müssen Sie mit einem anderen Wirkstoff vorlieb nehmen oder Sie gehen mit leeren Händen nach Hause.“ Der aktuelle Zustand sei nicht hinnehmbar.
Als Rückgrat der Gesundheitsversorgung bezeichnete Jasper Balke (Grüne) die Apotheken und Arztpraxen. „Doch diese Verlässlichkeit ist nicht mehr gänzlich gegeben, der ambulante Bereich unseres Gesundheitssystems bröckelt.“ Das Problem sei allerdings hausgemacht. Seit Jahrzehnten sei die Arzneimittelversorgung in Deutschland geschwächt worden, nicht zuletzt durch die politische Entscheidung die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen über Rabattverträge und Festbeträge zu begrenzen. „Diese Sparpolitik muss beendet werden.“
Das Problem der Nachfolge thematisierte Birte Pauls (SPD). Es werde immer schwieriger Apotheker zu finden, die eine Apotheke übernehmen, da die Preissteigerungen in allen Bereichen das Einkommen minimierten und der Bürokratie-Aufwand zunehme. „Immer mehr Jüngere gehen nach dem Studium in ein Angestelltenverhältnis, nicht nur in der Apotheke, sondern auch in die Wissenschaft, in die Pharmaindustrie oder in Versandapotheken.“ Für den SSW forderte Christian Dirschauer pharmazeutische Unternehmen anzusiedeln oder deren Produktion vor Ort zu halten. „Damit werden hochqualifizierte Arbeitsplätze gesichert und die Gesundheit der Bürger geschützt.“
Die Situation sei angespannt, die Dichte der Apotheken gehe zurück, vor fünf Jahren seien es in Schleswig-Holstein noch 650 gewesen, zum Jahresende noch unter 590, erklärte Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU). Die Rahmenbedingungen würden auf Bundesebene gesetzt und teilweise auf europäischer Ebene. Schleswig-Holstein habe sich immer auf Bundesebene eingebracht. Auch nach Übernahme des Vorsitzes der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Januar wolle man sich für Verbesserungen stark machen. Auf Landesebene setzt sie auf bessere Ausbildungsbedingungen, um die Fachkräftesituation in Apotheken zu entspannen.
Die beiden vorliegenden Anträge wurden an den Sozialausschuss überwiesen.
Zum 1. Januar übernimmt Schleswig-Holstein den Vorsitz der Konferenz der Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister. Vor diesem Hintergrund fordern die Fraktionen von FDP und SSW in ihrem Antrag vom Landtag eine Strategie zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung und Stärkung der Apotheken. Unter anderem solle die Arzneimittelpreisverordnung mit Ziel der Erhöhung des festgelegten Fixums angepasst und die Prüfung einer Regelung zur indexierten Anpassung dieses Fixums geprüft werden. Auch die Sicherstellung und Verbesserung der Patientenversorgung durch größere Handlungs- und Entscheidungsfreiheit soll sichergestellt und eine Arzt-Apotheker-Kooperation beim Medikamentenmanagement durch Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage ermöglicht werden.
Am 8. November waren aus Protest gegen die schlechte wirtschaftliche Lage viele Apotheken in Norddeutschland geschlossen geblieben. Bei einer zentralen Kundgebung in Hannover als Auftakt zu weiteren regionalen Protesten hatten die Apothekerinnen und Apotheker aus Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern eine Anhebung und eine regelmäßige Überprüfung der Honorare gefordert. „Wir haben seit zehn Jahren keine Honorarerhöhung bekommen, die Kosten laufen uns davon“, sagte Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen. Wegen eines zum 1. Februar eingeführten Gesetzes müssten die Apotheken einen Abschlag an die gesetzlichen Krankenkassen abführen. Dadurch seien die Honorare für die Apotheken nominell auf dem Stand von 2004, so Groeneveld.
Ein Sprecher des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen sagte, dass die Apotheke zusätzlich zum Honorar von den Krankenkassen drei Prozent vom Apothekeneinkaufspreis erhalte und damit die Vergütung von Jahr zu Jahr steige. Außerdem gebe es weitere Erhöhungen wie bei der Dokumentationsgebühr oder etwa der Vergütung von Notdiensten: „Für zusätzliche Honorarsteigerungen an die Apotheken sehen wir keinen sachlichen Grund.“
Laut den jüngsten Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) geht die Zahl der Apotheken in Deutschland immer weiter zurück und befand sich Ende Oktober mit 17.733 Apotheken auf dem tiefsten Stand seit 1979. In den ersten neun Monaten dieses Jahres schlossen demzufolge 335 Apotheken.
(Stand: 20. November 2023)