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15. Dezember 2022 – Dezember-Plenum

Kita-Gesetz: „Helfende Händen“ sorgen für Unruhe

Ein schwarz-grüner Gesetzentwurf zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes sorgt für harsche Kritik bei der Opposition. Der Vorwurf: Die Regierung fahre die Kita-Reform „gegen die Wand“.

Rathje-Hoffmann CDU Plenum
Katja Rathje-Hoffmann: „Wir haben die Kinder, die Eltern und die Fachkräfte gut im Blick.“ Foto: Michael August

Können ungelernte Kräfte, sogenannte „Helfende Hände“, das überlastete Personal in Kindertageseinrichtungen sinnvoll unterstützen wie schwarz-grüne Landesregierung und die Koalitionsfraktionen meinen, oder bietet dieses Prinzip einen „Fehlanreiz“ und senke die Qualität entschieden ab? Das befürchtet die Opposition. Um diese Kernfrage drehte sich die gut 70-minütige Debatte über den Gesetzentwurf zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes. Dabei richtete sich scharfe Kritik an Sozialministerin Aminata Touré (Grüne). Der Vorwurf: Sie habe sich um eine Anhörung gedrückt ignoriere mahnende Stimmen und fahre die Kita-Reform „gegen die Wand“.

Sozialdemokraten und Liberale kritisierten den Gesetzentwurf, der schließlich mit der Mehrheit von CDU und Grünen angenommen wurde, scharf. Das Prinzip der „Helfenden Hände“ lehnten beide Fraktionen als „bedenklich“ und „viel zu bürokratisch“ klar ab. Der Gesetzentwurf sei „gründlich in die Hose gegangen“, kritisierte Heiner Garg (FDP). Ein Antrag der Liberalen zur Verbesserung der Kita-Situation fand keine Mehrheit. Ähnlich äußerte sich Sophia Schiebe (SPD): „Mit dem neuen Kitagesetz schafft die Landesregierung neue Probleme, ohne die alten zu lösen.“ Statt einer Fachkräfte-Initiative würden nun „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ geschaffen.

Touré: Entlastung der Fachkräfte

Die Ministerin wies die Vorwürfe klar zurück. Sie frage sich, ob die Opposition „eine Amnesie“ habe, erklärte Touré. „Helfende Hände“ sollten pädagogische Fachkräfte nicht ersetzen, sondern Fachkräfte entlasten. „Wir senken nicht die Qualität, sondern reagieren auf den akuten Mangel, der in den Einrichtungen herrscht“, erklärte die Ministerin. Als langfristiges Ziel kündigte sie einen „Betreuungsschlüssel von 2,5“. An die Eltern appellierte sie, noch einen Antrag zur Entlastung zu stellen.

„Wir helfen Kindern, Eltern und Fachpersonal“, unterstützte Katja Rathje-Hoffmann (CDU) den Gesetzentwurf. Vor allem die veranschlagten 7,5 Millionen Euro für die Fortsetzung eines Sprach-Kita-Programmes sorgten „für Inklusion und Teilhabe“. Da die Bundesförderung auslaufe, schaffe nun das Land „eine Win-Win-Situation“ für alle Seiten, so Rathje-Hoffmann.

Sprach-Kitas bleiben erhalten

Jette Waldinger-Thiering vom SSW warnte vor „einem Kollaps des Kita-Systems“. Die Mitarbeiter in der Frühkindbetreuung seien „am Limit der Leistungsfähigkeit“. Sowohl Bund wie auch Land täten zu wenig, mahnte sie.

Catharina Johanna Nies (Grüne) konterte. Man stärke „gezielt die soziale Ermäßigung“ und entlaste „tausende Eltern“. Mit der Fortsetzung des Kita-Sprachprogrammes könnten 238 Arbeitsplätze in 221 Kitas gehalten werden. Der Gesetzentwurf schaffe „Flexibilität – und die werden wir den Kitas nicht nehmen“, so Nies. Man helfe dabei, „eine Lücke zu schließen“. Keine Kita, die den Fachkräfteschlüssel bereits erreicht habe, werde dieses Fachpersonal nach Hause schicken. „Das ist doch irrational“, ergänzte CDU-Fraktionschef Tobias Koch.

Die Struktur der Sprach-Kitas im Land bleibt ungeachtet der auslaufenden Bundesförderung erhalten: Das Land legt ein Programm auf, das sich eng an den inhaltlichen Ansätzen und strukturellen Merkmalen des bisherigen Bundesprogramms orientiert.

Zwei Jahre nach den ersten Nachjustierungen der Kita-Reform steht der zweite Feinschliff des sogenannten Kindertagesförderungsgesetzes an. CDU und Grüne legen einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, der in Zweiter Lesung beraten werden soll. Dabei geht es um finanzielle Anpassungen. Eine Ausschussempfehlung steht noch aus; die will der Sozialausschuss in der Mittagspause des ersten Sitzungstages am Mittwoch abgeben. Die FDP fordert derweil in einem eigenen Antrag, die Kindertagesbetreuung in Schleswig-Holstein auch in der Krise weiterzuentwickeln.

Die Kita-Reform war im Dezember 2019 beschlossen worden und im August 2020 in Kraft getreten. Die nun am Regelwerk vorgesehenen Änderungen sollen das Acht-Punkte-Entlastungspaket im Bereich der Kindertagesförderung umsetzen sowie den Einsatz sogenannter „helfender Hände“ ermöglichen und den Ausgleich der Mehraufwendungen durch den neuen Tarifabschluss regeln, heißt es in der Begründung. Außerdem werden in dem Entwurf die jährliche Anpassung der Sachkostenwerte für Kindertageseinrichtungen sowie der Mindesthöhen und des Pauschalsatzes pro Kind im Bereich Kindertagespflege vorgenommen. Die Regierungskoalition verweist darauf, dass die hohe Inflationsrate im laufenden Jahr den Einrichtungen schwer zu schaffen mache. 

Die Struktur der Sprach-Kitas im Land bleibt derweil ungeachtet der auslaufenden Bundesförderung erhalten: Das Land legt ein Programm auf, das sich eng an den inhaltlichen Ansätzen und strukturellen Merkmalen des bisherigen Bundesprogramms orientiert.

Senkung der Elternbeiträge

Den Liberalen reicht das nicht aus. Sie fordern, dass der Beitragsdeckel für die U3-Betreuung auf die Höhe des Beitragsdeckels für die Betreuung von über-Dreijährigen abgesenkt wird. In einem weiteren Schritt sollen jährlich die Elternbeiträge sowohl im U3- als auch im Ü3-Bereich um jährlich mindestens 10 Prozent gesenkt werden. Ferner verlangt die FDP in ihrem Anfang Dezember eingebrachten Antrag, die Struktur und Angemessenheit der Verpflegungskosten im Rahmen der Evaluation des Kitagesetzes zu überprüfen. Und: In den Kreisen und kreisfreien Städten übrigbleibende Mittel sollen „für regional sinnvolle Maßnahmen zur Unterstützung der Kitas“ dienen. 

Die Landesregierung fordern die Liberalen auf, dem Sozialausschuss bis zum Ende des 1. Quartals 2023 eine Bewertung vorzulegen, ob die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen von den Beteiligten als ausreichend erachtet werden oder ob kurzfristig eine Sonderzahlung an Einrichtungen und Kindertagespflegepersonen zum Ausgleich der Mehrkosten nötig ist.

(Stand: 12. Dezember 2022)

ZweiteLesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grüne ‒ Drucksache 20/395
(Ausschussüberweisung am 25. November 2022)
Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses ‒ Drucksache 20/477

Antrag

Kindertagesbetreuung in Schleswig-Holstein auch in der Krise weiterentwickeln
Antrag der Fraktion der FDP ‒ Drucksache 20/502