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Bezahlbarer Wohnraum ist knapp, die Fertigstellung neuer Gebäude hinkt hinter der Nachfrage her. Im Plenum gibt es viele Ideen für Besserungen, ein von der Landesregierung vorgelegtes Wohnraumschutzgesetz findet auch bei der Opposition Zuspruch.
Der Wohnungsmarkt ist in vielen Orten im Lande angespannt. „Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation“, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Insbesondere in den großen Städten, im Hamburger Rand sowie an den Küsten ist Wohnraum knapp. Zudem haben zuletzt Berichte über Vermieter, die ihre Mietshäuser verkommen lassen, die Öffentlichkeit alarmiert. Mit einem Wohnraumschutzgesetz will die Landesregierung der Verwahrlosung vorbeugen. Künftig sollen Mindeststandards gelten: Heizungs- und Sanitäranlagen müssen funktionieren, die Gebäudehülle muss dicht sein, und genügend Tageslicht muss die Räume erreichen. Aufzugs-, Türschließ- oder Beleuchtungsanlagen in Hauseingängen und Treppenfluren müssen nutzbar sein.
Bei Missständen sollen die Gemeinden einen „Werkzeugkoffer“ in die Hand bekommen, so die Ministerin. Die Kommunen werden den Plänen zufolge Auskunfts- und Betretungsrechte erhalten, Anordnungen treffen können und schlimmstenfalls auch Räume für unbewohnbar erklären sowie Bußgelder verhängen können. Dann müsste der Vermieter für eine anderweitige zumutbare Unterbringung der Mieter sorgen, wenn er den schlechten Zustand zu verantworten hat. Einige „gravierende Einzelfälle“ hätten gezeigt, „dass die Kommunen mehr Möglichkeiten brauchen“, sagte Sütterlin-Waack.
Die Pläne der Landesregierung stießen im Parlament auf breiten Zuspruch. Michel Deckmann (CDU) wies darauf hin, dass die Kommunen im Bedarfsfall davon Gebrauch machen könnten, dass sie aber nicht verpflichtet seien „Extrastrukturen“ zu schaffen. Lars Harms (SSW) begrüßte das Gesetz als „vernünftig“ angesichts gesundheitsgefährdender Zustände in einigen Mietshochhäusern, etwa in Husum und Henstedt-Ulzburg. Damit sei es jedoch nicht getan, so Harms: „Die Kommunen werden am Ende nicht darum herumkommen, sich stärker am Wohnungsmarkt zu beteiligen.“
Die SPD fordert mehr Einsatz des Landes beim Bau von bezahlbarem Wohnraum. 11.000 Menschen in Schleswig-Holstein seien wohnungs- oder obdachlos, merkte Fraktionschef Thomas Losse-Müller an. Dies seien „so viele, wie in Niebüll wohnen“. Es habe im Lande einmal 200.000 Sozialwohnungen, heute seien es nur noch 45.000, „und es werden immer weniger“. Gegen die „Wohnungskrise“ regten die Sozialdemokraten ein Landesbündnis für bezahlbares Wohnen, in dem Kommunen, Wohnungswirtschaft und Verbände zusammenarbeiten, sowie eine Landeswohnungsgesellschaft an. Die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen müssten für alle Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt wieder in Kraft gesetzt werden.
Die Wiedereinführung der Kappungsgrenzenverordnung, die Mieterhöhungen begrenzen soll, stehe kurz bevor, so Lasse Petersdotter (Grüne). Im Innenministerium werde im Moment an der entsprechenden „Gebietskulisse“ gearbeitet. Er wies die Kritik der SPD an einer angeblich besonders schlechten Situation in Schleswig-Holstein zurück: Im Lande kämen auf 1.000 Einwohner 63 Sozialwohnungen, „da sind wir bundesweit auf Platz vier“.
Bernd Buchholz (FDP) spottete über den Vorstoß der Landesregierung: Dies sei „ein hübsches Gesetz mit viel Symbolik aber wenig inhaltlicher Schlagkraft“. Das Hauptproblem am Wohnungsmarkt sei der drastische Rückgang von Baugenehmigungen, „weil sich das Investieren in Wohnungen nicht mehr lohnt“. Die hohen Baustandards in Deutschland hätten den Wohnungsbau so stark verteuert, dass es nicht mehr möglich sei, Wohnraum für unter 16 Euro pro Quadratmeter anzubieten.
Der Gesetzentwurf wird im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten. Die drei SPD-Anträge wurden abgelehnt, stattdessen beschloss der Landtag mehrheitlich Alternativanträge der Koalition.
Das Innenministerium legt dem Landtag ein Wohnraumschutzgesetz vor. Die SPD fordert mehr Einsatz des Landes beim Bau von bezahlbarem Wohnraum und reicht mehrere Anträge zu diesem Thema ein.
Mit dem Wohnraumschutzgesetz will die Landesregierung der Verwahrlosung von Mietwohnungen begegnen. Immer wieder zeigten Einzelfälle, dass die Kommunen mehr Durchgriffsmöglichkeiten bräuchten. Der Gesetzentwurf legt Mindeststandards fest. Demnach sollen Heizungs- und Sanitäranlagen funktionieren müssen, die Gebäudehülle dicht sein und genügend Tageslicht die Räume erreichen. Aufzugs-, Türschließ- oder Beleuchtungsanlagen in Hauseingängen und Treppenfluren müssen nutzbar sein. Im Falle von Missständen sollen Gemeinden handeln können. Sie werden den Plänen zufolge Auskunfts- und Betretungsrechte erhalten, Anordnungen treffen können und schlimmstenfalls auch Räume für unbewohnbar erklären können. Dann müsste der Vermieter für eine anderweitige zumutbare Unterbringung der Mieter sorgen, wenn er den schlechten Zustand zu verantworten hat.
Vor dem Hintergrund steigender Zinsen, steigender Bau-, Rohstoff- und Energiepreise und des Fachkräftemangels setzen die Sozialdemokraten auf einen Zehn-Punkte-Plan. Darin fordern sie ein Landesbündnis für bezahlbares Wohnen, das als zentrales Gremium im Dialog mit Kommunen, Wohnungswirtschaft und Verbänden nach Lösungen für den steigenden Wohnungsbedarf suchen soll.
Von der Landesregierung fordert die SPD nicht nur mehr Geld für die Kommunen für inklusive und bezahlbare Wohnkonzepte, sondern auch eine Projektstudie für eine Landeswohnungsgesellschaft. Die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen müssten für alle Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt wieder in Kraft gesetzt werden. Zudem soll das Land seine gesetzgeberischen Kompetenzen ausschöpfen, damit Städte und Gemeinden die Zweckentfremdung und Verwahrlosung von Wohnraum unterbinden und unzumutbare Mängel an Mietwohnungen auf Kosten der Eigentümer beseitigen können. Der freie Markt alleine versage bei der Lösung der Verwerfungen, heißt es in dem SPD-Antrag. Land und Kommunen müssten ihre Spielräume erweitern, um selbst Wohnraum zu schaffen und Bauland zur Verfügung zu stellen.
Mit einem zweiten Antrag fordern die Sozialdemokraten die Landesregierung auf, Bundesmittel aus dem Programm „Junges Wohnen“ vollständig für den Neubau, die Modernisierung oder den Erwerb von Wohnheimplätzen für Studenten und Auszubildende einzusetzen. Für den Norden stünden 17 Millionen Euro bereit. Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt treffe besonders junge Menschen, die aufgrund eines Studiums oder einer Ausbildung noch kein volles Erwerbseinkommen erzielen können. In einem Alternativantrag rufen CDU und Grüne die Landesregierung auf, das Studentenwerk beim Bau von Unterkünften zu unterstützen und das Planungsrecht zu vereinfachen.
Ein dritter SPD-Antrag fordert eine sozial gerechte Ausgestaltung der EU-Gebäuderichtlinie. Eine pauschale Sanierungspflicht für alle Gebäude innerhalb der nächsten sieben bis zehn Jahre sei insbesondere für Privathaushalte, wie auch für große Teile der Wohnungswirtschaft, „technisch wie wirtschaftlich nicht realistisch darstellbar“. Mieter, insbesondere im unteren Mietsegment, dürften durch die geplanten verpflichtenden Gebäudesanierungen nicht noch weiter belastet werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Eigenheimbesitzer sich ihr Eigentum noch leisten können und „Lebensleistung nicht durch unwirtschaftliche Vorgaben zerstört wird“.
Entwurf eines Schleswig-Holsteinischen Wohnraumschutzgesetzes (SHWoSchG)
Gesetzentwurf der Landesregierung (Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport) ‒ Drucksache 20/899
Junge Menschen in Studium und Ausbildung unterstützen ‒ Programm „Junges Wohnen“ in Schleswig-Holstein umsetzen
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/681
Alternativantrag der Fraktionen von CDU und B´90/Die Grünen ‒ Drucksache 20/747
Herausforderungen für den Wohnungsbau gemeinsam meistern – Kommunen bei der Bewältigung des angespannten Wohnungsmarktes unterstützen
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/909
EU-Gebäuderichtlinie sozial gerecht ausgestalten
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/944