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25. August 2021 – August-Plenum

Baubranche: Minister warnt vor Hysterie

Wirtschaftsminister Buchholz sieht Rohstoffknappheit und Lieferengpässe in der Baubranche aus dem Frühjahr überwunden. Die Preise seien dabei, sich nach den Regeln des Marktes wieder zu erholen.

Richert, Kay FDP Plenum
Kay Richert pflichtet Minister Buchholz (FDP) bei: „Unsere Betriebe in Handwerk und Bauindustrie stehen stark da. Arbeitsplätze sind nicht in Gefahr. “ Foto: Michael August

Der Baubranche in Schleswig-Holstein geht es nach Ansicht der Landesregierung nach wie vor gut. Für eine von der AfD geforderte Unterstützung gebe es daher keine Begründung, erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Der Antrag des Zusammenschlusses wurde dann auch abgelehnt.

Richtig sei, dass einzelne Produkte in diesem Jahr bis Ende Juni preislich „explodiert“ seien, erklärte Buchholz als Antwort auf einen ebenfalls in der Debatte behandelten Bericht über die Versorgung mit Rohstoffen und Baumaterial in der Bauindustrie und im Bauhandwerk in Schleswig-Holstein. Diesen hatte die SPD gefordert. Der Minister nannte zum Beispiel Preissteigerung bei Metallen von bis zu 27 Prozent oder bei Schnittholz von bis zu 79 Prozent.

„Hebel für die Gesamtwirtschaft relativ klein“

Das sei aber „ein Paradebeispiel der Marktwirtschaft“, sagte Buchholz. Denn: Bei knappem Angebot und hoher Nachfrage stiegen die Preise, genauso schnell würden sie aber auch wieder einbrechen, wenn die Nachfrage fehle. „Das war eine schwierige kurzfristige Situation. Ja. Aber sie ist überwunden.“ Buchholz wies darauf hin, dass das Baugewerbe nur 6,9 Prozent am Bruttoinlandproduktes ausmache: „Der Hebel für die Gesamtwirtschaft ist daher ohnehin relativ klein.“ Er könne eine gewisse Aufregung verstehen, „Hysterie ist aber immer ein falscher Ratgeber“.

Die Umsätze der Baubranche seien Anfang des Jahres um 17,3 Prozent „eingebrochen“, begründete Volker Schnurrbusch den Vorstoß seines AfD-Zusammenschlusses im Landtag. Gerade kleine Betriebe hätten Aufträge nicht mehr kostendeckend ausführen können. „Die Baubranche ist insgesamt in einer Ausnahmesituation“, konstatierte er. Zudem seien 95 Prozent der kommunalen Bauvorhaben von Preissteigerungen betroffen, so Schnurrbusch.

Einhelliges Votum für nachhaltigeres Bauen

Lukas Kilian (CDU) warf der AfD „billigen Populismus“ vor. Sie stelle sich als „Anwalt der Baubranche dar“, obwohl die diesen gar nicht brauche. Joschka Knuth (Grüne) fügte an: „Wenn sich Anträge erledigt haben, kann man sie auch zurückziehen.“ Auch Kay Richert (FDP) erklärte, es gebe keinen Anlass zum Handeln. Und Christian Dirschauer (SSW) konstatierte: „Die Lage ist angespannt, aber nicht dramatisch und wird sich nun hoffentlich bald wieder erholen.“

Thomas Hölck (SPD) warnte, hohe Baukosten könnten die wirtschaftliche Entwicklung nach Corona dämpfen. Wie Redner der anderen Fraktionen forderte er, nachhaltiger mit Ressourcen umzugehen. „Wir brauchen mehr Recycling und einen klugen Umgang mit endlichen Ressourcen“, so Hölck. Mit dem Bericht beschäftigt sich noch einmal der Wirtschaftsausschuss. 

Die Corona-Pandemie hat den Markt für Baustoffe durcheinandergewirbelt. Das sorgt auch auf deutschen Baustellen für Probleme. Schon Ende März hatte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, in einer Pressemitteilung Alarm geschlagen: Es fehle an Holz und Stahl, an Kunststoffen und Dämmmaterialien, Kabelummantelungen und Farbe. Gegenüber September 2020 verzeichnete die Branche nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Preiszuwächse bei Holz um 15 bis 20 Prozent, bei Mineralölerzeugnissen um 15 Prozent und bei Betonstahl um fast 30 Prozent.

Bei den Bauvorhaben der Kommunalverwaltungen machten sich die Auswirkungen der Rohstoffknappheit bereits deutlich bemerkbar, erklärt dann auch die Landesregierung in einem im Mai von der SPD geforderten Bericht über die Versorgung mit Rohstoffen und Baumaterial in der Bauindustrie und im Bauhandwerk und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die schleswig-holsteinische Wirtschaft. Landesweit seien nach Abschätzung der Nachprüfstelle des Innenministeriums etwa 95 Prozent der Bauvorhaben der Kommunalverwaltungen von unvorhersehbaren Preissteigerungen direkt betroffen. Während der vergangenen drei Monate hätten sich die Probleme „zunehmend verfestigt“.

Ergebnisse im September

Dennoch kommt die Landesregierung zu dem Schluss, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch die Datengrundlage fehle, um insgesamt die Auswirkungen der Lieferengpässe im Baugewerbe auf die schleswig-holsteinische Wirtschaft genau beziffern zu können. Statistiken zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf Landesebene würden im Halbjahresturnus veröffentlicht, die nächste Veröffentlichung sei für Ende September vorgesehen. Hohe Preissteigerungsraten seien dort noch nicht abgebildet. Auch Auswirkungen auf Beschäftigung und Kurzarbeit in der Branche seien noch nicht erkennbar.

Die AfD fordert die Landesregierung in einem Antrag unterdessen auf, die Baubranche „umfassend zu unterstützen“. Kostensteigerungen solle das Land so weit wie möglich ausgleichen. Darüber hinaus sei die Förderung der Produktion regionaler Baustoffe zu erweitern, um „Preisschwankungen für die Beschaffung von importierten Baustoffen dauerhaft entgegenwirken zu können“.

Massive Bauverzögerung laut VNW-Umfrage

Materialmangel, steigende Preise für Rohstoffe und Vorprodukte sowie Lieferengpässe sind seit Monaten ein weltweites Problem. Eine Ursache ist die schon früher und kräftiger angezogene konjunkturelle Erholung bei den globalen Schwergewichten USA und China. Hinzu kommt, dass wegen der Corona-Pandemie die weltweiten Lieferketten im Seeverkehr durcheinandergeraten sind, so dass viele Lieferungen erst mit großen Verzögerungen eintreffen.

In einer am Wochenende veröffentlichen Umfrage des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) berichteten 91 Prozent der Unternehmen von Verzögerungen bei laufenden Bauvorhaben. „Bei 46,2 Prozent verzögert sich der Baubeginn von Bauvorhaben, 19,4 Prozent haben sogar geplante Bauvorhaben zurückgestellt“, sagte der VNW-Direktor Andreas Breitner einer Mitteilung in Hamburg zufolge. Sein Verband organisiert 389 genossenschaftliche, kommunale und sozialorientierte private Wohnungsunternehmen in den drei Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. An der Umfrage hatten sich 67 Unternehmen beteiligt, darunter laut Verband alle großen Mitgliedsunternehmen.

Auf den Baustellen fehlten vor allem Bauholz, Material für Dämmung und Elektroinstallation sowie Kunststoffprodukte. „Aber auch Fenster, Gipskarton Baustahl und Kupfer sind derzeit knapp“, so Breitner.

(Stand: 23.08.2021)

Vorherige Meldung/Debatten zum Thema:
Mai 2021 (ohne Aussprache)
August 2019
April 2018

Antrag

Baubranche stärken – Potentiale öffentlicher Auftragsabwicklung nutzen
Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD – Drucksache 19/3039

Regierungsbericht

Schriftlicher Bericht zur Rohstoff- und Baumaterialversorgung in der Bauindustrie und dem Bauhandwerk und Auswirkungen auf die schleswig-holsteinische Wirtschaft
Antrag der Fraktion der SPD – Drs. 19/2986
(Landtagsbeschluss vom 21. Mai 2021)
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3177
(Federführend ist das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus)