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26. November 2021 – November-Plenum

„Größte Herausforderung“: Im Norden fehlen Grundschullehrer

An zahlreichen Grundschulen im Lande fehlen Lehrer. Unterrichtsstunden fallen aus. Die Landesregierung versucht, den Job attraktiver zu gestalten, der SPD reichen die Bemühungen nicht aus.

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Fallen an den Grundschulen besonders viele Stunden aus? Die Debatte wird Antworten bringen. Foto: dpa, Peter Steffen

Das Plenum hat heute die Unterrichtssituation des Vorjahres und die Personalsituation an den Grundschulen beraten. „Wir leiden bei Grundschulen und Förderzentren unter einem Mangel an Lehrkräften“, gestand Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Zwar seien an den Grundschulen 99,1 Prozent der Lehrerstellen besetzt, aber besonders in den Kreisen Pinneberg, Dithmarschen, Stormarn und Nordfriesland gebe es Lücken.

Die Ministerin will mit einer „Allianz für Lehrerkräftegewinnung“ gegensteuern. Es soll mehr Studienplätze in diesem Bereich geben, das Land will Quer- und Seiteneinsteiger anlocken, und Gymnasiallehrer können sich zeitweise oder dauerhaft an Grundschulen abordnen lassen. Zudem soll das Gehalt der Grundschullehrer bis 2025/26 schrittweise von A12 auf die Stufe A13 angehoben werden.

„Wir bilden zu wenig aus“

Die Lohnerhöhung laufe zu langsam, monierte Martin Habersaat (SPD). Der südliche Nachbar sei schneller: „Hamburg ist deutlich attraktiver als Arbeitgeber.“ Viele Eltern seien alarmiert, so Habersaat. Es gebe Klassen, in denen einzelne Fächer über Monate ausfallen, anderswo funktioniere die Vertretung nicht, oder Klassen würden zusammengelegt. „Wir bilden zu wenig Grundschullehrer aus“, merkte Tobias von der Heide (CDU) an. Dies sei die „größte Aufgabe für die nächsten Jahre“. Immerhin komme eine Lehrkraft rechnerisch nur noch auf 15,7 Schüler – vor sechs Jahren seien es noch 17 gewesen.

Ines Strehlau (Grüne) betonte, dass das Land zum laufenden Schuljahr „fast alle“ der 140 Referendariatsplätze an Grundschulen besetzen konnte. Sie empfahl, weniger befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Jette Waldinger-Thiering (SSW) wies darauf hin, dass ab 2029/30 bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschüler besteht: „Wir haben Schulen in Schleswig-Holstein, an denen regelmäßig nicht genügend Personal vor Ort ist, um eine Ganztagsbetreuung zu garantieren.“ Die Ministerin betone zwar, dass der Mangel nur punktuell sei, aber „wenn in fast allen Kreisen des Landes offene Stellen sind, dann bilden die Punkte eben doch ein Netz“, so Waldinger-Thiering.

Der Bildungsausschuss berät weiter; Christopher Vogt (FDP) gab seine Rede zu Protokoll.

Die Landesregierung ist mit der Entwicklung der Unterrichtssituation im Schuljahr 2020/21 zufrieden. Trotz der Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen für den Schulalltag sei die Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen auf 102 Prozent und an den berufsbildenden Schulen erstmals auf 100 Prozent gestiegen. Das geht aus dem Bericht hervor, den das Bildungsministerium vorlegt. Allerdings, so heißt es in dem 90-seitigen Papier, sei die Situation aufgrund von Corona „nur bedingt aus den Daten der Schulstatistik abbildbar“. Mit dem vorliegenden Bericht zur Unterrichtssituation wird ein mündlicher Bericht der Bildungsministerin zur Personalsituation an den Grundschulen erwartet, den die SPD-Fraktion gefordert hat.

Laut dem Bericht zur Unterrichtssituation für das Corona-Schuljahr 2020/21 meldeten die Schulen über das Schul-„Dashboard“ insgesamt 3.875 Fälle in der Schülerschaft, bei denen ein positiver PCR-Test vorlag. Dies entspricht einem Anteil von 1,02 Prozent der Gesamtschülerschaft an den öffentlichen und privaten Schulen des Landes. Außerdem wurden insgesamt 8.732 Schülerinnen und Schüler gemeldet, die sich in Quarantäne begeben mussten. Dies entspricht einem Anteil von 2,29 Prozent.

Mehr als 1000 Lehramtsanwärter im Vorbereitungsdienst

Dem Bericht zufolge wurden zum 1. August 2020 insgesamt 659 neue Lehrkräfte unbefristet sowie 1.142 befristet eingestellt. Weitere rund 1.400 Lehrkräfte fingen als Vertretung im Schuldienst an. Und: 1100 Lehramtsanwärterinnen und -anwärter konnten in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden.

Die Relation „Unterrichtsstunde je Schüler“ ist an den allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren von 1,68 auf 1,69 gestiegen. Dieser Anstieg ergibt sich, da die Zahl der Unterrichtswochenstunden um 0,4 Prozent gestiegen ist, während gleichzeitig die Schülerzahl um 0,1 Prozent zurückging. Für die berufsbildenden Schulen lässt sich eine Verbesserung des Messwertes „Unterrichtsstunde je Schüler“ von 1,03 auf 1,05 feststellen, da hier bei einem Schülerzahlenrückgang von gut 2,3 Prozent bei den Unterrichtswochenstunden ein deutlich geringeres Minus von 0,1 Prozent zu verbuchen ist.

Knapp 275.000 Schülerinnen und Schüler im Land

Die Schülerzahl insgesamt an allgemeinbildenden Schulen ist zu Beginn des Schuljahres 2020/21 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von rund 140 nahezu unverändert geblieben und lag bei rund 274.300. Je nach Schulart haben sich die Schülerzahlen aber unterschiedlich entwickelt: An den Grundschulen inklusive der Deutsch-als-Zweitsprache-Zentren ist die Schülerzahl um 700 auf knapp 100.600 gestiegen.

Die Zahl an den Gemeinschaftsschulen erreicht insgesamt 94.400 und ist damit um rund 1.200 oder 1,3 Prozent gesunken, wobei die Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe einen Rückgang von knapp 2.000 (minus 3,3 Prozent) Schülern auf 58.200 zu verzeichnen hat, während an den Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe die Schülerzahl um 750 oder 2,1 Prozent auf 36.200 angestiegen ist. Die Gymnasien verzeichnen einen leichten Zuwachs von 0,3 Prozent oder rund 200 Schülern auf 73.700. Mit einer Schülerzahl von rund 270 wurde an den Abendgymnasien erneut die vorhandene Kapazität nicht voll ausgeschöpft.

Weniger Schüler an den Berufsschulen

Die Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf insgesamt ist weiterhin gestiegen, in diesem Jahr um rund 160 oder 0,9 Prozent. Gleichzeitig sank die Schülerzahl in inklusiven Maßnahmen an den Schulen um rund 30 (minus 0,3 Prozent). Damit ist der Anteil der Schüler in Inklusionsmaßnahmen bezogen auf alle Kinder mit Förderbedarf von 69,2 Prozent im Vorjahr auf 68,4 Prozent leicht gesunken. Die Schülerzahl an den berufsbildenden Schulen liegt bei 87.400 und ist um rund 2.100 oder 2,3 Prozent weiter gesunken.

Der Bericht über die Unterrichtssituation an den öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein wird auf Grundlage eines Landtagsbeschlusses von 1977 jährlich vorgelegt. 2014 hat der Landtag beschlossen, im Vorgriff auf den jährlichen schriftlichen Bericht den Abgeordneten Daten und Fakten zuzuleiten, die nach vorgegebenen Parametern die Entwicklung der Schüler-, Klassen- und Stellenzahl darstellen.

Unterversorgung an Grundschulen? SPD schlägt Alarm

Die SPD sorgt sich um die Grundschulen im Lande – es gebe zu viel Unterrichtsausfall und zu wenige Lehrer. Vor diesem Hintergrund soll die Landesregierung dem Landtag gezielt zur Situation mündlich berichten.

„Es mehren sich Berichte und Rückmeldungen von Eltern, dass es bei der Unterrichtsversorgung an den Grundschulen an vielen Orten schwere Mängel gibt, die nur mit Maßnahmen wie der Zusammenlegung von Klassen, Stundenausfall, Streichung von Ganztagsangeboten bzw. Ausstieg aus der Gebundenen Ganztagsschule bewältigt werden können“, heißt es in dem Antrag der Sozialdemokraten. Laut dem jährlichen Bericht des Bildungsministeriums zur Unterrichtssituation, der ebenfalls in der Oktober-Tagung beraten wird, fallen lediglich 0,3 Prozent der Unterrichtsstunden an den Grundschulen im Lande ersatzlos aus.

Der Anteil des „nicht-planmäßigen Unterrichts“ liegt jedoch bei 7,3 Prozent. Der Grund für den Ausfall von Stunden und für „nicht-planmäßigen Unterricht“ ist in den meisten Fällen (84 Prozent) die Erkrankung einer Lehrkraft. Der Ausfall wird dem Bericht zufolge in aller Regel durch eine Vertretungslösung aufgefangen, gelegentlich auch durch die Zusammenlegung von Klassen oder durch Stillarbeit (sogenanntes Eigenverantwortliches Arbeiten, EVA). An den Grundschulen ist die Schülerzahl im laufenden Schuljahr gegenüber dem Vorjahr um 700 (0,7 Prozent) auf knapp 100.600 gestiegen. In einer Klasse sitzen im Schnitt 21,1 Kinder.

Ab 2029 Anspruch auf Ganztagsbetreuung

Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der Grundschulkinder bis 2029 auf rund 109.500 zunimmt. Dann besteht auch ein erhöhter Bedarf an Lehrpersonal, denn ab 2029/30 besteht bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschüler. Rund 7.700 Lehrkräfte unterrichten an den etwa 400 Grundschulen im Lande. Laut dem Bericht sind zum Beginn des Schuljahres 170 neue Lehreinnen und Lehrer unbefristet eingestellt worden. Die SPD fragt in ihrem Antrag auch nach der in der Landespolitik seit langem diskutierten Höhergruppierung aller Grundschullehrer in Besoldungsgruppe A13. Laut dem Regierungsbericht soll dies zum Schuljahresbeginn 2025/26 erfolgen.

(Stand: 25. Oktober 2021)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2021 (Schulkonzept für 2021/22)
Januar 2021 (u.a. Unterrichtssituation 2019/20)
Meldung bei Antragstellung (Grundschul-Personal):
September 2021 (ohne Aussprache)
Weitere vorherige Debatten (Grundschul-Personal):
Juni 2020 (Grundschulunterricht)
Mai 2019 (Lehrer) / Juni 2019

Regierungsbericht

a. Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2020/21
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3330
(Federführend ist das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur)

b. Mündlicher Bericht zur Personalversorgung der Grundschulen
Antrag der Fraktion der SPD – Drs. 19/3280
(Landtagsbeschluss vom 24. September 2021)

Regierungsbericht