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7. Juni 2022 – Konstituierende Sitzung

Kristina Herbst ist neue Landtagspräsidentin

Der Landtag wählt Kristina Herbst zur Parlamentspräsidentin. Die 44-Jährige erhält 57 Stimmen der 66 anwesenden Abgeordneten. Sie appelliert an den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Anliegen der Jugend, die Herausforderungen der digitalen Welt und die Kraft des Sports.

Herbst, Kristina Landtagspräsidentin Wahl Freude
Bewegt mit einem Lächeln im Gesicht nimmt die neue Landtagspräsidentin Kristina Herbst die Glückwünsche des Plenums entgegen. Foto: Thomas Eisenkrätzer

In einer Gesellschaft, die sich immer stärker aufspalte, müsse die Politik das Gemeinsame betonen. Sie müsse sich auf das digitale Zeitalter einlassen – und sie könne sich ein Beispiel am Sport nehmen. Diese Anregungen hat die frisch gewählte Landtagspräsidentin Kristina Herbst den Abgeordneten zum Beginn der neuen Wahlperiode mit auf den Weg gegeben. Die 44-jährige CDU-Politikerin war zuvor mit den Stimmen von 57 der 66 anwesenden Abgeordneten zum neuen Parlamentsoberhaupt gewählt worden. Es gab acht Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Ihr Vorgänger Klaus Schlie war zur Landtagswahl am 8. Mai nicht wieder angetreten.

„Wir erleben einen Prozess der gesellschaftlichen Fragmentierung und der Zementierung von Gräben“, so Herbst. „Die vielfältigen digitalen Kommunikationswege führen leider auch dazu, dass Teile unserer Gesellschaft entweder gar nicht mehr miteinander sprechen oder sich in menschenverachtenden Hassmonologen über die anderen ergehen.“ Statt auf parteipolitisches „Schwarz“ und „Weiß“ zu setzen, sollte der Landtag deshalb in seiner Kommunikation die gesellschaftliche Vielfalt abbilden – „ein ‚Bunt‘, das der Lebenswirklichkeit der Menschen weitaus mehr entspricht“ und dass die „Grundlage für eine realistische und vor allem machbare Politik bildet“. 

„Teamgeist, Engagement, Integration“

Angesichts von Klimawandel, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg seien viele Menschen verunsichert, betonte Herbst. „Die Generation der jungen Menschen fühlt sich oft in wichtigen Fragen nicht gehört und in ihren Anliegen nicht vertreten.“ Deswegen gehe es jetzt um eine „Politik, die die Menschen mitnimmt“. Die Abgeordneten müssten sich kritisch fragen: „Benutzen wir zur Erklärung unseres Handelns eine Sprache, die die Menschen verstehen?“

Konstituierende Sitzung Saalblick
Der Schleswig-Holsteinische Landtag bei seiner ersten Tagung in der 20. Wahlperiode. Foto: Thomas Eisenkrätzer

Als Leitbild für den politischen Betrieb könne der Sport dienen, unterstrich die Landtagspräsidentin: „Der Sport lehrt uns Teamgeist, den Wert ehrenamtlichen Engagements, und er ist ein hervorragendes Mittel der Integration und Inklusion von Menschen ganz verschiedener Herkunft und mit ganz unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Der Sport vereint die Generationen miteinander, er ermöglicht jedem Menschen eine Teilhabe, er vermittelt das Gefühl von Gleichwertigkeit.“

„Präsidentin des gesamten Parlaments“

Mit Blick auf ihre Arbeit als oberste Vertreterin des Landesparlaments wolle sie „Ansprechpartnerin für alle Fraktionen gleichermaßen sein“ und den Dialog suchen, um Konflikte beizulegen: „Ich bin Präsidentin des gesamten Parlaments.“

Und sie wolle den Landtag noch stärker in der Öffentlichkeit positionieren: „Im 21. Jahrhundert, in einer digitalen und mobilen Welt, muss auch dieser entscheidende Ort der Demokratie in unserem Land noch digitaler, ja, noch ernsthaft nachhaltiger und transparenter werden.“

Vereidigung der Abgeordneten

Vereidigung Abgeordnete konstituierende Sitzung
Verpflichtung: Stehend sprechen die Abgeordneten der Landtagspräsidentin die Eidesformel nach. Foto: Thomas Eisenkrätzer

In ihrer ersten Amtshandlung nahm die neue Landtagspräsidentin die Verpflichtung der am 8. Mai gewählten Abgeordneten des 20. Landtages vor. Die Abgeordneten sprachen Kristina Herbst gemeinsam stehend die Eidesformel nach und wurden anschließend einzeln von der Präsidentin mit Kopfnicken verpflichtet. Die Eidesformel der Abgeordneten lautet: Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigennutz zu dienen, so wahr mir Gott helfe.“ Der Eid konnte auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Wahl der Vizes

Präsidium Landtagspräsidentin Vizepräsidenten konstituierende Sitzung
Die Präsidentin und ihre fünf „Vizes“ präsentieren sich der Presse (v.li.): Peter Lehnert (CDU), Eka von Kalben (Grüne), Kristina Herbst, Beate Raudies (SPD), Jette Waldinger-Thiering (SSW), Annabell Krämer (FDP). Foto: Thomas Eisenkrätzer

Anschließend wählte das Plenum die Vizepräsidenten. Im Vorfeld der Tagung waren die Fraktionen übereingekommen, erstmals in der Geschichte des Landtages fünf Vizes zu wählen – jede Fraktion wurde bedacht. Gewählt wurden: Peter Lehnert (CDU), Eka von Kalben (Grüne), Beate Raudies (SPD), Annabell Krämer (FDP) und Jette Waldinger-Thiering (SSW).

Auch die Schriftführerin und ein Schriftführer wurden von den Abgeordneten bestimmt. Die Aufgabe nehmen in der neuen Wahlperiode die Abgeordneten Dagmar Hildebrand (CDU) und Anna Langsch (Grüne) wahr.

Service:
Die Rede der Präsidentin im Wortlaut
Pressefotos der Präsidentin

Im Mittelpunkt der konstituierenden Sitzung steht die Wahl eines Parlamentsoberhauptes. Nach parlamentarischer Tradition ist die CDU als stärkste Kraft vorschlagsberichtigt. Sie hat Kristina Herbst als Kandidatin nominiert. Die 44-Jährige soll die Nachfolge des ausscheidenden Landtagspräsidenten Klaus Schlie antreten, der bei der Landtagswahl im Mai nicht wieder angetreten war. Sollte Herbst gewählt werden – eine einfache Mehrheit ist ausreichend –, wird sie eine „Antrittsrede“ halten und im Anschluss daran ihre erste Amtshandlung tätigen: die Verpflichtung der Abgeordneten.

Stärkste Kraft im neuen Landtag mit nunmehr 69 Abgeordneten (in der 19. Wahlperiode waren es 73 Abgeordnete) ist die CDU, die 32 der insgesamt 35 Wahlkreise gewonnen hat und auch beim Zweitstimmenanteil mit 43,4 Prozent vorne lag. Es folgen die Grünen, die drei Wahlkreise erringen konnten, mit 18,3 Prozent der Zweitstimmen, die SPD mit 16 Prozent, die FDP mit 6,4 Prozent sowie der SSW mit 5,7 Prozent. Für die Sitzverteilung bedeutet dies: Die Union stellt 34 Abgeordnete, die Grünen kommen auf 14 Abgeordnete, die Sozialdemokraten auf 12, die Liberalen auf 5 und der SSW auf 4. Mehr Infos zur Wahl: Wahlergebnis, „Blick in den neuen Landtag“.

Weitere Wahlvorgänge gelten anschließend den Landtagsvizepräsidenten. Im Vorfeld der Tagung kamen die Fraktionen überein, erstmals in der Geschichte des Landtages fünf Vizes zu wählen – jede Fraktion soll bedacht werden. Die CDU nominierte Peter Lehnert und die Grünen benannten ihre bisherige Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben. Die SPD-Fraktion schlägt Beate Raudies vor und die FDP-Fraktion erneut Annabell Krämer. Die SSW-Fraktion nominierte Waldinger-Thiering. Der SSW hatte das Amt der Landtagsvizepräsidentin bisher noch nie besetzt. Die Partei ist nach der Wahl am 8. Mai nunmehr mit vier Abgeordneten im Parlament vertreten und hat damit offiziell Fraktionsstatus.

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Stichwort:
Aufgaben
der Landtagspräsidentin

Die Landtagspräsidentin leitet die Plenarsitzungen des Landtags, steht der Landtagsverwaltung vor und vertritt das Parlament in der Öffentlichkeit.

In den Plenarsitzungen erteilt sie das Wort, nimmt Abstimmungen vor und kann bei Verstößen gegen die Geschäftsordnung Sanktionen erteilen - zum Beispiel Ordnungsrufe. Diese Sitzungsleitung nimmt die Präsidentin unabhängig von ihrer eigenen Parteizugehörigkeit wahr. Zudem übt sie das Hausrecht im Landeshaus aus. Sie ist Dienstherrin der rund 150 Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Landtages verantwortlich. So macht sie dem Finanzminister Vorgaben zur Aufstellung des Landtags-Haushalts.

In der Öffentlichkeit tritt die Präsidentin beispielsweise bei Verbandstagungen, Kongressen oder Feierstunden auf. Zudem ist sie auf Bundes- und Europa-Ebene aktiv (etwa in der Landtagspräsidentenkonferenz oder der Ostseeparlamentarierkonferenz). Zu diesen Anlässen vertritt die Landtagspräsidentin das Parlament in seiner Gesamtheit.

Die Landtagspräsidentin oder der Landtagspräsident wird von den Abgeordneten aus ihrer Mitte für die Dauer der Wahlperiode mit einfacher Mehrheit gewählt. Nach parlamentarischem Brauch stellt die stärkste Fraktion die Präsidentin oder den Präsidenten. Die Wahl erfolgt in der Regel in parteiübergreifender Geschlossenheit – eine Kampfabstimmung über diesen Posten gab es nur zwei Mal: 1950 und 1954.

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Stichwort:
Verpflichtung / Eidesformel

Die Eidesformel der Abgeordneten lautet:

“Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigennutz zu dienen, so wahr mir Gott helfe.“

Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. 

Die Abgeordneten sprechen gemeinsam stehend der Landtagspräsidentin die Eidesformel nach und werden anschließend einzeln von der Präsidentin per Handschlag verpflichtet.

Die Ableistung des Abgeordneteneides ist eine schleswig-holsteinische Besonderheit. Beim Bundestag und bei den meisten anderen Landesparlamenten ist ein Eid nicht vorgesehen. Lediglich die Abgeordneten des Sächsischen Landtages nehmen eine ähnliche Verpflichtung vor.

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Stichwort:
Abgeordnete

Abgeordnete sind die Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das besagen sowohl das Grundgesetz als auch die schleswig-holsteinische Landesverfassung. Zu den wesentlichen Aufgaben von Parlamentsabgeordneten gehören die Mitarbeit an Gesetzen sowie die Wahl des Regierungschefs und die Kontrolle der Regierungsarbeit. Hierzu können sie Anträge und Fragen an die Regierung stellen. Um die Arbeitsbelastung effektiv aufzuteilen, schließen sich Abgeordnete einer Partei zu Fraktionen zusammen, die dann in der Regel ihre Position geschlossen nach außen vertreten, zum Beispiel durch ein einheitliches Abstimmungsverhalten im Landtag. 

Bestimmte Berufe sind mit einem Landtagsmandat nicht vereinbar. Dazu gehören etwa Beamte bei einer obersten Landesbehörde, Richter, Staatsanwälte, Soldaten und Bürgermeister. Abgeordnete mit einer dieser Tätigkeiten müssen diese ruhen lassen, solange sie dem Parlament angehören.

Stichwort:
Vizepräsidenten

Die Vizepräsidenten unterstützen die Landtagspräsidentin und vertreten sie bei öffentlichen Auftritten, etwa bei Terminüberschneidungen. In den Plenarsitzungen amtieren die Präsidenten und seine Stellvertreter im turnusmäßigen Wechsel als Sitzungsleiter. Die Vizes nehmen gemeinsam mit dem Präsidenten und den Fraktionsvorsitzenden an den Sitzungen des Ältestenrats teil.

Wahlvorschlag

Wahl und Vereidigung der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten
Wahlvorschlag der Fraktion der CDU – Drucksache 20/1

Wahl der Vizepräsidentinnen oder der Vizepräsidenten
Wahlvorschlag der Fraktion der CDU – Drucksache 20/2
Wahlvorschlag der Fraktion B´90/Die Grünen – Drucksache 20/4
Wahlvorschlag der Fraktion der SPD – Drucksache 20/5
Wahlvorschlag der Fraktion der FDP – Drucksache 20/6
Wahlvorschlag der Fraktion des SSW – Drucksache 20/7