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26. Januar 2022 – Januar-Plenum

Erneut Streit über Straßenausbaubeiträge

Innenministerin Sütterlin-Waack erläutert ihren Entwurf zur Reform des Kommunalabgabengesetzes. Neuerungen betreffen Kurabgabe und Straßenausbaubeiträge – und die sorgen für Zündstoff.

Kommunalabgabengesetz Kurabgabe Inseln Halligen Tagestourismus
Bei einem Ausflug an die Nordsee kann auch auf Tagesgäste eine Kurabgabe zukommen. Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Die Gemeinden im Land sollen mehr Entscheidungsfreiheit bekommen: Das ist das Ziel der Reform des Kommunalabgabengesetzes, deren Eckpunkte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) heute im Plenum vorgestellt hat. Hauptstreitthema in der Debatte: Straßenausbaubeiträge.

Mit dem Entwurf wolle die Landesregierung „echte Flexibilität und Gestaltungsspielräume“ schaffen und das Kommunalabgabengesetz an die aktuelle Rechtsprechung anpassen, so Sütterlin-Waack. Es werde etwa eine Eigenbeteiligung der Kommunen bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ermöglicht. Die Landesregierung habe in dieser Legislaturperiode bereits die Pflicht zur Erhebung der Beiträge abgeschafft und eine Kompensation für die Mindereinnahmen über den kommunalen Finanzausgleich für die Kommunen geschaffen. Die Reform schaffe nun eine „echte Wahlmöglichkeit“ und stärke die kommunale Selbstverwaltung.

SPD: „Reform ist eine Mogelpackung“

Die Ministerin verwies dabei auch auf Mittel in Höhe 68 Millionen Euro, die die Landesregierung den Gemeinden über das Finanzausgleichsgesetz neuerdings für Investitionen in Straßen, Wege und Plätze zur Verfügung stelle. Zusätzlich gebe es neuen Spielraum für die Erhebung der Kurabgabe. Mit der neuen Regelung könnten die Gemeinden zukünftig je nach ihrer individuellen Situation selber entscheiden, von welcher Gästegruppe sie die Kurabgabe erheben. Und auch der gesetzliche Rahmen für Gebührenermäßigungen werde erweitert. „Zukünftig können Gemeinden auch für soziale oder kulturelle Zwecke oder für Veranstaltungen, die dem Wohl aller dienen, die Gebühren reduzieren“, so Sütterlin-Waack.

Die SPD-Abgeordnete Beate Raudies bezeichnete die Neuerungen bei den Straßenausbaubeiträgen als „Eingeständnis, dass die finanzielle Kompensation, die Jamaika den Gemeinden über den Finanzausgleich gewährt, nicht ausreichend ist“. Die Reform sei eine „Mogelpackung“. Denn: Echte Wahlfreiheit hätten nur die Kommunen, die ohnehin finanziell gut ausgestattet seien. Raudies forderte eine komplette Abschaffung der Ausbaubeiträge für Anwohner.

Liberale sprechen von Tragödie

„Es ist nicht so, dass wir die Kommunen im Stich gelassen haben“, setzte Ines Strehlau (Grüne) ihrer Vorrednerin entgegen. Mehr als 80 Prozent der Gemeinden hätten ihre Ausbaubeiträge bereits abgeschafft. Und um diesen Kommunen größere Spielräume zu schaffen, werde ein kommunaler Eigenanteil ermöglicht. Stephan Holowaty (FDP) positionierte sich ebenfalls klar gegen Straßenausbaubeiträge und bezeichnete sie als „Tragödie“, die viele Menschen ins Existenzängste bringe.

Der Gesetzentwurf wurde an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.

Weitere Redner:
Ole Plambeck (CDU), Lars Harms (SSW)

Gemeinden sollen künftig selbst entscheiden können, ob sie eine Kurabgabe von Übernachtungs- und Tagesgästen erheben, ob sie bereits in anderen Orten entrichtete Kurabgaben anerkennen und ob sie sich an Straßenausbaubeiträgen beteiligen wollen. Das sind drei zentrale Punkte eines Entwurfes des Innenministeriums zur Reform des Kommunalabgabengesetzes, den der Landtag in Erster Lesung diskutiert.

Das zwölfseitige Papier beinhaltet zudem eine Änderung des Zitiergebots und eine Erweiterung des Rahmens für die Gewährung von Gebührenermäßigungen. Ferner sieht es außerordentliche Abschreibungen bei Abgangsverlusten und eine Anpassung der Regelungen über die Entstehung und Festsetzung der Abgabenschuld vor. Nötig seien die Schritte durch die laufende Verwaltungspraxis und neue Rechtsprechung, heißt es zur Begründung.

Gemeinden können sich mehr beteiligen

Bisher steht es Kommunen frei, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht. Es besteht eine Entweder-oder-Regelung. Nun sollen Gemeinden, die an der Erhebung der Beiträge grundsätzlich festhalten, durch einen erhöhten Gemeindeanteil Grundstückseigentümer entlasten können. Damit, so das Innenministerium, würde der Schritt von der bisherigen „Entweder-oder-“ zu einer zukünftigen „Sowohl-als-auch-Regelung“ vollzogen werden. Aus der SPD wurden zuletzt Stimmen laut, alle Kommunen so auszustatten, dass sie überhaupt keine Straßenausbaubeiträge erheben müssen.

Bei der Kurabgabe sollen die Gemeinden nun ebenfalls entscheiden, ob und wie oft sie erhoben wird. Haben Tagestouristen zum Beispiel bereits an einem Ort gezahlt, kann das an anderen Orten anerkannt werden. Eine erneute Abgabe ist dann nicht mehr nötig. So wolle man den Tourismus im Land attraktiver machen, heißt es im Gesetzentwurf.

Kosten-Nutzen-Effekt prüfen

Und: Da eine „Heranziehung von kurzzeitigen Gemeindebesuchern“, wie beispielsweise Radausflügler, Strandspaziergänger oder Einzelpersonen, die im Gemeindegebiet ein Restaurant besuchen, aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse in den Gemeinden häufig nicht praktikabel und auch nicht kostendeckend ist, soll von der Erhebung der Kurabgabe von Tagesgästen abgesehen werden können. Die Kurabgabepflicht würde sich dann lediglich auf Übernachtungsgäste beschränken.

(Stand: 24. Januar 2022)

Vorherige Debatte/Meldung zum Thema:
Oktober 2020 (Reform kommunaler Finanzausgleich)
Juni 2018 (Kurabgabe Tagestouristen)

Erste Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein
Gesetzentwurf der Landesregierung ‒ Drucksache 19/3527
Federführend ist das Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung)