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Keine CCS-Technogie (Carbon Capture and Storage) zur Speicherung von Kohlendioxid in Schleswig-Holstein – aber möglicherweise unterhalb der Nordsee: Auf diese Linie hat sich die schwarz-grüne Koalition verständigt und damit für eine emotionale Debatte im Landtag gesorgt. Während Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erklärte, CCS könne nach wissenschaftlichen Erkenntnissen „weit draußen ein signifikanter Beitrag zum Erreichen der Klimaziele in Deutschland sein“, waren Teile der Opposition mehr als erbost.
Der Landtag hatte die Nutzung dieser Technik im Juni 2022 noch einstimmig abgelehnt. „CCS ist gut beherrschbar und die Risiken sind lokal begrenzt“, sagte Günther. „Wenn länderübergreifend Wissenschaftler und Ingenieure sich für CCS aussprechen, dann sollten wir in Deutschland dieses Thema diskutieren.“ Das Einlagern von CO2 an Land und innerhalb der 12-Meilen-Zone schließe seine Regierung aus. Kritiker fürchten ein Entweichen des Gases aus den Speichern und auch, dass die Technologie den Anreiz vermindert, Treibhausgase von vornherein zu vermeiden.
Vom SSW, der die Dringlichkeitsdebatte am Freitagnachmittag angestoßen hatte, und von der SPD kam heftige Kritik. Die beiden Oppositionsfraktionen erinnerten an den Landtagsbeschluss vom Juni vergangenen Jahres, in dem die unterirdische CO2-Speicherung im Lande kategorisch ausgeschlossen wurde. Christian Dirschauer (SSW) bezeichnete es als „schräg“, dass sich mehrere Kabinettsmitglieder nicht an diesen Beschluss hielten. „Sie untergraben das einstimmige Votum“, sagte er. CCS bedeute, dass CO2 woanders gelagert werde, es sei damit aber nicht weg. „Schön weit unter die Erde verpressen und hoffen, dass alles gut geht. Das kann‘s doch nicht sein“, ereiferte er sich.
SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller warf der Landesregierung „Politiksimulation“ vor. „Wir haben doch bereits alle Lösungen und Technologien, um uns klimaneutral zu machen: Windkraft, Solarenergie, Wasserstoff, Batteriespeicher, Wärmenetze, Busse, Bahnen und Ladesäulen.“ Nun solle davon abgelenkt werden, dass die CDU „nicht bereit ist, die Kraft, das politische Kapital und die finanziellen Mittel zu investieren“, so der Oppositionsführer.
Die Koalitio Man dürfe daher keine „Scheuklappen n will nach einer intensiven Diskussion prüfen, ob die Kohlendioxid-Ausscheidungen aus Fabriken oder Kraftwerken ausschließlich in der Außenwirtschaftszone, also mindestens zwölf Seemeilen vor der Küste, verpresst werden kann – bei mindestens 80 Metern Wassertiefe und zwei bis drei Kilometer unterhalb des Meeresbodens. CDU-Fraktionschef Tobias Koch betonte wie Ministerpräsident Daniel Günther, die Verminderung und Vermeidung von CO2 habe weiterhin „absolute Priorität“. Mittlerweile sei die CCS-Technik aber „ausgereift und erprobt“. Man dürfe daher keine „Scheuklappen“ haben und müsse offen diskutieren.
Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter. Man könne empört sein oder sich der „komplexen Argumentation“ stellen. Seine Fraktion habe sich für den zweiten Weg entschieden. Dabei müssten „Schutzgüter“ ganz genau miteinander abgewogen werden. Zudem werde es immer Bereiche geben, in denen ein komplettes Aus des gefährlichen Treibhausgases nicht möglich sei, sagte er. „Eine ideologiefreie, technologieoffene Debatte“ ist längst überfällig“, erklärte Oliver Kumbartzky (FDP). Seine Fraktion unterstütze daher die Aussage, CCS könne dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen. „Ohne Technologiefreiheit ist Deutschland nicht zukunftsfähig“, mahnte er.
Der Antrag von CDU und Grünen, der auch eine Expertenanhörung zum
Thema CCS-Technologie in den Ausschüssen verlangt, wurde bei Enthaltung der FDP angenommen, der SPD-Antrag an den Umwelt- und Agrarausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Per Dringlichkeit rufen SPD und SSW den Landtag dazu auf, die ablehnende Haltung des Parlaments gegenüber der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid und der damit verbundenen CCS-Technologie zu bekräftigen. Zuletzt hatten die Landtagsfraktionen im Juni vergangenen Jahres einen entsprechenden Ablehnungs-Beschluss aus dem Jahr 2014 einstimmig erneuert. Abgelehnt wurde sowohl die CO2-Speicherung in Schleswig-Holstein wie auch eine Verpressung des klimaschädlichen Gases unter dem Meeresboden in deutschen Küstengewässern innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ).
SPD und SSW berufen sich bei der Begründung der Dringlichkeit auf einen Artikel in der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung vom 20. Januar („Günther: CO2-Verpressung auch im Norden“). Darin heißt es, dass Ministerpräsident Daniel Günther Möglichkeiten für CCS „mit Pragmatismus und Offenheit“ prüfen will. „Wir müssen diese Debatte führen, auch wenn mir natürlich klar ist, dass es Widerstände und Bedenken gibt auch bei unserem Koalitionspartner in Kiel“, wird der CDU-Politiker in dem sh:z-Artikel zitiert. Wenig später schränkte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa ein, dass kein CO2 auf dem Festland gespeichert werden soll. „Die für die Speicherung geeigneten Flächen liegen ausschließlich in der Außenwirtschaftszone, also mindestens zwölf Seemeilen vor der Küste“, sagte er. Die Verpressung von CO2 würde in mindestens 80 Metern Wassertiefe und zwei bis drei Kilometer unterhalb des Meeresbodens erfolgen.
CCS steht für „Carbon Capture and Storage“ (Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid). Bei diesem Verfahren wird das bei einer Verbrennung freiwerdende CO2 vom Abgasstrom getrennt, verflüssigt und unter der Erde eingeschlossen. Als Speicherorte dienen alte Gas- oder Erdöllagerstätten, salzhaltige Gesteinskörper oder der Meeresuntergrund. In Kreisen der Ampel-Regierung in Berlin gibt es schon länger Überlegungen, die CCS-Technik zu nutzen.
Stichwort: Dringlichkeit:
Die Tagesordnung einer Landtagssitzung steht zehn Tage vor Tagesbeginn fest. Ein Beratungsgegenstand, der nicht auf der Tagesordnung steht, kann nur dann kurzfristig eingeschoben werden, wenn das Plenum die Dringlichkeit feststellt. Dazu sind zwei Drittel der abgegebenen Stimmen nötig.
(Stand: 23. Januar 2023)
Vorherige Debatte zum Thema:
Juni 2022