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25. Februar 2022 – Februar-Plenum

Emotionale Debatte zur Versorgung von Schwangeren

Die SPD spricht von dramatischen Zuständen angesichts neuer Schließungen von Geburtsstationen. Die Koalitionsfraktionen sehen es gelassener. Alle sind sich einig: Eine gute Versorgung von Schwangeren muss gesichert sein.

Kreisssaal Ärtze Hebamme Geburt Schwangerschaft
Der Landtag diskutiert über die Forderung nach einem Paradigmenwechsel in der Geburtshilfe und bei der Versorgung von Schwangeren. Foto: dpa, Waltraud Grubitzsch

In einer emotional geführten Debatte hat die SPD im Landtag ihrem Ärger über die Situation der Geburtshilfe im Land Luft gemacht. Der Vorwurf: Die Jamaika-Koalition habe es versäumt, sich um das Thema zu kümmern – das Ergebnis sei dramatisch. Die Koalitionsfraktionen halten dagegen und werfen den Sozialdemokraten im Gegenzug vor, das Thema für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. Inhaltlich war sich der Landtag mehrheitlich einig, dass die Vergütungsstrukturen verbessert und eine Eins-zu-Eins-Versorgung durch Hebammen sichergestellt werden müsse.

Die Situation habe sich in den vergangenen Jahren verschärft und sei besorgniserregend, sagte SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli. Die Schließung von immer mehr Geburtsstationen habe „dramatische Folgen“: Sie bedeute weitere Wege und gefährde die Sicherheit von schwangeren Frauen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nannte Midyatli „Totengräber der Geburtsstation in Eckernförde“ – er habe sein Wort gebrochen, als er versprochen habe, die Geburtshilfe sei gesichert, so ihr Vorwurf.

„Qualitätsvorgaben lassen sich nicht wegdiskutieren“

„Sie politisieren das Thema“, konterte Katja Rathje-Hoffmann (CDU). Die Ansprüche an die Geburtshilfe hätten sich verändert. Mit zunehmendem Durchschnittsalter der Schwangeren sei auch die Zahl der Risikoschwangerschaften höher als noch in den 1980er Jahren. Der Wunsch nach Sicherheit sei groß. Auch dadurch würden kleinere Geburtskliniken in Schwierigkeiten geraten. Der Kreis Rendsburg-Eckernförde sei in der Versorgung dennoch „gut aufgestellt“.

Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) gab zu bedenken, dass die Regeln hierzulande in den „bundespolitischen Rahmen“ eingepasst werden müssten. „Die Qualitätsvorgaben lassen sich nicht wegdiskutieren“, so der Minister. Durch die Bundesvorgaben stehe die Geburtshilfe in Schleswig-Holstein vor klaren Herausforderungen. Er sprach sich für mehr hebammengeleitete Kreißsäle und einen besseren Versorgungsschlüssel für Hebammen aus. Dafür setze er sich auf Bundesebene ein.

Der SPD-Antrag mit der Forderung nach einem Aktionsplan für die Geburtshilfe bekam keine Mehrheit, angenommen wurde ein Alternativantrag der Koalitionsfraktionen mit dem Wunsch, die Angebote in der Geburtshilfe auf Grundlage der bestehenden bundesrechtlichen Vorgaben weiterzuentwickeln.

Weitere Redner:
Marret Bohn (Grüne), Anita Klahn (FDP), Jette Waldinger-Thiering (SSW), Claus Schaffer (AfD-Zusammenschluss)

An vielen Standorten schließen derzeit die Kreißsäle, längst betrifft das Problem nicht mehr nur die Inseln und Halligen. Dem wollen SPD und SSW mit einem Aktionsplan entgegenwirken, mit dem die Geburtshilfe im Land gestärkt werden soll. Es brauche einen Paradigmenwechsel in der Geburtshilfe und Veränderungen der Rahmenbedingungen, „damit Frauen eine sichere Geburt in ganz Schleswig-Holstein erleben und Hebammen in ihrem Beruf bleiben und kein Nachwuchsmangel entsteht“, heißt es in ihrem Antrag. 

Zu den sechs Punkten, die SPD und SSW in ihrem Anforderungskatalog für einen solchen Aktionsplan nennen, zählt unter anderem die Einführung eines Personalschlüssels für eine 1:1 Betreuung durch Hebammen während der Geburtsphase sowie die Evaluierung von finanziellen Aspekten wie die Vergütung von Spontangeburten gegenüber Kaiserschnittgeburten. Und auch telemedizinische Angebote sollen ausgebaut werden.

Hebammen besorgt

Zuletzt hatte sich auch der Hebammenverband Schleswig-Holstein besorgt über die Situation der Geburtshilfe im Land gezeigt. In einem Anfang Februar veröffentlichten offenen Brief wendet sich der Verband mit seinen Sorgen über die Schließungen von Kreißsälen an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden im Landtag. Die Kreißsäle würden gegen Widerstand von Frauen und Bevölkerung geschlossen, heißt es in dem Brief. Ein Viertel der Kreißsäle in Schleswig-Holstein seien im Laufe der vergangenen zehn Jahre geschlossen worden. Der Verband wies darauf hin, dass dies für Frauen weitere Wege, längere Fahrtzeiten, eine Gefährdung in Notfallsituationen sowie eine schlechtere Versorgung bedeute.

(Stand: 21. Februar 2022)

Vorherige Debatten zum Thema:
Oktober 2021
Dezember 2017

Antrag

Geburtshilfe in Schleswig-Holstein stärken
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drucksache 19/3628 
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP ‒ Drucksache 19/3671