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Schleswig-Holstein soll zum Bahnland Nummer 1 werden. Ziel ist es laut Landesregierung, das Nahverkehrsaufkommen bis 2026 gegenüber 2019 um 20 Prozent zu steigern. Allerdings schränkte Sozialminister Heiner Garg (FDP) in Vertretung von FDP-Verkehrsminister Buchholz bei der Vorstellung des fünften landesweiten Nahverkehrsplans ein, man sei in Schleswig-Holstein „nicht bei Wünsch Dir was“. Aufgrund der fehlenden Mittel könne nicht alles umgesetzt werden. Die bisher geplanten Investitionen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro müssten durch den Bund aufgestockt werden, forderte der Garg und stellte klar: „Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sollen besser werden und künftig alle Bahnstationen barrierefrei sein.“
Garg zählte einige geplante Maßnahmen auf. Dazu gehören die Anschaffung von 55 batterieelektrischen Zügen, die Reaktivierung der Bahnstrecke Wrist-Kellinghusen, ein Expresszug von Neumünster nach Norderstedt oder Nahverkehr könne jedoch „nicht nur in Fünf-Jahres-Schritte gedacht werden“, so der Minister. Für einen späteren Zeitpunkt sei auch der Ausbau der S4 nach Bad Oldesloe und Elmshorn oder ein Halbstundentakt zwischen Niebüll und Husum geplant.
Der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, Kai Vogel, monierte, für eine Verkehrswende brauche es mehr als einen Plan. Er nannte es „ein Armutszeugnis“, dass sich die Jamaika-Koalition seit über vier Jahren nicht auf eine neue inhaltliche Strategie für den Schienenausbau habe einigen können. „Wenn Ihnen der Schienenausbau so wichtig wäre, wie Sie immer vermitteln, dann hätten ganz, ganz viele Bürgerinnen und Bürger viel schnelleres Handeln und deutlich schnellere Entscheidungen verdient gehabt, als 55 Monate auf Ihre verschriftlichten Vorstellungen für Verbesserungen für den Schienennahverkehr warten zu müssen“, sagte er.
Viel Lob für den neuen Nahverkehrsplan gab es dagegen von Andreas Tietze (Grüne). Der Landesverkehrsplan sei der Beste, den er bisher im Haus verabschiedet habe. „Wir haben jeden Stein umgedreht.“ Die wissenschaftliche Expertise habe zwar Zeit gekostet, aber auch das entsprechende Ergebnis gebracht. Und Lukas Kilian (CDU) betonte, es müsse Schluss sein, „dass wir Dieselloks einsetzen, obwohl wir Windstrom im Überfluss haben“. Ziel bleibe ein klimaneutraler SPNV. Entscheidend sei, Projekte nicht wie bisher nur aufzulisten, sondern auch zu priorisieren, hob Stephan Holowaty (FDP) hervor.
Christian Dirschauer (SSW) lobte den Bericht zwar als „gute Handlungsgrundlage“, erkannte aber auch noch Schwachstellen vor allem im Landesteil Schleswig. Und Volker Schnurrbusch (AfD) erklärte, seine Partei stehe „vorbehaltlos hinter dem motorisierten Individualverkehr“. Dennoch müssten Bahnstrecken ausgebaut werden.
Der Antrag der Jamaika-Koalition zur Stärkung des SPNV mit einer Regio-S-Bahn für Lübeck und das Umland wurde bei Enthaltung der SPD angenommen. Der Landesnahverkehrsplan soll im Wirtschaftsausschuss abschließend beraten werden.
Der öffentliche Personenverkehr zu Wasser und auf der Schiene steht im Fokus einer breiten Verkehrsdebatte. Im Mittelpunkt dabei: Die von der Landesregierung angepeilten Ziele, mehr Pendler zum Umstieg auf die Bahn zu überzeugen. Dies ist auch der Schwerpunkt des neuen Nahverkehrsplan, den Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) im Plenum vorstellen wird. Ein weiteres Thema ist die derzeit in Insolvenz verkehrende Elbfähre zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven. Hier fordert der AfD-Zusammenschluss die Härtefallkommission auf, „ihre abschlägige Entscheidung zu überprüfen und der Betreibergesellschaft Zugang zu Corona-Hilfen zu gewähren“.
Die Fähre „Greenferry I“ war am 1. März 2021 gestartet, sie fährt zwischen Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und Cuxhaven in Niedersachsen täglich im Drei-Stunden-Takt. Wegen der Corona-Beschränkungen war das Geschäft zu Ostern und Pfingsten nicht so wie von den Betreibern erhofft angelaufen. Im November meldete die Elbferry GmbH & Co. KG Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit an, hielt aber den Fährbetrieb aufrecht. Als Grund für den Insolvenzantrag nannte ein Sprecher des Betreibers, dass die erhofften Corona-Hilfen ausgeblieben seien und die Härtefallkommission in Schleswig-Holstein einen abschlägigen Bescheid erteilt habe.
Mit dem neuen Nahverkehrsplan für die kommenden fünf Jahre, den Minister Buchholz (FDP) in Grundzügen bereits im Sommer öffentlich vorstellte, wollen Landesregierung und Nahverkehrsverbund deutlich mehr Menschen in die Züge locken als vor der Corona-Pandemie. „Unser Ziel ist es, das Nahverkehrsaufkommen gegenüber 2019 um 20 Prozent zu steigern bis 2026“, sagte Buchholz. Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sollen besser werden und künftig alle Bahnstationen barrierefrei sein. Gegenüber 2019 sind laut Verkehrsverbundes NAH.SH die Fahrkarten-Erlöse im Zuge der Pandemie 2020/21 um 250 Millionen Euro gesunken.
Die Nahverkehrsplanungen fußen auf einem Gutachten, dass Potenziale und Machbarkeiten auf den Bahnstrecken untersucht hat. Nach Angaben von Buchholz könnte der Bahnverkehr 2030 komplett dieselfrei laufen. Möglich machen soll das der Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke von Itzehoe nach Sylt und der geplante landesweite Einsatz von 55 Batterie-Zügen auf Nebenstrecken. Das Land will zudem bis 2027 unter anderem das Angebot zwischen Hamburg und Lübeck verbessern, die Zugverbindungen zwischen Kiel und Preetz aufstocken, die Strecke von Niebüll nach Dagebüll elektrifizieren und neben der Strecke Kiel-Schönberger Strand auch die Trassen Wrist-Kellinghusen und Rendsburg–Rendsburg-Seemühlen reaktivieren.
Zudem sollen die S-Bahnen im Hamburger Rand in kürzeren Abständen fahren. Wichtig seien auch die Fertigstellung der S4 über Ahrensburg nach Bad Oldesloe (geplant 2029) und der Bau der der S4 West bis nach Elmshorn, sagte Buchholz. Als Problem haben die Gutachter ausgemacht, dass die Strecken von Hamburg nach Westerland, nach Flensburg und nach Kiel alle über Elmshorn laufen. Helfen soll der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Neumünster-Bad Oldesloe. Mit den bereits finanzierten und weiteren angedachten Projekten beläuft sich das mögliche Investitionsvolumen in den nächsten zehn Jahren laut Buchholz auf knapp vier Milliarden Euro.
Der Verkehrsminister räumte ein, dass sich in den kommenden Jahren nicht alle Bahnstrecken angehen ließen. Eine Finanzierungslücke bestehe beispielsweise noch für einen Ausbau der Strecke Kiel-Lübeck. Vom Bund erhält das Land jährlich etwa 300 Millionen Euro an Regionalisierungsmitteln für den öffentlichen Nahverkehr ‒ Tendenz steigend. Vor Corona waren im Norden laut Ministerium werktags rund 150.000 Menschen mit dem Zug unterwegs, den Bus nutzten demnach jährlich rund 190 Millionen Menschen.
Weiterhin stehen im Zuge der Debatte zwei zum Thema gehörende Anträge der Koalitionsfraktionen vor der Annahme. Ein zwei Jahre alter Antrag stützt die Bestrebungen, mehr Pendler auf die Schiene zu locken. Der andere Antrag, der bereits 2017 debattiert worden war, hält den weiteren Betrieb der Bäderbahn in der Lübecker Bucht „in Ergänzung zur zweigleisigen Neubautrasse für wirtschaftlich nicht realisierbar“ und spricht sich für die Entwicklung eines Konzepts aus, welches „zusätzliche Nahverkehrsangebote für den Bereich der bisherigen Bäderbahn enthält“. Entsprechende Ursprungsanträge der SPD-Fraktion waren nach den Ausschussberatungen abgelehnt worden.
(Stand: 13. Dezember 2021)
Debatten bei Antragstellungen:
März 2019 (S-Bahn-Pendler)
November 2017 (S-Bahn Lübeck, Bäderbahn)
Weitere vorherige Debatte zum Thema:
Juni 2021 (S-Bahn-Taktungen)
Verkehrsinfrastruktur an der Westküste erhalten – Elbfähre Brunsbüttel-Cuxhaven mit Bundes- und Landesmitteln unterstützen
Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD ‒ Drucksache 19/3476
Hinweis: Der Antrag wurde zurückgezogen
Deutliche Verbesserungen für Pendlerinnen und Pendler im SPNV auf den Strecken der AKN und der S-Bahnen
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drs. 19/1243
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP ‒ Drs. 19/1335
Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses ‒ Drucksache 19/3463
Stärkung des SPNV mit einer Regio-S-Bahn für Lübeck und das Umland
Antrag der Fraktion der SPD ‒ Drs. 19/281
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP ‒ Drucksache 19/339
Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses ‒ Drucksache 19/3464
Fünfter Landesweiter Nahverkehrsplan bis 2017 (LNVP bis 2027)
Bericht der Landesregierung ‒ Drucksache 19/3453
(Federführend ist das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus)