Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

10. Dezember 2020 – Dezember-Plenum

Wieder mehr Kontrollen in der Fleischindustrie

Sozialminister Heiner Garg will weiter gegen Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen vorgehen. Opposition und Grüne sehen noch viel Handlungsbedarf und keinen echten Sinneswandel.

Schlachthof Fleischindustrie Vion Bad Bramstedt
Im Zuge der Corona-Pandemie wurden in verschiedenen Schlachthöfen Mängel bei den Wohn-, Hygiene-, und Arbeitsbedingungen aufgedeckt. Foto: dpa, Gregor Fischer

Die Kontrollen in den großen fleischverarbeiteten Betrieben in Schleswig-Holstein werden Anfang kommenden Jahres wieder ausgeweitet. Das kündigte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) in einem von der SPD geforderten mündlichen Bericht an. Es werde „ein zeitlich befristeter und gebündelter Einsatz“ sein, der auch die Gemeinschaftsunterkünfte umfasse, die die Arbeitgeber stellen. Der Landtag zeigte sich einig: Der jahrzehntelange Missstand müsse endlich beendet und den „schwarzen Schafen“ der Fleischindustrie das Handwerk gelegt werden.

Hintergrund der Debatte sind die besonders im Zuge der Corona-Pandemie aufgedeckten Mängel bei den Wohn-, Hygiene-, und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Bereits seit dem Sommer habe es verstärkte Kontrollen gegeben, erklärte der Minister. So seien bis August große Betriebe zweimal pro Woche kontrolliert worden. Seit Juli seien bei 175 Kontrollen in Betrieben und Unterkünften 278 Mängel festgestellt worden. Die Kontrolldichte habe dann im Oktober angepasst werden können, „nachdem deutlich weniger Mängel“ festgestellt wurden. Ziel der neuen Kontrollen sei es nun „den Arbeits- und Gesundheitsschutz strukturell und nachhaltig zu verbessern“, erklärte der Minister.

Mehr Personal für die StAUK

Begrüßt wurde vom Landtag, dass die zuständige staatliche Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord (StAUK) in den kommenden Jahren deutlich personell verstärkt werden soll. Joschka Knuth (Grüne) sprach von „einem echten Meilenstein“. Es gebe eine Verdoppelung der Kapazitäten bis 2026.

Heiner Dunckel (SPD) warf der Fleischindustrie „systematisches Versagen und Verantwortungslosigkeit“ vor. Das mache ihn sprachlos. Hier agierten „Menschen denen Kritik, Gesetze und Menschen egal sind“. Selbstverpflichtung und Ehrenkodex seien bei den „Fleischbaronen“ nicht viel wert. Auch Christian Dirschauer (SSW) meinte, es habe in der Branche noch keinen „echten Sinneswandel“ gegeben. Das zeigten neue Gründungen von Unterfirmen.

CDU und FDP sehen kaum noch Probleme

Es sei etwas auf den Weg gebracht worden in Schleswig-Holstein, konstatierte hingegen Werner Kalinka (CDU). Wichtig sei eine Vernetzung der Behörden. „Ein Nebeneinander von Zuständigkeiten bringt nichts“, unterstrich er. Die Kontrollmechanismen seien transparent dargestellt. Wo etwas festgestellt werde, werde auch mehr kontrolliert. „Einen guten Ruf kann man sich also erarbeiten.“ Und Kay Richert (FDP) verwahrte sich dagegen, die handwerklichen Betriebe mit in die Kritik einzubeziehen. „Inzwischen ziehen alle Betriebe in Schleswig-Holstein mit. Dafür sind die Kontrollen ja auch da“, sagte er.

Die Landesregierung hat einen vom Landtag geforderten Bericht zur Überwachung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der Fleischindustrie vorgelegt, der nun im Plenum beraten werden soll. Hintergrund sind die besonders im Zuge der Corona-Pandemie aufgedeckten Mängel bei den Wohn-, Hygiene-, und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Dem Bericht zufolge ist die staatliche Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord Ende Juni angewiesen worden, die Kontrollen zu intensivieren. Mit Erfolg: Die festgestellten Mängel seien in den Sommermonaten deutlich zurückgegangen, sodass die Kontrolldichte inzwischen wieder etwas entzerrt wurde.

Seit Ende Juni 2020 wurden in Schleswig-Holstein die großen fleischverarbeitenden Betriebe und Schlachthöfe regelmäßig mehrfach wöchentlich kontrolliert. Ab 2021 soll die Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe eng an die Anforderungen des voraussichtlich 2021 inkrafttretenden „Arbeitsschutzkontrollgesetzes“ angepasst werden und abhängig vom betrieblichen Gefährdungspotential sein. Mit dem geplanten Bundesgesetz werden zudem die Arbeitgeber verpflichtet, die Unterbringung in Unterkünften zu dokumentieren. Voraussetzung für die vorgeschlagene Kontrolldichte ab 2021, etwa zwei Besuche pro Monat in Betrieben mit über 49 Mitarbeiter, und die Auswahl der Betriebe sind dem Bericht zufolge „eine sehr geringe Anzahl an Mängeln sowie kein auffälliges Infektionsgeschehen“.

Weitere Verbesserungen erwartet

Grundsätzlich zeigt sich die Landesregierung überzeugt, dass mit dem neuen „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ Gesetzeslücken zugunsten einer Verbesserung der Arbeits- und Unterkunftsbedingen der Beschäftigten in der Fleischindustrie geschlossen werden können. Die Ausweitung der Tests in allen sechs großen Schlachthöfen in Schleswig-Holstein hatte Gesundheitsminister Garg bereits im Mai angeordnet. Zuvor waren im Umfeld des Vion-Schlachthofs in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) rund 140 Menschen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden. Vion hatte daraufhin den Betrieb vorübergehend eingestellt.

Im Zuge der Debatte soll ein älterer Regierungsbericht zum Thema, der bereits im Herbst 2019 beraten worden war, auf Ausschussempfehlung formell zur Kenntnis genommen werden.

(Stand: 7. Dezember 2020)

Debatte bei Vorlage des Regierungsberichts:
November 2019

Debatte bei Antragstellung des aktuellen Berichts:
August 2020

Weitere vorherige Debatten zum Thema:
November 2020
Oktober 2020
Juni 2020

Ausschuss-Bericht

Kapazitäten und Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfen und in der Fleischverarbeitung in Schleswig-Holstein
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/1510

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses – Drucksache 19/2612

Regierungsbericht

Regelmäßige Überwachung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der Fleischindustrie in Schleswig-Holstein sicherstellen
Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2336(neu) 2. Fassung
(Landtagsbeschluss vom 28. August 2020)

Bericht der Landesregierung 19/2616