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Der Ukraine-Krieg wirkt sich unmittelbar auf den Energiesektor in Schleswig-Holstein aus. Auch innerhalb der Koalition gibt es Differenzen, wie Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas erreicht werden kann.
Die Zahlen sind insgesamt überschaubar: 2021 betrug das Außenhandelsvolumen Schleswig-Holsteins mit Russland rund 1,3 Prozent, das mit der Ukraine nur 0,2 Prozent. Dennoch erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP), die Auswirkungen des Ukraine-Krieges seien im Land „vielfältig, sehr heterogen und nicht absehbar“. Da einige Güter sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine kommen, würden „viele Dinge schlicht teurer“, so Buchholz in einer fast zweistündigen, emotionalen Energiedebatte, in der deutliche Differenzen auch innerhalb der Regierungskoalition deutlich wurden. In der Debatte wurden insgesamt sieben Anträge behandelt.
Laut Buchholz haben 250 Unternehmen aus Schleswig-Holstein Lieferbeziehungen oder sogar Produktionsstätten in der Ukraine oder Russland. Dennoch unterstützten auch diese Firmen wie die Landesregierung die Sanktionen gegenüber Russland. Der „russische Aggressor“ Wladimir Putin müsse wirtschaftlich in seine Schranken gewiesen werden und da machten die Unternehmen mit, lobte Buchholz. Entscheidend sei jedoch, ob man den, den man treffen wolle, auch trifft oder vielmehr sich selbst. „Wir müssen mit kühlem Kopf gucken, welche Auswirkungen das hat“, mahnte der Minister.
Buchholz betonte, man sei noch über Jahre und Jahrzehnte auf fossiles Gas angewiesen. Das zeigten zum Beispiel die neu produzierten Ro-Ro-Fähren mit LNG-Antrieb in Flensburg, aber auch viele moderne Gasheizungen im Privatbetrieb. Energieminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) hielt dagegen, man müsse „schnellstmöglich“ unabhängig werden von Energie aus Russland und wolle dabei „die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien“. Eine Ausweitung der Erdöl-Förderung auf der Plattform Mittelplate in der Nordsee müsse „mit klaren Ausstiegsdaten“ versehen werden, so der Minister.
Das sah der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian (CDU) anders. Es müssten „alle Möglichkeiten einer eigenen Produktion von Energie“ ausgeschöpft werden, um die Abhängigkeit zu verringern, sagte er. Dazu zähle auch der Ausbau der Ölförderung von der Plattform Mittelplate in der Nordsee
Noch deutlicher wurde Grünen-Energieexperte Joschka Knuth. Eine von der FDP geforderte Ausweitung der Ölförderung in der Nordsee sei „kein Heilsbringer“. Man könne so maximal drei Prozent des russischen Öls kompensieren. Auch eine von den Liberalen ins Spiel gebrachte Weiternutzung von Atomenergie lehnte Knuth klar ab. Das sei „absurd“. Oliver Kumbartzky (FDP) hielt dagegen: Man dürfe sich in dieser Situation „keiner Lösung verschließen.“
Die Forderung der CDU, Naturschutz-Stilllegungsflächen für die Nahrungsmittel-Produktion zu nutzen, wiesen sowohl Grüne wie auch SSW und SPD zurück. So könne man die globale Weizenproduktion um „maximal 0,1 Prozent“ erhöhen, das sei „trivial“ hieß es. Christian Dirschauer (SSW) und Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) mahnten, stattdessen bisherige Flächen für den Futtermittelanbau nun für Nahrungsmittel zu nutzen. Zudem müsse der Fleischkonsum „deutlich überdacht“ werden, sagte Eickhoff-Weber. Der SSW lehnte zudem einen LNG-Terminal in Brunsbüttel noch einmal deutlich ab. Das habe sich zum „goldenen Kalb entwickelt“, für das „bisherige Prinzipien über Bord geworfen“ geworfen werden, so Dirschauer.
Für das LNG-Terminal, aber gegen Atomkraft sprach sich Thomas Hölck (SPD) aus. Es sei „peinlich“, dass nun eine Pipeline für grünen Wasserstoff aus Dänemark nach Hamburg gebaut werde, von der Schleswig-Holstein nicht profitiere. Und: „Im Haushalt stehen 40 Millionen Euro“, so Hölck, davon seien nicht mal eine Million ausgegeben.
Für den AfD-Zusammenschluss im Landtag forderte Volker Schnurrbusch die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im Rahmen der geplanten EU-Sozialtaxonomie als nachhaltig eingestuft werden. Die Unternehmen der Wehrtechnik leisteten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität in Europa, sagte Schnurrbusch. Der AfD-Antrag wurde jedoch abgelehnt.
Der Antrag von CDU, Grünen und FDP, den LNG-Terminal in Brunsbüttel als Multi-Energie-Terminal zügig zu realisieren, wurde auch von der SPD begrüßt. SSW und AfD stimmten dagegen.
Der SPD-Antrag Energiesouveränität voranzubringen erhielt keine Mehrheit, stattdessen wurde der Alternativantrag der Jamaika-Koalition angenommen.
Schließlich fand der ebenfalls von der Jamaika-Koalition eingebrachte Antrag „Energieversorgung sichern – Erdölförderung befristet gestatten“ eine deutliche Mehrheit. Nur die SPD votierte dagegen.
Ein Dringlichkeitsantrag der Koalition, mit dem mehrere Industrieansiedlungen an der Westküste begrüßt wurden, wurde einstimmig angenommen.
Zum Abschluss des ersten „Ukraine“-Sitzungstages befassen sich die Abgeordneten schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen des Krieges auf die Wirtschaft, die Landwirtschaft und die Energie. Insgesamt sechs Anträge liegen auf dem Tisch, darunter zwei Berichtsanträge der Koalitionsfraktionen zu der allgemeinen wirtschaftlichen Situation sowie zum Bereich Ernährungswirtschaft ‒ Hauptprobleme hier: knappe Ressourcen und hohe Energiepreise.
Die direkten wirtschaftlichen Belastungen der EU-Sanktionen gegen Russland seien für die meisten Unternehmen im Land beherrschbar, hatte zu Monatsanfang der Vizepräsident der Industrie und Handelskammer, Knud Hansen, gesagt. Gleichwohl sei die Betroffenheit in Einzelfällen hoch, etwa wegen ausstehender Zahlungseingänge oder logistischer Hindernisse für Warentransporte. So fehlten plötzlich Zehntausende ukrainische Lastwagenfahrer in Diensten polnischer Spediteure auch für Fahrten in Westeuropa. Die Ausschläge an den Rohstoff-, Energie- und Getreidebörsen träfen alle Gewerbetreibenden und Verbraucher. Zu befürchten sei auch, dass das Russlandgeschäft hiesiger Unternehmen vorübergehend zum Erliegen komme.
Ein Antrag des AfD-Zusammenschlusses fordert zum Thema Wehrtechnik dazu auf, dass die deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im Rahmen der geplanten EU-Sozialtaxonomie als nachhaltig eingestuft werden. In Schleswig-Holstein gehört der Marineschiffbau zu den Zugpferden in der Wehrtechnik. So werden in Kiel U-Boote und Korvetten gebaut, aber auch wichtige Zulieferprodukte kommen von hier.
Für die Leistungsfähigkeit der Wehrtechnik in Deutschland sei es wichtig, die Fähigkeiten der Unternehmen in die Programme der Bundesregierung einzubringen, sagte kürzlich Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Es passe auch nicht in die Zeit, Investitionen in Wehr- und Rüstungstechnik als nicht nachhaltig zu kritisieren. Der Bund hatte zuvor ein Sondervermögen „Bundeswehr“ mit 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben aufgelegt.
Im Bereich der Energiewirtschaft liegt der Fokus darauf, sich von Gas- und Öl-Lieferungen aus Russland unabhängiger zu machen und die gestiegenen Preise für Unternehmen und Bürger zu kompensieren. So begrüßt die SPD in einem Antrag den von Land und Bund geplanten Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel ebenso wie die Abschaffung der EEG-Umlage, die bereits beschlossenen Heizkostenzuschüsse und die Erhöhung der Pendlerpauschale. Zudem gelte es, für noch mehr Entlastungen bei den Heizkosten und den Strompreisen zu sorgen. Des Weiteren machen die Sozialdemokraten mehrere Vorschläge zur Energieeinsparung und fordern auf, grünen Wasserstoff verstärkt zu fördern.
CDU, Grüne und FDP rufen schließlich noch dazu auf, „die vorübergehende Erweiterung der Erdölförderung über die Plattform Mittelplate im Rahmen der bestehenden Regelungen zu unterstützen“. Dies stellen die Koalitionsfraktion unter die Bedingung, den Schutz des Wattenmeeres zu beachten und die Förderung von Kohlenwasserstoffen in Schleswig-Holstein früher als 2041 zu beenden.
Dringlichkeitsantrag zur „Energieküste“
Ferner wird ein Dringlichkeitsantrag aufgerufen, Darin rufen die Koalitionsfraktionen dazu auf, dass der Landtag zu der in Aussicht stehenden Ansiedlung einer Batteriezellenproduktion des schwedischen Unternehmens northvolt sowie dem künftigen LNG-Terminal in Brunsbüttel bekennen möge. Mit weiteren Projekten wie der Batteriezellenforschung, der Halbleiterproduktion und der Erzeugung von Wasserstoffsrei sei die Westküste auf dem Weg, als Standort für nachhaltige Industrieansiedlungen attraktiv zu werden, heißt es weiter in der Vorlage.
Der Antrag listet insgesamt neun Projekte und Maßnahmen in der Nordsee-Region auf. In diesem Zuge wird die Landesregierung gebeten, „die Regionen der Energieküste bei der Umsetzung der dort geplanten Vorhaben weiterhin tatkräftig und zielgerichtet zu unterstützen.“
(Stand: 21. März 2022)
Vorherige Debatten zum Thema:
Februar 2022
Mai 2019 (Rüstungsexport)
Ausschusssitzungen zum Thema:
Wirtschaftsausschuss
Umwelt-, Agrar- und Digitalausschuss
Für eine leistungs- und wettbewerbsfähige Wehrtechnikbranche - Sicherheits- und Verteidigungsindustrie als nachhaltig einstufen
Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD ‒ Drucksache 19/3672
Bericht zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Land- und Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP ‒ Drucksache 19/3728
Bericht zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Wirtschaft in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP ‒ Drucksache 19/3732
LNG-Terminal in Brunsbüttel als Multi-Energie-Terminal zügig realisieren
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP ‒ Drucksache 19/3733
Energiesouveränität voranbringen
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 19/3735
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP ‒ Drucksache 19/3760
Energieversorgung sichern – Erdölförderung befristet gestatten
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP ‒ Drucksache 19/3741
Välkommen northvolt – Schleswig-Holsteins Westküste wird zum Vorzeigestandort für nachhaltige Industrieansiedlungen
Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP ‒ Drucksache 19/3755