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24. Februar 2023 – Februar-Plenum

Mehrheit lehnt neuen Flüchtlingspakt ab

Die SPD will eine engere Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Probleme bei der Flüchtlingssituation, findet jedoch keine Mehrheit. Die Regierung verhandelt mit den Kommunen über mehr Unterbringungsplätze.

Midyatli, Serpil SPD Plenum
Serpil Midyatli: „Es ist unsere humanitäre Pflicht Menschen Sicherheit und Schutz zu bieten.“ Foto: Michael August

In Schleswig-Holstein könnten deutlich mehr und deutlich größere Unterkünfte für Geflüchtete entstehen – wenn die Zahl der Flüchtlinge weiter steigt. Derzeit werde mit den Kommunen die Kosten- und Aufgabenverteilung für weitere Plätze während der dritten Folgevereinbarung für Vertriebene aus der Ukraine verhandelt, kündigte Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) im Plenum an. Die SPD hatte die Debatte auf die Tagesordnung gesetzt.

Einen von der SPD geforderten Flüchtlingspakt „mit Akteuren in Politik, Wirtschaft, Kirchen, Sozial- und Flüchtlingsverbänden, Ehrenamt, Wohnungswirtschaft und Mittelstand“ wird es jedoch nicht geben. Während FDP und SSW einen entsprechenden Antrag der Sozialdemokraten begrüßten, lehnten ihn CDU und Grüne ab. „Wir wollen Probleme im Land lösen“, erklärte Serpil Midyatli (SPD), fand jedoch nur teilweise dafür Unterstützung.

Kritik am Bund

Bernd Buchholz (FDP) verweis auf den Flüchtlingspakt 2015. Damals hätten viele die Kommunikation gelobt. „Dieses Gefühl gibt es jetzt nicht“, vor Ort „brodelt es gerade“, konstatierte Buchholz. Ähnlich äußerte sich auch Lars Harms (SSW). Es sei an der Zeit, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und ihre Arbeit koordinierten. Er regte ein „Testmodell“ an, um den Geflüchteten schnell einen Job zu verschaffen.

Man brauche keinen neuen Gipfel, sondern „nachhaltige Lösungen an denen sich die Bundesebene beteiligt“, betonte hingegen Catharina Johanna Nies (Grüne) an. Vieles von dem, was die SPD fordere, werde zudem schon umgesetzt. Die Regierungskoalition kritisierte zudem erneut den Bund. Seyran Papo (CDU) erklärte, Kommunen dürften sich nicht alleine gelassen fühlen. „Der Bund darf sich seiner Verantwortung nicht mehr entziehen.“

Alternativanträge angenommen

Einig zeigten sich alle Fraktionen, dass die Flüchtlingsströme der vergangenen Monate das Land und vor allem die Kommunen vor „massive Herausforderungen“ stellten. Die Kommunen „ächzten“ unter den Folgen. Angenommen wurden zwei Alternativanträge der Regierungskoalition. Sie loben die bisherigen Maßnahmen der Landesregierung und fordern von den zuständigen Ministerien, den Innen- und Rechtsausschuss weiterhin regelmäßig über die Ergebnisse der Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden zu informieren und quartalsweise schriftlich einen Sachstandsbericht zu den Themen Unterbringung und Integration vorzulegen.

Bis zum 12. Februar wurden laut Ausländerzentralregister insgesamt 31.680 Vertriebene aus der Ukraine registriert. Schleswig-Holstein hat laut Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge im Januar 920 Schutzsuchende erfasst, die nicht aus der Ukraine kamen.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Kriege in der Ukraine, in Syrien und Afghanistan, aber auch aufgrund des Terrors religiöser Extremisten rechnet die SPD mit weiteren Flüchtlingen, die für einen längeren Zeitraum in Schleswig-Holstein bleiben. Das Land soll daher einen Flüchtlingspakt „mit Akteuren in Politik, Wirtschaft, Kirchen, Sozial- und Flüchtlingsverbänden, Ehrenamt, Wohnungswirtschaft und Mittelstand“ schließen, heißt es in einem Antrag der Sozialdemokraten.

Kommunen, Wohnungswirtschaft, Hilfsorganisationen und Sozialverbände beklagen aufgrund der hohen Zahl von Geflüchteten zunehmend einen erheblichen Druck, vor allem bei der Unterbringung der Menschen. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte der Landtag daher in einer fraktionsübergreifenden Initiative rund 13 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant für Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung gestellt und die Summe auf 18 Millionen Euro aufgestockt.

Vierteljährliche Auskunft

Schon bei der Bewältigung der sogenannten „Flüchtlingskrise“ in den Jahren 2015 bis 2017 seien wichtige Erfahrungen gemacht, Strategien entwickelt und Strukturen geschaffen worden, die jetzt genutzt werden könnten und müssten, führt die SPD nun an. Land und Kommunen hatten 2015 unter dem Titel „Willkommen in Schleswig-Holstein! – Integration vom ersten Tag an“ eine Vereinbarung geschlossen, die die Reform und frühzeitige Integrationsorientierung der Landesaufnahme, eine bessere Steuerung und Verteilung der Flüchtlinge und eine bessere Unterstützung der Kommunen zum Gegenstand hatte.

Zudem fordern die Sozialdemokraten einen vierteljährlichen schriftlichen Bericht über die Unterbringungssituation von Geflüchteten. Darin sollen unter anderem die Belegungs- und Unterbringungssituationen in den Kommunen sowie Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften des Landes genannt, aber auch Informationen zu Betreuungsangeboten und zur Umsetzung der Wohnsitzregelung gegeben werden.

Flüchtlingsgipfel

Unterdessen fand am 16. Februar ein Flüchtlingsgipfel in Berlin statt. Dabei vereinbarten Bund, Länder und Kommunen eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. So soll ein digitales „Dashboard“ zur Migration bis auf die Landkreis-Ebene hinunter für Transparenz sorgen. Vereinbarungen über Geld vom Bund gab es nicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, es gebe einen klaren Fahrplan, um die Finanzierung weiter zu regeln und Bilanz zu ziehen. Hierüber wollen demnach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten um Ostern herum verhandeln.

Schleswig-Holstein hat laut Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge im Januar 920 Schutzsuchende erfasst, die nicht aus der Ukraine kamen. Das waren dreimal so viele wie im selben Vorjahresmonat. Im Dezember 2022 waren es 756 Schutzsuchende. Die häufigsten Herkunftsländer im Januar waren Syrien, Afghanistan und die Türkei. Die Zahl der Vertriebenen aus der Ukraine in den Landesunterkünften stieg den Angaben zufolge nur leicht von 587 auf 603. Bis zum 12. Februar wurden laut Ausländerzentralregister insgesamt 31 680 Vertriebene aus der Ukraine registriert.

Weiteres Containerfeld in Boostedt

Weitere Zahlen aus dem Landesamt: In den Landesunterkünften lebten im Januar durchschnittlich insgesamt 4325 Menschen und damit vier Prozent weniger als im Vormonat. 79 Ausreisepflichtige verließen das Land freiwillig, 6 wurden abgeschoben und 10 Menschen nach dem Dublin-Verfahren in zuständige europäische Länder überstellt. Um den Monatswechsel Januar/Februar wurde ein weiteres Containerfeld in der Landesunterkunft Boostedt mit 328 Betten in Betrieb genommen. Damit stellt das Landesamt den Angaben zufolge 7244 Betten zur Verfügung.

(Stand: 20. Februar 2023)

Antrag

Berichtsantrag zur Unterbringungssituation von Geflüchteten in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/682
Alternativantrag CDU und Grüne‒ Drucksache 20/751

Antrag

Wir fordern einen Flüchtlingspakt für Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 20/683
Alternativantrag von CDU und Grüne‒ Drucksache 20/752