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Die Rechte von Menschen im Maßregelvollzug sowie in den psychiatrischen Kliniken im Land werden gestärkt und auf rechtssichere Beine gestellt. Der Landtag beschloss mit großer Mehrheit zwei entsprechende Gesetzentwürfe der Landesregierung.
„Die Novellierungen waren vor allem notwendig, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Fixierung gerecht zu werden“, erklärte Sozialminister Heiner Garg (FDP) in Zweiter Lesung. Die Fesselung eines Patienten durch mechanische Vorrichtungen zu dessen eigener Sicherheit oder dem Schutz anderer Personen ist künftig nur noch unter Richtervorbehalt sowie strengsten Vorgaben möglich. Technische Hilfsmittel können weiterhin eingesetzt werden, wenn der Patient dem zugestimmt hat oder „es dringend notwendig ist“, so der Minister. Der Hilfeaspekt werde in den Vordergrund gerückt, es gebe klarere Definitionen sowie neue Dokumentations- und Berichtspflichten. Die Kommunen, die dafür zuständig sind, sollen aber nicht mehr belastet werden, versprach Garg.
Beim Maßregelvollzug werden laut Minister „neue Regeln aus langjährigen praktischen Umsetzungen“ etabliert. Punkte dabei sind unter anderem eine Ausweitung des Besuchsrechts, um die Wiedereingliederung zu unterstützen, eine klare Normierung des Geschäftsverbots aber auch eine Verbesserung bei Durchsuchungen, um das Einschleusen von gefährlichen Gegenständen oder Drogen zu unterbinden. So gebe es auch „mehr Sicherheit für die Bevölkerung“, so Garg.
Auch der Landtag lobte die Gesetzentwürfe als weiteren Schritt zur Verbesserung der Betroffenen. Den Sozialdemokraten jedoch ging das PsychHG beim Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht weit genug. In der Anhörung habe man zwar die Anregungen von Experten aufgenommen, „im Ergebnis ist das aber zu wenig“, sagte Bernd Heinemann (SPD). Der SSW begrüßte zwar die Gesetze, mahnte aber eine „regelmäßige kritische Prüfung“ der neuen Vorgaben an.
Der zuständige Sozialausschuss hatte zuvor in beiden Gesetzesvorlagen Änderungen vorgenommen, die vor allem den betroffenen Personen zu Gute kommen sollen. So soll unter anderem betont werden, dass kein Mensch im Rahmen des Maßregelvollzugs auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität diskriminiert werden darf.
Weitere Redner:
Hans Hinrich Neve (CDU), Marret Bohn (Grüne), Dennys Bornhöft (FDP), Christian Dirschauer (SSW)
Die Landesregierung will den Maßregelvollzug und die Unterbringung von Menschen mit psychischen Problemen reformieren und an aktuelle Gegebenheiten und Rechtsprechungen anpassen. Sie hat hierfür zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die der Landtag in dieser Tagung in Zweiter Lesung behandelt.
Nach dem Strafgesetzbuch werden im Maßregelvollzug psychisch kranke oder suchtkranke Rechtsbrecher untergebracht, die als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig gelten und bei denen eine weitere Gefährlichkeit zu erwarten ist. Diese Feststellungen trifft das Gericht in der Hauptverhandlung. Die Betroffenen werden anschließend in eine Einrichtung des Maßregelvollzuges eingewiesen. In Schleswig-Holstein gibt es diese in Neustadt und Schleswig.
Dort soll neben hohen baulichen Sicherheitsstandards eine qualifizierte Therapie für eine Besserung des psychischen Zustandes der forensischen Patienten und für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. Typische Krankheitsbilder sind Schizophrenie, affektive Störungen wie Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen. Im Gesundheitsministerium ist seit 2005 eine Fachaufsicht über den Maßregelvollzug etabliert, um die demokratische Legitimation zu gewährleisten. Das Land trägt die Kosten des Maßregelvollzugs.
Änderungen beim „Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen“ sind aufgrund zahlreicher inhaltlicher Änderungen, der Einführung neuer Regelungen sowie der Änderung der Reihenfolge der Vorschriften geboten. Den Schwerpunkt der Novellierung bilden unter anderem die Anpassung der Vorschriften zur Fixierung an die Anforderungen und Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die Klarstellung der gesetzlichen Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes, eine Stärkung der Rechtsstellung der betroffenen Menschen während der Unterbringung oder die Festlegung der Qualifikationsanforderungen an Gutachterinnen und Gutachter. Ein gesonderter Abschnitt beschäftigt sich zudem mit Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen während der Unterbringung.
Ähnlich sieht es im Maßregelvollzugsgesetz aus, das seit 2008 im Kernbereich unverändert ist. Auch hier gab es verschiedene Entwicklungen in der Fachdiskussion und der Rechtsprechung – insbesondere vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 24. Juli 2018 zum Thema Fixierung.
Der zuständige Sozialausschuss hat in beiden Gesetzesvorlagen Änderungen vorgenommen, die vor allem den betroffenen Personen zu Gute kommen sollen. So soll unter anderem betont werden, dass kein Mensch im Rahmen des Maßregelvollzugs auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität diskriminiert werden darf.
(Stand: 7. Dezember 2020)
Meldungen Erste Lesungen:
November 2019 (Maßregelvollzug / ohne Aussprache)
Januar 2020 (Psycho-Hilfegesetz / ohne Aussprache)
Entwurf eines Maßregelvollzugsgesetzes (MVollzG)
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1757
(Ausschussüberweisung am 15. November 2019)
Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses – Drucksache 19/2598
Entwurf eines Gesetzes zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1901
(Ausschussüberweisung am 24. Januar 2020)
Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses – Drucksache 19/2599