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25. März 2021 – März-Plenum

„Den Markt regulieren, um Spieler zu schützen“

Bislang ist Schleswig-Holstein eine deutsche Glücksspiel-Insel, nun wollen alle anderen Länder das Online-Spiel auch erlauben. Ein notwendiger Schritt, so die Mehrheit im Landtag. Die Nord-SPD bleibt bei ihrer Ablehnung.

Arp, Hans-Jörn CDU Plenum
Hans-Jörn Arp (CDU): „Wir wollen den Markt kontrollieren.“ Foto: Michael August

Schleswig-Holstein macht den Weg frei, um Online-Casinos und Internet-Sportwetten deutschlandweit zu erlauben. Der Landtag hat den gemeinsamen Glücksspielstaatsvertrag aller 16 Bundesländer mit großer Mehrheit durchgewunken. Lediglich die SPD stimmte dagegen und protestierte vehement. Ziel des neuen Regelwerks ist es, einen engen rechtlichen Rahmen für die Branche zu schaffen und damit die Spielsucht einzudämmen. Stimmen alle anderen Landesparlamente auch zu, tritt der Vertrag zum 1. Juli in Kraft. Dann endet nach zehn Jahren der schleswig-holsteinische Alleingang in diesem Bereich.

„Wir müssen Onlinespiele in geordnete Bahnen lenken und den Markt ordnen und überwachen“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Glücksspiel im Internet lasse sich nicht verbieten, aber es lasse sich regulieren, so die Ministerin: „Das haben nun auch alle anderen Bundesländer erkannt.“ Der CDU-Abgeordnete Hans-Jörn Arp (CDU) betonte: „Seit Jahrzehnten wird der Markt illegal betrieben, wir wollen ihn kontrollieren.“ Die staatliche Aufsicht über den milliardenschweren Glücksspielmarkt führe auch zu Steuern und Abgaben in den öffentlichen Kassen.  

SPD: „Der Spieler verliert immer“

Dolgner, Kai SPD Plenum
Kai Dolgner (SPD): „Der Spieler verliert immer“ Foto: Michael August

Künftig soll es bei Online-Angeboten ein monatliches Limit von 1.000 Euro pro Spieler geben. Zwischen 6:00 und 21:00 Uhr soll es ein Werbeverbot für Glücksspiel in Rundfunk und Internet geben. Gefährdete Zocker werden in einer Sperrdatei erfasst. Eine neue zentrale Glücksspielbehörde mit Sitz in Sachsen-Anhalt soll die Aufsicht über den Markt haben. Über einen „Safe Server“ hat die Behörde Zugriff auf alle Daten, die bei den Glücksspielunternehmen gespeichert sind.

„Das Haus gewinnt immer, der Spieler verliert immer“, fasste Kai Dolgner die SPD-Vorbehalte zusammen. Die Glücksspielbranche sei darauf aus, die Spieler aufs Glatteis zu führen. Gegen die Mechanismen von Anreiz und Nervenkitzel, die am Ende zur Sucht führen könnten, sei niemand gefeit. „Ein generelles Verbot hilft weder dem Spielerschutz noch dem Jugendschutz noch dem Suchtschutz“, erwiderte Jan Marcus Rossa (FDP). Er rief die Sozialdemokraten auf, eigene Lösungen anzubieten, und er verwies darauf, dass auch SPD-geführte Länder den neuen Staatsvertrag unterzeichnet hätten.   

Grüne und SSW verteidigen Kurswechsel

Das Anbieten von Online-Glücksspielen war bislang in großen Teilen Deutschlands verboten. Nur Schleswig-Holstein hatte Lizenzen vergeben. Das Gesetz der damaligen schwarz-gelben Koalition aus dem Jahr 2011 wurde nach der Landtagswahl 2012 von der neuen SPD-Grünen-SSW-Koalition wieder aufgehoben, aber die bereits vergebenen Lizenzen blieben in Kraft.

Vertreter der ehemaligen SPD-Partner verteidigten ihren Kurswechsel. „Das Totalverbot ist krachend gescheitert“, sagte Lasse Petersdotter (Grüne). Der illegale Schwarzmarkt sei auf jährlich eine Milliarde Euro angewachsen. „Dieser Markt ist da, und die Menschen, die sich auf diesem Markt befinden, erfahren keinen Schutz.“ Es gelte, sich mit der Realität auseinanderzusetzen und sie nicht zu ignorieren. „Es geht um Prävention und um ein klar begrenztes Spiel“, sagte Lars Harms (SSW). Genau das finde sich im Staatsvertrag wieder. So sei ein Zock-Limit von 1.000 Euro vorgesehen – aktuell gebe es gar kein Limit. Koalitionsvertreter kündigten an, den Glücksspielmarkt weiter zu beobachten und, falls nötig, rechtlich nachzusteuern.

Glücksspiele im Internet wie Online-Poker oder Online-Casinos sollen künftig in ganz Deutschland erlaubt werden. Das sieht der neue Glücksspiel-Staatsvertrag vor, den die Chefs der Bundesländer Ende des vergangenen Jahres unterzeichnet haben. Nun müssen alle 16 Landesparlamente den Staatsvertrag ratifizieren, damit er zum 1. Juli in Kraft treten kann. Damit endet ein zehnjähriger Alleingang Schleswig-Holsteins in diesem Bereich. Der Innen- und Rechtsausschuss wird während der Plenarsitzung abschließend über den Vertrag beraten. Es zeichnet sich eine breite Mehrheit ab, lediglich die SPD lehnt das Papier bisher ab.

Als Ziele nennt der Staatsvertrag, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Zudem soll der „natürliche Spieltrieb“ der Bevölkerung durch ein „begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot“ in geordnete Bahnen gelenkt werden.

Zock-Limit, Sperrdate, Werbeverbot

Zu den Regeln für Online-Angebote zählen ein monatliches Limit von 1.000 Euro, ein Werbeverbot in Rundfunk und Internet zwischen 6:00 und 21:00 Uhr sowie die Erfassung von Zockern mit Selbst- oder Fremdsperre in einer Sperrdatei. Der Betrieb von Spielhallen wird mit hohen Auflagen erschwert. Damit sollen Jugend- und Spielerschutz gewährleistet werden. Eine neue zentrale Glücksspielbehörde, die ihren Sitz in Sachsen-Anhalt hat, soll die Aufsicht über den Markt haben.

Auch für Sportwetten gibt es neue Regeln. So dürfen laut Vertrag während eines laufenden Sportereignisses ausschließlich Wetten auf das Endergebnis und auf Ereignisse abgeschlossen werden, die relativ selten vorkommen – etwa das nächste Tor im Fußball oder den Gewinn des nächsten Satzes im Volleyball. Fußballwetten auf den nächsten Einwurf oder das nächste Foul wären dann nicht mehr erlaubt.

Nur SH hatte Lizenzen vergeben

Das Anbieten von Online-Glücksspielen war bislang in großen Teilen Deutschlands verboten. Nur Schleswig-Holstein hatte Lizenzen vergeben. Das Gesetz der damaligen schwarz-gelben Koalition aus dem Jahr 2011 wurde nach der Landtagswahl 2012 von der damals neuen SPD-Grünen-SSW-Koalition wieder aufgehoben, aber die bereits vergebenen Lizenzen blieben in Kraft. Auch wegen des Booms von bisher nicht regulierten Glücksspielen im Internet einigten sich die Länder nun auf den neuen Glücksspiel-Staatsvertrag.

(Stand: 22. März 2021)

Meldung 1. Lesung:
Dezember 2021 (ohne Aussprache)

Weitere vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
Februar 2020
November 2019 (ohne Aussprache)
Februar 2019

Zweite Lesung

Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021 / GlüStV 2021)
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/2593
(Ausschussüberweisung am 11. Dezember 2020)
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/2858