Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Springe direkt zu:
Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Die Herausforderungen der Corona-Pandemie stellen die ohnehin stark belasteten Mitarbeitenden im Gesundheitswesen zusätzlich vor große psychische Herausforderungen. Darin sind sich die Parlamentarier aller Fraktionen einig. SSW und SPD hatten vor diesem Hintergrund Anträge mit Anregungen, wie Pflegekräfte bei der Bewältigung ihres Arbeitsalltags besser psychologisch unterstützt werden könnten, vorgelegt. Die übrigen Fraktionen lehnten die Vorstöße ab. Mehrheitlich angenommen wurde ein Alternativantrag von Jamaika, der auf bereits laufende Maßnahmen zur Unterstützung der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen auf Bundes- und Landesebene verweist.
„Pflege ist ein echter Knochenjob“, sagte der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer. Pflegekräfte lebten zusätzlich mit der Angst, nicht nur sich selbst, sondern auch Familie und Freunde anzustecken. „Ich kann gut verstehen, dass diese Doppelbelastung für viele kaum noch zu ertragen ist“, so Dirschauer. Er plädierte dafür „eine Art Früherkennungs- oder Frühwarnsystem“ zu installieren, das stressbedingte Erkrankungen schon in einem frühen Stadium aufdecke. Im Rahmen einer Landestrategie müssten Mitarbeiter in der Pflege mehr Zugang zu Schulungen und gegebenenfalls auch zu psychologischer Betreuung haben. Die SPD-Fraktion machte sich für einen festen Personalschlüssel und mehr Personal stark. Nach aktuellen Berechnungen brauche es etwa 20 bis 30 Prozent mehr Personal in dem Bereich, sagte Beate Pauls.
„Seit längerer Zeit ist uns bekannt, dass gerade in der Berufsgruppe der Pflege die Krankenfehlzeiten überdurchschnittlich hoch sind“, sagte CDU-Gesundheitsexpertin Katja Rathje-Hoffmann. Darum habe Jamaika bereits schon im Februar einen Antrag „für gute Arbeitsbedingungen auf Intensivstationen“ verabschiedet. In Schleswig-Holstein seien bereits „sehr gute Strukturen“ geschaffen worden. Zudem seien die Krankenkassen vom Bund verpflichtet worden, mehr als 70 Millionen Euro jährlich speziell für die Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen aufzuwenden.
„Die Pandemie hat für alle Mitarbeitenden im Gesundheitssystem erhebliche Mehrbelastungen mit sich gebracht“, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Dazu zählten etwa zusätzliche Hygienemaßnahmen oder Personalengpässe durch Quarantänefällen im Kollegenkreis. Auf diese zusätzliche Belastung habe das Land durch Sonderimpftermine für Pflegekräfte reagiert. „Wenn sie geimpft sind, nimmt das ein wenig Druck von ihren Schultern“. Aktuell gebe es Hinweise dafür, dass Geimpfte nicht nur selbst vor einer Corona-Infektion geschützt seien, sondern indirekt auch Patienten, Angehörige und Freunde, die mit ihnen in Kontakt kämen.
Weitere Redner:
Marret Bohn (Grüne), Dennys Bornhöft (FDP)
Der SSW setzt das Thema der psychologischen Unterstützung von Pflegekräften auf die Agenda. Die Landtagsgruppe fordert eine „landeseigene Strategie zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten im Pflegebereich“. Die Arbeit in der Pflege sei nicht nur körperlich anspruchsvoll, sondern führe in vielen Fällen auch zu psychischen Belastungen oder gar Erkrankungen, heißt es in einem entsprechenden Antrag. Neben niedrigschwelligen Angeboten „zum Erkennen von beginnenden stress-assoziierten Erkrankungen und zum Erhalt der psychischen Gesundheit“ soll im Rahmen der Landesstrategie bei Bedarf psychologische Betreuung zur Verfügung gestellt werden. Der Umgang mit Covid-19 soll zudem Gegenstand von Schulungen werden.
Denn nicht zuletzt der immense Druck in der Corona-Pandemie zwingt in aller Welt offenbar zahlreiche Pflegekräfte im Gesundheitswesen zur Aufgabe. In fast jedem fünften der befragten Länder werde dieser Trend beobachtet, teilte kürzlich der Weltbund der Krankenschwestern und Krankenpfleger (ICN) in Genf mit. Das Problem herrscht nach Angaben des Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) auch in Deutschland. „Die beruflich Pflegenden fühlen sich seit Beginn der Pandemie oft alleingelassen, in ihrer Professionalität missachtet und in ihrer physischen und psychischen Integrität gefährdet“, sagte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein. „Dass dies für sehr viele Kolleginnen und Kollegen der Grund sein wird, den Beruf zu verlassen, davor warnen wir seit Beginn der Pandemie“, betonte sie.
Die Bundesagentur für Arbeit bestätigte den Trend für Deutschland bislang nicht. Es sei ein Aufwuchs an Arbeitskräften im Gesundheitswesen zu verzeichnen. Genaue Zahlen liegen für 2020 noch nicht vor. Aber die aktuell wieder steigenden Fallzahlen haben Folgen für die Klinikteams. Nach den ersten vorsichtigen Lockerungen in der Pandemie ist die Zahl der Corona-Patienten auf Deutschlands Intensivstationen wieder angestiegen. Mit mehr als 3000 belegten Betten liegt die Belastung im Moment erneut so hoch wie zu den Spitzenzeiten in der ersten Welle im Frühjahr 2020. Das geht aus dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hervor.
„Wir starten jetzt auf den Intensivstationen in die dritte Welle und das auf einem sehr hohen Niveau. Davor hatten wir bereits Ende Februar gewarnt und das bereitet uns große Sorgen“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx. Nach Divi-Daten wurden am Sonntag (Stand 22.03.2021) 3056 Covid-19-Patienten auf deutschen Intensivstationen behandelt. „Wir erwarten in den nächsten Wochen einen rasanten Anstieg der Patienten, da die Welle der Intensivpatienten immer zwei bis drei Wochen der Infektionswelle nachrollt“, ergänzte er. Es lasse sich daher erst für die Zeit ab Mitte April etwas an den Zahlen ändern.
(Stand: 22. März 2021)
Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2021
Mai 2020