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27. Oktober 2021 – Oktober-Plenum

„Kraftakt“ für Krankenhäuser gefordert

Mit großer Geschlossenheit hat die Landespolitik eine bessere finanzielle Ausstattung der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser gefordert. Die Rede war von einer „Basisfinanzierung“ oder einer „Grundfinanzierung“.

Klinik Krankenhaus Intensivstation Corona
In Schleswig-Holstein gibt es über 100 Klinikstandorte mit knapp 15.000 Betten. Foto: dpa, Frank Molter

Nach Ansicht aller Fraktionen könnten die Kliniken mit einer besseren „Basisfinanzierung“ oder einer „Grundfinanzierung“ die flächendeckende Grundversorgung der Patienten in hoher Qualität gewährleisten. Die Grundversorgung solle deswegen an die Seite der Fallpauschalen für einzelne Behandlungen treten. Das System der Fallpauschalen wiederum stieß auf heftige Kritik. Es setze Fehlanreize, so der Vorwurf. Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) kündigte an, sich auf Bundesebene für eine solche Reform einzusetzen und forderte einen „nationalen Kraftakt“.

Corona habe gezeigt, dass eine Kurskorrektur nötig sei, betonte Garg. Während der ersten Phase der Pandemie standen viele Kliniken leer und hatten massive finanzielle Einbußen zu verzeichnen. Die Krankenhausplanung des Landes sei darauf ausgerichtet, die Versorgung zu sichern und die Kliniken „wirtschaftlich bestmöglich aufzustellen“, so der Minister. Künftig werde es vermehrt „sektorenübergreifende“ Angebote geben. Die stationäre Betreuung und die ambulante Pflege müssten Hand in gehen.

„Großer Investitionsstau“

Diesen Punkt unterstrich auch Bernd Heinemann, dessen SPD den Regierungsbericht angefordert hatte. Um medizinische Leistungen „nahe beim Menschen“ zu erbringen, seien nicht nur die Krankenhäuser gefordert, sondern auch Medizinische Versorgungszentren mit mehreren Fachärzten oder die Fern-Versorgung per Telemedizin. Hans Hinrich Neve (CDU) schlug vor, dass die Kliniken selber die Kurzzeitpflege von frisch entlassenen Patienten übernehmen.

Marret Bohn (Grüne) verwies auf den großen Sanierungsbedarf bei den Kliniken im Lande: „Wir schieben den Investitionsstau wie eine Bugwelle vor uns her.“ Ein Hauptgrund sei, dass der Bund seine Zahlungen eingestellt habe. Sie appellierte an die mögliche Ampel-Koalition in Berlin, mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Im Flächenland Schleswig-Holstein müssten medizinische Grundleistungen für alle Menschen erreichbar sein, blickte Anita Klahn (FDP) etwa auf die Geburtsstationen. Nur weil es weniger Geburten gebe, dürfe die Zahl der Stationen nicht zusammengestrichen werden.

„Fallpauschalen sorgen für Fehlanreize“

„Gesundheit ist keine Ware“, sagte Christian Dirschauer (SSW) mit Blick auf die Fallpauschalen: „Klinikstrukturen dürfen nicht nur da gestärkt werden, wo hohe Gewinne locken.“ Derzeit werde etwa ein Kaiserschnitt deutlich besser entgolten als eine normale Geburt. Die Folge: Die Zahlen gingen nach oben, „ohne medizinische Notwendigkeit“.

Claus Schaffer (AfD) warf den Landesregierungen der vergangenen Jahre vor, nicht genug in die Krankenhäuser investiert zu haben und damit für die vielfach „marode Bausubstanz“ verantwortlich zu sein.

In der schleswig-holsteinischen Krankenhausversorgung stehen Umwälzungen an, wie beispielweise im Kreis Pinneberg. Die Regiokliniken in den Städten Pinneberg und Elmshorn mit ihren rund 2.400 Mitarbeitern könnten bald zu einem zentralen Standort zusammengelegt werden. Auch in anderen Regionen könnten Standorte geschlossen werden. Die SPD fordert die Landesregierung au, dem Parlament einen Überblick über die anstehenden Umstrukturierungen zu geben.

Laut Medienberichten will die Geschäftsführung des Sana-Unternehmens in Rendsburg Doppelstrukturen abschaffen und sich neben der Grundversorgung auf bestimmte Behandlungen spezialisieren. Arbeitsplätze sollen demnach nicht abgebaut werden. Wo der neue Standort entstehen könnte, sei noch nicht bekannt. Zuerst muss allerdings der Kreis Pinneberg, der als Gesellschafter 25,1 Prozent der Anteile hält, mit ins Boot geholt werden. Ein neuer Campus könnte 2030 bezugsfertig sein. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Standort Wedel geschlossen.

Sorgen auch in Ostholstein und Eckernförde

Für die Sana-Kliniken in Ostholstein soll es ab Januar 2022 unter einem neuen Eigentümer weitergehen. Der Schweizer Ameos-Konzern will die Kliniken Eutin, Middelburg bei Süsel, Oldenburg und Fehmarn übernehmen. Minderheitsgesellschafter bleibt der Kreis Ostholstein mit 5,2 Prozent. Der Verkauf steht noch unter Vorbehalt – das Bundeskartellamt muss zustimmen. Unklar ist, was die Übernahme für die Arbeitsbedingungen der mehr als 1.000 Beschäftigten heißen würde und wie es mit der Eutiner Klinik weitergeht, die wegen maroder Leitungen seit Jahren mit massiven Wasserschäden zu kämpfen hat.

Finanzielle Schwierigkeiten haben unteressen die Imland-Kliniken in Rendsburg und Eckernförde. In Medienberichten war sogar von einer Insolvenz die Rede. Die Kreispolitik debattiert über eine Verkleinerung oder sogar Schließung des Standortes Eckernförde, einen denkbaren Abbau von bis zu 400 Stellen und einen möglichen Neubau bei Rendsburg. In jedem Fall müssten Kreis und Land dem Unternehmen mit bis zu 40 Millionen Euro unter die Arme greifen.

Laut dem Verband der Ersatzkrankenkassen gibt es im Lande 114 Klinikstandorte mit knapp 15.000 Betten. Einziger Maximalversorger ist das Universitätsklinikum UKSH in Kiel und Lübeck.  

(Stand: 25. Oktober 2021)

Vorherige Debatten / Meldung zum Thema:
März 2021 (Finanzierung / ohne Aussprache)
Januar 2021 (spez. Corona/Intensiv)
Dezember 2020 (Krankenhausgesetz)
September 2020 (Kindermedizin)
Weitere Infos:
Krankenhausplan S-H

Antrag

Zukunft der Krankenhausplanung in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/3336