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Sind Beamte wie Polizisten oder Lehrer einem erhöhten Corona-Infektionsrisiko ausgesetzt, ohne ausreichend abgesichert zu sein? Die SPD meint ja und will das Beamtenversorgungsgesetz ändern. Jamaika hält Erlass für ausreichend.
Uneinigkeit im Kieler Landtag: Müssen Beamte beweisen, dass sie sich wahrscheinlich im Dienst infiziert haben, wenn sie an Covid19 erkranken, um Leistungen der Dienstunfallfürsorge zu beanspruchen? Oder muss umgekehrt der Dienstherr beweisen, dass die Infektion nicht am Arbeitsplatz stattgefunden haben kann? Die SPD-Fraktion befürwortet die sogenannte Beweislastumkehr und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Die Jamaika-Fraktionen wollen dagegen weiter von Fall zu Fall entscheiden. Sie sind der Überzeugung, dass ein vom Finanzministerium vorgelegter Erlass ausreicht, um in dieser Frage Klarheit zu schaffen – zumal er neben den Beamten auch die Tarifbeschäftigten im Öffentlichen Dienst in den Blick nimmt.
„In Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr 498 Landesbeschäftigte an Covid-19 erkrankt“, sagte die SPD-Abgeordnete Beate Raudies. Allein 321 Fälle davon entfielen auf Schulen. Am zweistärksten seien Polizisten betroffen gewesen. Hier erkrankten 82 Personen, gefolgt von 38 Erkrankungen bei Justizbehörden. Diese Zahlen machten deutlich, „dass das Land als Dienstherr klare Regelungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls schaffen“ müsse, folgerte die Sozialdemokratin.
Denn anders als gesetzlich Unfallversicherte seien Beamte über die Dienstunfallfürsorge ihres Dienstherrn abgesichert. „Nur bei einem Dienstunfall kommen die Leistungen der Dienstunfallfürsorge zum Tragen“, so Raudies. Corona-Infektionen als Dienstunfall anzuerkennen werde aktuell „reihenweise abgelehnt. Eine Versorgungslücke drohe.
Der CDU-Abgeordnete Tim Brockmann sagte, der Erlass orientiere sich an den Regelungen der Gesetzlichen Unfallversicherung. Er unterscheide zwei Kategorien: „In die erste Kategorie fallen die eindeutigen Fälle, in denen es im Dienst einen nachweislichen intensiven Kontakt mit einer infektiösen Person gegeben hat und die Erkrankung innerhalb von zwei Wochen eingetreten ist. In die zweite Kategorie fallen Fälle, in denen sich kein intensiver Kontakt feststellen lässt“, so Brockmann. Dennoch sei auch hier eine Anerkennung möglich, wenn es im unmittelbaren Dienstumfeld nachweislich eine größere Zahl an Infektionen gegeben habe und „konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen“ vorgelegen hätten.
Der Erlass ihres Hauses orientiere sich am DGUV-Leitfaden und trage somit auch der Gleichstellung der Beamten mit Tarifbeschäftigten Rechnung, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Die Gleichbehandlung von Beamten und Tarifbeschäftigten „ist uns wichtig“, sagte die Grünen-Politikerin. Der Leitfaden gebe die erforderliche Orientierung bei dem Thema und sorge für „Klarheit und Sicherheit“.
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion wurde zur weiteren Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überstellt.
Weitere Redner:
Burkhard Peters (Grüne), Annabell Krämer (FDP), Lars Harms (SSW)
Die SPD möchte, dass Corona-Infektionen während der Arbeit als Dienstunfall behandelt werden. Beamte seien in ihrem Dienst „oftmals einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, ohne jedoch bei einer Erkrankung an COVID-19 hinreichend versorgungsrechtlich abgesichert zu sein“, heißt es zur Begründung in einem von den Sozialdemokraten vorgelegten Entwurf, mit dem sie das Gesetz zur Beamtenversorgung abändern wollen – rückwirkend zum 1. März vergangenen Jahres. Letzten Freitag wurde bekannt, dass das Land entsprechend handeln will.
Für corona-erkrankte Beamte sei die Beweisführung, dass eine Infektion direkt bei der dienstlichen Tätigkeit erfolgt ist, aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens und der weiterhin hohen Ansteckungszahlen „nicht oder nur sehr schwer zu führen“, argumentiert die SPD. Normalerweise ist die Anerkennung eines Dienstunfalls abhängig von einem auf ein örtlich und zeitlich klar zu bestimmendes Ereignis während der Arbeit.
Vergangenen Freitag gab die Landesregierung bekannt, dass sie Pläne für die Umsetzung der SPD-Forderung bereits in der Mache habe. Sprecher des Finanzministeriums kündigten an, per Erlass ein einfacheres Verfahren für die Anerkennung einer Covid-19-Erkrankung als Dienstunfall auf den Weg zu bringen. Darin würden Kriterien benannt, nach denen ein Zusammenhang zwischen Erkrankung und Dienstausübung leichter nachgewiesen werden könne. Eine vergleichbare Regelung sei im Leitfaden des Spitzenverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für alle gesetzlich Versicherten enthalten.
Im Gegensatz zu der SPD, die eine gesetzliche Regelung verlangt, setzt das Land auf einen Regierungserlass. Das Land orientiere sich am DGUV-Leitfaden und trage somit auch der Gleichstellung der Beamten mit Tarifbeschäftigten Rechnung, hieß es aus dem Finanzministerium.
Anfang Februar hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die gleiche Forderung gestellt. Im täglichen Dienst sei es Polizeibeamten häufig unmöglich, den pandemiebedingt erforderlichen Mindestabstand zu anderen Personen einzuhalten, heißt es seitens der Gewerkschaft. Auch lasse sich der direkte Kontakt zu anderen Menschen im Polizeivollzug naturgemäß nicht verhindern.
Angaben der GdP zufolge hätten sich in den vergangenen Monaten bundesweit Fälle gehäuft, in denen sich Polizisten im Dienst mit dem Corona-Virus angesteckt haben. Anträge auf Anerkennung einer Infektion als Dienstunfall seien jedoch reihenweise abgelehnt worden. „Je höher aber das Risiko der Infektion, umso stärker muss die Fürsorge des Dienstherrn für seine Beamtinnen und Beamten sein, die sich in Ausübung ihres Dienstes in für die Gesundheit gefahrgeneigte Situationen begeben“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Dietmar Schilff. Die Gewerkschaft möchte erreichen, dass das Beamtenversorgungsgesetz sowohl im Bund wie in den Ländern entsprechend geändert wird.
(Stand: 22. Februar 2021)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Beamtenversorgung
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2789