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Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in Schlachthöfen und Zerlege-Betrieben in Schleswig-Holstein haben im Landtag erneut zu einer kontroversen Diskussion geführt. Einig war sich das Plenum am Ende mit der Forderung an den Bund, das Gesetzgebungsverfahren zum angekündigten Arbeitsschutzkontrollgesetz schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen. Ein entsprechender Antrag der Jamaika-Koalition wurde einstimmig angenommen. Der Ursprungsantrag der SPD fand hingegen keine Mehrheit. Die Landesvorsitzende der SPD Serpil Midyatli warf der Union im Bund mangelnde Bereitschaft vor, etwas zu verändern.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant derzeit schärfere Regeln für die Fleischindustrie. Das überarbeitete Arbeitsschutzkontrollgesetz sollte eigentlich bereits vom Bundestag verabschiedet werden, wurde aber kurzerhand von der Tagesordnung genommen, nachdem die CDU noch Gesprächsbedarf angemeldet hatte. Wegen oft schlechter Arbeits- und Lebensbedingungen sollen laut Gesetzentwurf in der Branche Werkverträge ab 1. Januar und Leiharbeit ab 1. April 2021 verboten werden.
Sie SPD-Abgeordnete Midyatli verglich die bisherige Debatte zum Thema seitens der Union mit einer Seifenoper und Schmierenkomödie. „Sie dauert ewig, kommt nicht weiter, und es gibt immer dieselben Parolen“, erklärte sie. Das „miese Spiel der Werkverträge und Leiharbeit“ müsse beendet werden. Midyatli hielt der CDU „Scheinheiligkeit“ vor – sie zeige immer mal wieder Engagement, es passiere dann aber nichts.
Werner Kalinka (CDU) konterte, die SPD betreibe „billigste Parteipolitik“. Seit Mai habe es im Land mehr als 200 Kontrollen gegeben, die Betriebe arbeiteten mit. „Wir dulden keine schwarzen Schafe – hier nicht und in anderen Branchen auch nicht“, betonte Kalinka. Es gelte, den Schlachtereien und ihren Mitarbeitern zu helfen bei der Wohnungssuche, bei korrekter Zeiterfassung sowie dem Sicherstellen des Gesundheitsschutzes. Und: „Mit den Instrumenten wie Leiharbeit muss sorgsam umgegangen werden.“
Joschka Knuth (Grüne) erklärte, die Große Koalition in Berlin mache „in der Tat keinen guten Eindruck“. Das sei eher „ein Trauerstück“. Kontrolldruck alleine reiche nicht aus. „Die Betriebssituation ist strukturell schlecht“, so Knuth. Nötig sei das „rechtswirksame Ende der Werksverträge in der Fleischindustrie“.
Das sah der Koalitionspartner FDP anders. Kay Richert (FDP) betonte, wer Werkverträge verbieten will und glaube, das führe zu Verbesserungen, habe die Struktur nicht verstanden. „Wenn Werkverträge verboten werden, finden sich neue Lücken. Und um diese Gesetzeslücken sollten wir uns kümmern.“ Verstöße in der Branche in Schleswig-Holstein gebe es „nur vereinzelt und nicht systematisch“, so Richert.
Christian Dirschauer vom SSW sprang der SPD beiseite. Es sei „gehörig was faul“ in der Fleischindustrie – auch in Schleswig-Holstein. Die Behörden stünden bisher „mehr oder weniger hilflos daneben“. Daher sei es dringend nötig Geschäftsmodelle, die Ausbeutung unterstützten, zu beenden.
Volker Schnurrbusch vom AfD-Zusammenschluss im Landtag forderte, das Netz von regionalen Schlachtstätten auszubauen. Intensiviert werden müssten auch die Schlachtungen auf Haltungsbetrieben, „am besten mobil auf der Weide“. Auch die Direktvermarktung solle das Land verstärkt fördern, verlangte Schnurrbusch. Der entsprechende AfD-Antrag wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt.
Sozial- und Arbeitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, was in der Fleischindustrie passiere, sei „das Gegenteil von fairen Arbeitsbedingungen und wertschätzender Atmosphäre“. Auch er unterstütze daher das verschärfte Arbeitsschutzkontrollgesetz. Der derzeitige Streit in Berlin zwischen CDU und SPD gehe seiner Meinung nach darum, ob mit einem Verbot von Werkverträgen auch Leiharbeit verboten werden soll. Das halte er grundsätzlich für richtig, denn auch „das Konstrukt der Leiharbeit wird von der fleischverarbeitenden Industrie missbraucht, um Festangestellte aus Betrieben zu verdrängen“. Garg schlug vor, Leiharbeit nur noch zum Abarbeiten von Arbeitsspitzen zuzulassen und sie so „sinnvoll zu begrenzen“.
Die SPD hat erneut eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in Schlachthöfen und Zerlege-Betrieben gefordert. Die Fraktion ruft die Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene mit Nachdruck für einen besseren Arbeitsschutz einzusetzen. „Symbolische Appelle und Pseudoverbesserungen nach den Skandalen der letzten Jahre haben offenbar nicht gewirkt“, erläuterte SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli den Antrag. „Den Ausbeutern, den Tricksern in der Branche muss endlich wirksam gesetzlich begegnet werden, anstatt die Aufsichtsbehörden vor Ort in nicht gewinnbare Schlachten zu schicken“, sagte sie der Deutschen Presseagentur dpa.
In Berlin plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schärfere Regeln für die Fleischindustrie. Ein überarbeitetes Arbeitsschutzkontrollgesetz sollte eigentlich bereits vom Bundestag verabschiedet werden, wurde aber kurzerhand von der Tagesordnung genommen, nachdem die CDU noch Gesprächsbedarf angemeldet hatte. Wegen oft schlechter Arbeits- und Lebensbedingungen sollen laut Gesetzentwurf in der Branche Werkverträge ab 1. Januar und Leiharbeit ab 1. April 2021 verboten werden.
Das Gesetz war nach massenhaften Corona-Infektionen in Schlachthöfen und Zerlege-Betrieben auf den Weg gebracht worden. Ausgenommen werden sollen Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Der Verband der Fleischwirtschaft hatte kritisiert, bestimmte Lohnschlachtungen oder Markenfleischprogramme, Kooperationen von Betrieben und Gemeinschaftsunternehmen würden durch das Gesetz unmöglich gemacht.
In Kiel warf die SPD-Agrarpolitikerin Kirsten Eickhoff-Weber der Union vor, die Pläne innerhalb der Großen Koalition auf Bundesebene trotz „Tausenden Infektionen in den Schlachthöfen und massiven Verstößen gegen Arbeitsschutz und Hygienebestimmungen“ zu boykottieren. „Unabhängig von den Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen sich seit vielen Jahren verfestigte inakzeptable Umstände im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Wohnsituation der Arbeitskräfte feststellen“.
Ein weiteres Thema der Debatte ist die Forderung des fraktionslosen AfD-Abgeordneten Volker Schnurrbusch, der die Voraussetzungen für regionale Schlachtungen im Land erleichtern will. Sein Antrag appelliert an die Landesregierung, „den Aufbau eines Netzes regionaler Schlachtstätten mit verschiedenen Instrumentarien politischer Steuerung zu intensivieren und auf die rechtliche Ermöglichung regionaler wie lokaler Schlachtungen auf Bundes- sowie EU-Ebene hinzuwirken“. Außerdem soll die Landesregierung dem Parlament eine aktuelle Bestandsaufnahme der lokalen Schlachtmöglichkeiten vorlegen.
Schnurrbusch weist in seinem Antrag auf eine Entschließung des Bundesrates aus dem Juni hin. In der Beschluss-Drucksache 94/20 zur „Erweiterung der tierschutzgerechten Weideschlachtung“ heißt es unter anderem: „Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Schlachtung im Haltungsbetrieb unter Verwendung von mobilen oder teilmobilen Schlachteinheiten unterstützt werden soll.“ Grundsätzlich würden haltungsnahe Schlachtungen helfen, Lebendtiertransporte zu vermeiden – „wodurch Tierwohl als auch Fleischqualität enorm gehoben werden“, heißt es in der Begründung des Schnurrbusch-Antrags.
(Stand: 16. November 2020)
Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
Oktober 2020 (volle Schweineställe)
August 2020 (ohne Aussprache)
Juni 2020
Die SPD hat erneut eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in Schlachthöfen und Zerlege-Betrieben gefordert. Die Fraktion ruft die Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene mit Nachdruck für einen besseren Arbeitsschutz einzusetzen. „Symbolische Appelle und Pseudoverbesserungen nach den Skandalen der letzten Jahre haben offenbar nicht gewirkt“, erläuterte SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli den Antrag. „Den Ausbeutern, den Tricksern in der Branche muss endlich wirksam gesetzlich begegnet werden, anstatt die Aufsichtsbehörden vor Ort in nicht gewinnbare Schlachten zu schicken“, sagte sie der Deutschen Presseagentur dpa.
In Berlin plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schärfere Regeln für die Fleischindustrie. Ein überarbeitetes Arbeitsschutzkontrollgesetz sollte eigentlich bereits vom Bundestag verabschiedet werden, wurde aber kurzerhand von der Tagesordnung genommen, nachdem die CDU noch Gesprächsbedarf angemeldet hatte. Wegen oft schlechter Arbeits- und Lebensbedingungen sollen laut Gesetzentwurf in der Branche Werkverträge ab 1. Januar und Leiharbeit ab 1. April 2021 verboten werden.
Das Gesetz war nach massenhaften Corona-Infektionen in Schlachthöfen und Zerlege-Betrieben auf den Weg gebracht worden. Ausgenommen werden sollen Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Der Verband der Fleischwirtschaft hatte kritisiert, bestimmte Lohnschlachtungen oder Markenfleischprogramme, Kooperationen von Betrieben und Gemeinschaftsunternehmen würden durch das Gesetz unmöglich gemacht.
In Kiel warf die SPD-Agrarpolitikerin Kirsten Eickhoff-Weber der Union vor, die Pläne innerhalb der Großen Koalition auf Bundesebene trotz „Tausenden Infektionen in den Schlachthöfen und massiven Verstößen gegen Arbeitsschutz und Hygienebestimmungen“ zu boykottieren. „Unabhängig von den Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen sich seit vielen Jahren verfestigte inakzeptable Umstände im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Wohnsituation der Arbeitskräfte feststellen“.
Ein weiteres Thema der Debatte ist die Forderung des fraktionslosen AfD-Abgeordneten Volker Schnurrbusch, der die Voraussetzungen für regionale Schlachtungen im Land erleichtern will. Sein Antrag appelliert an die Landesregierung, „den Aufbau eines Netzes regionaler Schlachtstätten mit verschiedenen Instrumentarien politischer Steuerung zu intensivieren und auf die rechtliche Ermöglichung regionaler wie lokaler Schlachtungen auf Bundes- sowie EU-Ebene hinzuwirken“. Außerdem soll die Landesregierung dem Parlament eine aktuelle Bestandsaufnahme der lokalen Schlachtmöglichkeiten vorlegen.
Schnurrbusch weist in seinem Antrag auf eine Entschließung des Bundesrates aus dem Juni hin. In der Beschluss-Drucksache 94/20 zur „Erweiterung der tierschutzgerechten Weideschlachtung“ heißt es unter anderem: „Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Schlachtung im Haltungsbetrieb unter Verwendung von mobilen oder teilmobilen Schlachteinheiten unterstützt werden soll.“ Grundsätzlich würden haltungsnahe Schlachtungen helfen, Lebendtiertransporte zu vermeiden – „wodurch Tierwohl als auch Fleischqualität enorm gehoben werden“, heißt es in der Begründung des Schnurrbusch-Antrags.
(Stand: 16. November 2020)
Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
Oktober 2020 (volle Schweineställe)
August 2020 (ohne Aussprache)
Juni 2020
Arbeitnehmer*innenschutz in der Fleischindustrie vor Lobbyinteressen stellen – keine wertvolle Zeit bei der Umsetzung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes verlieren
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2555
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/2589
Tier- und Verbraucherschutz erhöhen – Regionale und lokale Schlachtungen erleichtern
Antrag des Abgeordneten Volker Schnurrbusch und der Abgeordneten der AfD – Drucksache 19/2557