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19. November 2020 – November-Plenum

Düngeverordnung: SPD hat Zweifel an Nitrat-Kartierung

Die Landesregierung ist dabei, die neuen Bundesvorgaben zur Düngung in eine Landesverordnung zu gießen. Während es Lob von den Koalitionsfraktionen gibt, beklagt die SPD weiterhin mangelnde Rechtssicherheit.

Düngemittel Verordnung Traktor
Unerlässlich für den Anbau, ein Problem für das Grundwasser: die Düngung auf den Feldern. Foto: dpa, Carsten Rehder

Der jahrelange Streit um das Ausbringen von Gülle auf Schleswig-Holsteins Felder geht in eine weitere Runde. Während Jamaika-Regierung und die gleichfarbigen Fraktionen im Parlament die Planung für die am Jahresanfang in Kraft tretende Düngeverordnung des Landes lobten, sprach die SPD von „Schönrechnerei“. Klar ist laut Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht: Landwirte müssen ab dem kommenden Jahr das Ausbringen von Dünger noch präziser melden, um die europäische Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen.

Um ein weiteres EU-Verfahren und hohe Strafzahlungen abzuwenden, hatte der Bundesrat im März die Dünge-Regeln für deutsche Bauern zum Schutz des Grundwassers vor zu viel Nitrat weiter verschärft. Bis Jahresende müssen die Länder entsprechende Verordnungen erlassen haben. Albrecht berichtet im Plenum von einem Drei-Stufen-Plan, mit dem die Verursacher von hohen Nitratgehalten im Boden punktgenauer ausfindig gemacht werden sollen.

CDU: „Großer Tag“ für die Gewässerqualität

Nach den nun vorliegenden neuen Berechnungen sind laut Minister Albrecht allerdings statt bisher 14.000 landesweit nur noch 1500 landwirtschaftliche Betriebe von den künftig geltenden Vorgaben besonders betroffen. Aber: „Auch alle anderen Betriebe müssen die Vorgaben beachten“, so Albrecht in seinem von der Jamaika-Koalition geforderten mündlichen Bericht.

Heiner Rickers (CDU) sprach angesichts der Tatsache, dass statt bisher rund 60 Prozent jetzt nur noch rund 10 Prozent der Landesfläche als stark nitratbelastet gelten, von einem „großen Tag“ für die Gewässerqualität in Schleswig-Holstein und für die Landwirtschaft. „Es muss sich also was verbessert haben, denn sonst könnte man das unter der scharfen Beurteilung der EU ja nicht so einfach behaupten“, so Rickers.

SPD: „Bärendienst“ für die Landwirtschaft

Das wies Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) entschieden zurück. Sie bezeichnete das Vorgehen als „Schönrechnerei“. An vielen Stellen hätten sich die Werte sogar verschlechtert. Allerdings würden jetzt die Grundwasserkörper, die in schlechtem Zustand sind, nicht mehr berücksichtigt. „Sie erweisen der Landwirtschaft damit einen Bärendienst“, sagte Eickhoff-Weber in Richtung Landesregierung. Eine Rechtssicherheit werde nicht erreicht.

Oliver Kumbartzky (FDP) hielt dem entgegen, die SPD verbreite Panik und stehe „schmollend in der Ecke“. Eine pauschale Nitrat-Reduzierung bringe den Gewässern wenig. Es müsse „verursachergerecht“ gehandelt werden. Kumbartzky forderte zudem mehr Messstellen für eine regelmäßige Überprüfung. Bernd Voß (Grüne) ergänzte, die Kontrollen müssten einerseits verstärkt und andererseits effizienter gestaltet werden. Der jetzige Zustand sei die Auswirkung von „jahrelanger Verschleppung“.

Dem schloss sich Christian Dirschauer (SSW) an, der auch mehr „Messtiefen“ ins Spiel brachte. Grundsätzlich begrüßte er die nun vorliegende „nachvollziehbare Nitrat-Karte“. Gerade im nördlichen Landesbereich bräuchten Landwirte aber mehr Beratung und Programme, um die dort besonders betroffenen Betriebe „nicht hängen zu lassen“. 

Um ein weiteres EU-Verfahren und hohe Strafzahlungen abzuwenden, hat der Bundesrat im März die Dünge-Regeln für deutsche Bauern zum Schutz des Grundwassers vor zu viel Nitrat weiter verschärft. Schleswig-Holstein enthielt sich bei der Abstimmung in der Länderkammer, da innerhalb der Jamaika-Koalition die FDP von Murks sprach. Auf Betreiben der Koalitionsfraktion soll jetzt die Landesregierung, die an einer Landesdüngeverordnung arbeitet, im Plenum über die Umsetzung der aktuellen Vorgaben des Bundes berichten.

Der Bund räumt den Ländern für die Umsetzung wichtiger Teile der Düngeverordnung, etwa die neue Ausweisung von Gebieten mit besonders hoher Nitrat-Belastung, Zeit bis zum Jahreswechsel ein. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise, die auch Bauern und Landesbehörden belastet, hatte die EU einer Fristverlängerung zugestimmt.

Förderprogramm für Landwirte

Zeitgleich mit dem Bundesratsbeschluss im Frühjahr hatte die Landesregierung ein neues Förderprogramm zum Nährstoffmanagement aufgelegt, um Schleswig-Holsteins Bauern bei der Umsetzung der neuen Düngeverordnung zu helfen. Es sieht vor, dass der Grundwasserschutz mit technischen und baulichen Verbesserungen zur gezielteren Nutzung der Nährstoffgehalte in der Gülle weiter optimiert und der Einsatz von Mineraldünger verringert werden. Die Gesamtfördersumme für das Programm beläuft sich den Angaben zufolge bis 2022 auf rund 4,8 Millionen Euro, das sind jährlich 1,6 Millionen.

Gefördert wird die Anschaffung von Gülleausbringungstechnik, der Bau von Festmistlagerstätten sowie die Errichtung von Lagunen und Erdbecken zur Sammlung verunreinigter Oberflächenwasser wie zum Beispiel Sickerwasserausträge oder Regenwasser von Hofflächen. Außerdem werden neue Lagerbehälter unterstützt, die im Interesse des Klimaschutzes über feste Abdeckungen zum Schutz vor Emissionen verfügen müssen. Eine Förderung gibt es auch für Abdeckungen, mit denen bestehende Behälter ausgestattet werden. Die Antragsfrist endete am 30. Juni 2020.

Viel weniger „rote“ Nitrat-Gebiete in Schleswig-Holstein

Ende Oktober überraschte das Kieler Landwirtschaftsministerium mit der Nachricht, dass in Schleswig-Holstein eine deutlich kleinere Fläche als „hoch mit Nitrat“ belastet ausgewiesen werden soll. Einem Ressortsprecher zufolge wird die mit „rot“ ausgewiesene landwirtschaftliche Fläche zum bisherigen Stand auf zehn Prozent sinken. Dies hänge auch mit einem genaueren Messverfahren zusammen. In „roten Gebieten“ müssen betroffene Landwirte den Einsatz von Dünger erheblich senken.

Bisher sind 50 Prozent der Landesfläche als „rote Gebiete“ eingestuft. Damit werden aber nicht nur landwirtschaftliche Nutzflächen erfasst, sondern auch Wälder und Seen. „Nachdem sich eine Ausweisung von roten Gebieten nicht gänzlich verhindern lässt, ist eine so deutliche Reduzierung auf einen Bruchteil der ursprünglich betroffenen Fläche eine Entlastung für viele Flächen und Betriebe“, freute sich Schleswig-Holsteins Bauernpräsident Werner Schwarz.

(Stand: 16. November 2020)

Vorherige Debatten zum Thema:
Februar 2020 (Nitratbelastung)
August 2019

Antrag

Umsetzung der Düngeverordnung in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2545