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„Unambitioniert“, „sehr vage“, „kein guter Start“: Die Opposition hat scharfe Kritik am schwarz-grünen Koalitionsvertrag geübt. Schleswig-Holstein stehe vor großen Herausforderungen, sagte Oppositionsführer und SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller in seiner ersten Rede im Landtag: „Weder der Koalitionsvertrag noch die Aufstellung der Regierung lassen aber darauf schließen, dass Sie auf diese Aufgaben vorbereitet sind.“ Am Tag nach der Wiederwahl von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatten Sozialdemokraten, FDP und SSW eine Aktuelle Stunde im Landtag anberaumt, nachdem Günther angekündigt hatte, sein Regierungsprogramm erst nach der Sommerpause vor dem Landtag präsentieren zu wollen.
Auch diese Terminplanung kritisierte Losse-Müller: Die Menschen im Lande und auch der Landtag als „Herzkammer unserer Demokratie“ hätten es verdient, dass die Ziele von CDU und Grünen vorgestellt worden wären. „Wir hatten erst gestern unsere Kabinettssitzung“, entgegnete Finanzministerin Monika Heinold in Vertretung des heute erkrankten Regierungschefs. Die Regierung werde „in den nächsten Wochen“ ihr „Arbeitsprogramm“ aufstellen.
„Sie müssen richtig abliefern“
Das knapp 250 Seiten starke schwarz-grüne Vertragswerk enthalte „viele Worte, viele Versprechungen, viele Prüfaufträge“, merkte der SPD-Fraktionschef an. Die schwarz-grünen Ankündigungen würden aber nicht mit Geld und konkreten Zielmarken hinterlegt. Das sei „Wohlfühlpopulismus“. Schwarz-Grün gebe keine Antwort auf die „entscheidende Frage“, wie der Klimaschutz sozialverträglich organisiert werden solle und wie steigende Preise und Mieten bekämpft werden sollten.
„Uns allen stehen sehr harte Jahre bevor, und die Erwartungen an Sie sind hoch“, so FDP-Fraktionschef Christopher Vogt an die Adresse der Koalition: „Die Landesregierung muss richtig abliefern.“ Als Stichworte nannte Vogt die Bereiche Breitbandausbau, Verkehrsinfrastruktur, Krankenhäuser und Pandemiemanagement. Schwarz-Grün sei eine „Koalition der Gegensätze“, so Vogt: „Die Grünen wollen in vielen Fragen das Gegenteil von dem, was die Union will.“ Entsprechend sei der Koalitionsvertrag zwar umfangreich, aber man wolle „sich nicht festlegen“ und „nichts Neues wagen“.
Kritik an den Kosten für das Spitzenpersonal
„Sie fangen bei null an, und wir werden Sie an Ihren Leistungen messen“, betonte Lars Harms (SSW). Die Regierungspartner hätten zwar sehr viel aufgeschrieben, „aber eigentlich ist nichts verhandelt“. Harms forderte, den Friesisch-Unterricht auszubauen und die dänischen Schulen im Lande bei den Ganztagsangeboten mit den deutschen Regelschulen gleichzustellen. Zudem warnte er vor der angekündigten Reform des Kommunalwahlrechts mit weniger Sitzen in den Gemeinderäten und strengeren Vorgaben für die Bildung einer Fraktion. Dies sei ein „Angriff auf die Demokratie“.
Gemeinsam kritisierten alle Oppositionsfraktionen den neuen Zuschnitt der Ministerien. Der Bereich Gesundheit ist vom Sozial- ins Justizministerium gewandert, und die Landwirtschaft wurde aus dem Umweltressort herausgelöst. Das schwarz-grüne Kabinett hat zwei Minister und vier Staatssekretäre mehr als Jamaika. In der Summe schlägt der Personalzuwachs mit jährlich knapp zwei Millionen Euro zu Buche. Ministerin Heinold verteidigte diese Maßnahmen. Die Regierung müsse sich so organisieren, dass die Führungspositionen auch für junge Menschen mit Kindern und Familie „ausfüllbar“ seien.
„Schleswig-Holstein kann Bayern überholen“
Schleswig-Holstein habe die „Jahrhundertchance, zum großen Gewinner der Energiewende zu werden“, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch (CDU). Die Koalition habe sich deswegen das Ziel gesetzt, den Norden zum ersten klimaneutralen Bundesland zu machen. 2040 soll dies erreicht sein.
„Wir können die bayrische Erfolgsgeschichte nachvollziehen, einholen und überholen“, so Koch. Auf dem Weg vom Agrar- zum Industriestandort setze Schwarz-Grün auf eine moderne „Ansiedlungsstartegie“, denn „schon jetzt siedeln sich Unternehmen da an, wo es grünen Strom gibt.“
„Klimaschutz-Pionierregion“ Schleswig-Holstein
Der neue Grünen-Fraktionsvorsitzende Lasse Petersdotter sprach von „mitunter harten Verhandlungen“, aber man sei „immer zu einem guten Ergebnis gekommen“. Die Koalition sei „ein Bündnis, das breite Teile der Gesellschaft abdeckt“.
Schwerpunkt sei der Klimaschutz: Er solle als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden, zudem gebe es bald eine Solarpflicht auf Neubauten, alle Ministerien müssten eigene Klimaschutzpläne erarbeiten, und es werde einen „Wärmewendefonds“ für die Kommunen geben. Dies sei eine „Herkulesaufgabe“, aber der Norden könne „Klimaschutz-Pionierregion“ werden.
Die Opposition im Landtag hat eine Aktuelle Stunde zur Regierungsbildung und zu den Auswirkungen des Koalitionsvertrags von CDU und Grünen beantragt. Die Fraktionen von SPD, FDP und SSW begründeten dies letzten Donnerstag mit dem Ausbleiben einer Regierungserklärung von Daniel Günther (CDU), der am Mittwoch zum Ministerpräsidenten gewählt werden soll. Günther hatte angekündigt, die Leitlinien des Regierungskurses der neuen schwarz-grünen Koalition erst nach der Sommerpause vorzustellen.
Die Regierung wolle zunächst in einer Klausursitzung ein Arbeitsprogramm auf Basis des Koalitionsvertrags erstellen und dann auf dieser Grundlage die Regierungserklärung fertigen, sagte Regierungssprecher Peter Höver. SPD-Fraktionschef und Oppositionsführer Thomas Losse-Müller sprach dagegen von mangelndem Respekt gegenüber dem Parlament und den Wählern. Das Programm der neuen Landesregierung müsse im Parlament zeitnah besprochen werden – „das Land darf erwarten, dass die Regierung erklärt, wie sie mit den Herausforderungen dieser Zeit umgehen will“, so Losse-Müller.
CDU und Grüne haben sich in dem am Vortag der Landtagstagung unterzeichneten Koalitionsvertrag darauf verständigt, Klimaneutralität bis 2040 anzustreben und erneuerbare Energien auch an Land auszubauen. Ab 2025 ist für Neubauten eine Solardachpflicht vorgesehen. Bei der inneren Sicherheit setzte sich die CDU unter anderem mit mehr Befugnissen für die Polizei durch. Es soll auch eine Cyber-Hundertschaft gebildet werden. Bürgerbegehren werden erschwert.
Stichwort: Aktuelle Stunde:
Über eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.
Bei einer Aktuellen Stunde beraten die Abgeordneten ohne feste Rednerliste über einen landespolitischen Gegenstand von aktueller Bedeutung. Die Redezeit ist normalerweise auf fünf Minuten pro Beitrag begrenzt. Die Reden sollen frei gehalten werden. Die Gesamtredezeit der Abgeordneten darf 60 Minuten nicht überschreiten; hinzu kommt das Zeitkonto der Landesregierung von maximal 30 Minuten. Werden zwei Anträge ein einer Aktuellen Stunde behandelt, ist die Dauer auf eineinhalb Stunden beschränkt.
Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.
(Stand: 27. Juni 2022)
„Regierungsbildung in Schleswig-Holstein – Die Auswirkungen des Koalitionsvertrags der neuen Landesregierung“
Beantragt von den Fraktionen SPD, FDP und SSW ‒ Drucksache 20/40