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Regierung und Opposition verteidigen den eigenständigen Weg des Landes in der Corona-Politik. Zudem gibt es Forderungen nach Lockerungen für die Gastronomie und Vorwürfe an die Adresse anderer Bundesländer.
Der Norden bleibt bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auf einem eigenen Kurs. Das hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung vor dem Landtag bekräftigt: „Wir sind gemeinsam auf einem guten Weg.“ Aufgrund der deutlich geringeren Fallzahlen als in den meisten anderen Bundesländern sei ein „regional angepasstes Verhalten“ absolut richtig, so Günther. Deswegen sei Schleswig-Holstein von den strengeren Absprachen des Bund-Länder-Gipfels vom vorigen Mittwoch abgewichen. Das Parlament hatte eine Sondersitzung einberufen, um zeitnah über die Vereinbarungen der Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung zu beraten. Im Landtag gab es viel Zuspruch für Günthers Linie und teils scharfe Kritik am Bund und an anderen Ländern mit hohen Corona-Zahlen.
Ein Kernpunkt: Im Norden können sich weiterhin maximal zehn Menschen treffen, während es in den anderen Ländern höchstens fünf Personen aus zwei Hausständen sind. Es sei eine „klare Ansage“, so Günther, dass Schleswig-Holstein bei seinen bewährten Vorgaben und der Zahl Zehn bleibe. Lockerungen für die Feiertage lehnte der Ministerpräsident ab: „Das Signal: Weihnachten und Silvester ist mehr erlaubt - davon halte ich gar nichts.“ Er rief die Menschen im Lande auf, weiterhin „Solidarität“ zu üben und Kontakte einzuschränken.
Trotz des aktuellen Inzidenzwertes von knapp 50 gebe es „überhaupt keinen Grund, sich zurückzulehnen“, betonte Günther. Mit Blick auf die Gastronomie sagte er: „Stellt euch darauf ein, auch Weihnachten und Neujahr wird es keine Öffnungen in diesem Bereich geben.“ Zugleich hoffe er, so Günther, den Betrieben, „die noch schließen müssen“, zum Jahresanfang eine neue Perspektive bieten zu können. Und: Wer in Schleswig-Holstein über Weihnachten Verwandte besuchen will, darf dafür in einem Beherbergungsbetrieb übernachten. Vom 23. bis 27. Dezember seien jeweils maximal zwei Übernachtungen pro Person erlaubt.
„Solidarität bleibt das Gebot der Stunde“, sagte auch Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD). Er appellierte an die Eigenverantwortung und bat darum, „Menschenaufläufe“ zu Silvester zu vermeiden und auch „keine Bespitzelung der Nachbarn“ vorzunehmen. Bei den Corona-Maßnahmen forderte Stegner Nachschärfungen. Es sei „unverständlich, dass Schüler morgens in Schulbussen eng gedrängt sitzen, um dann fein säuberlich in Kohorten aufgeteilt zu werden“. Stegner erneuerte die Forderung, derzeit ungenutzte Busse für den Schülertransport einzusetzen. Zudem müssten die Hilfszahlungen für Betriebe schnell und „unbürokratisch“ beim Empfänger landen.
CDU-Fraktionschef Tobias Koch richtete schwere Vorwürfe an andere Bundesländer. Dass die Infektionszahlen in Schleswig-Holstein so niedrig seien, das sei „mehr als Glück“, denn „das haben wir uns selbst erarbeitet“. Im Vergleich zu anderen Ländern habe Schleswig-Holstein stets strengere Regeln gehabt, etwa die Maskenpflicht an Schulen, die Obergrenzen von 50 bei privaten Feiern und das Singverbot in Kirchen. Andere Länder hätten sich dagegen vor unangenehmen Vorgaben gedrückt, so Koch. Dort bestehe „Nachholbedarf“. Forderungen nach einer stärkeren Beteiligung der Länder an den Corona-Hilfen lehnte er entschieden ab: „Wir können doch nicht dafür bezahlen, dass andere Bundesländer die zweite Corona-Welle mit begünstigt haben.“
Eka von Kalben (Grüne) warnte hingegen davor, „dass wir uns als Schleswig-Holstein zu sehr erheben“. Auch im Hamburger Rand seien die Werte teilweise hoch. Es gebe ein Problem für Metropolregionen und „eine gewisse Gnade“ für ländliche Gegenden, so von Kalben. Sie verteidigte die Art der Beschlussfassung während der Corona-Pandemie. Die Maßnahmen seien nicht in einer „Klüngelrunde per Video mit der Kanzlerin“ beschlossen worden, sondern das Parlament sei immer beteiligt gewesen. „Das Märchen vom Untergang der Demokratie ist damit eindeutig widerlegt“, so von Kalben: „Wir sind keine kollektiven Lemminge und auch kein Virologen-Fanclub.“
Christopher Vogt (FDP) forderte klare Leitlinien aus Berlin: „Die Bundesregierung sollte mit offenen Karten spielen, was sie für Januar, Februar und März plant“, und ob weitere Einschränkungen zu erwarten seien. Es müsse „eine Perspektive für Hotels und Gaststätten“ geben, so Vogt, und „der Bund muss mehr für die Soloselbständigen tun“. Auch der FDP-Fraktionschef lehnte eine weitere Belastung des Landeshaushalts ab. Der Bund habe die Leitlinien der Corona-Politik vorgeben und damit auch die „Verantwortung bei der Finanzierung“ übernommen. „Dass wir nochmal Milliardenpakete schnüren, dass sehe ich nicht“, betonte Vogt.
Lars Harms (SSW) machte auf die Lage größerer Sportvereine aufmerksam, die ein breites Angebot hätten und „hohe Investitionskosten“ tragen müssten. Dort seien viele Mitglieder ausgetreten. Diese Vereine seien bisher aber „durchs Raster gefallen“. Harms forderte, Kitas und Schulen offen zu halten, damit „auch diejenigen, die aus nicht so guten Verhältnissen kommen, vernünftigen Unterricht und gleiche Bildungschancen bekommen“. Zudem mache es keinen Sinn, „den Einzelhandel weiter zu quälen“, denn es gebe „keinen Beleg dafür, dass es dort besonders viele Ansteckungen gibt“.
AfD fordert raschere Öffnungen
Die AfD forderte, dass das Parlament bei künftigen Corona-Beschlüssen die Handlungsentwürfe der Regierung im Vorwege genehmigen soll. Und: Bei geringen Infektionszahlen sollen Restaurants, Hotels, Kultureinrichtungen oder Freizeiteinrichtungen nach Willen der AfD öffnen dürfen. „In weiten Teilen des Landes haben wir kein signifikantes Infektionsgeschehen“, so der Abgeordnete Jörg Nobis. Eine Verlängerung des Lockdowns bis 20. Dezember sei deswegen in vielen Regionen nicht engmessen. Beide Anträge wurden abgewiesen. Jamaika, SPD und SSW verabschiedeten stattdessen ein eigenes Papier. Ein Punkt darin: Bei der Krankenhausfinanzierung fordert der Landtag vom Bund „erhebliche Nachbesserungen zugunsten der Bundesländer mit einem geringen Infektionsgeschehen“.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wird dem Plenum in einer Regierungserklärung über den Verlauf und die Ergebnisse der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten zur Corona-Pandemie sowie zu den Auswirkungen auf das Land berichten. Nach dem länderübergreifenden Corona-Gespräch hat sich bestätigt, dass Schleswig-Holstein insbesondere im Bereich der strengeren Kontaktbeschränkungen einen Sonderweg gehen wird. Mit in die anschließende Aussprache im Parlament, das mit dieser Sondersitzung auf eine enge Beteiligung an den Regierungsentscheidungen drängt, fließen zwei Anträge des AfD-Zusammenschlusses ein.
Im Gegensatz zu den anderen Ländern will Schleswig-Holstein keine strengeren Kontaktbeschränkungen. Angesichts der niedrigen Corona-Infektionszahlen hält die Landesregierung daran fest, dass private Zusammenkünfte weiter mit bis zu zehn Personen möglich sind. Die Zahl der Hausstände ist nicht vorgegeben, empfohlen werden aber maximal zwei Hausstände. In den übrigen Ländern soll die Zahl auf fünf Personen beschränkt werden. Auch in anderen Bereichen will das Land von der Bundeslinie abweichen und mit Lockerungen den bis 20. Dezember verlängerten Teil-Lockdown in Deutschland etwas abmildern. Nach der Video-Schalte der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch kündigte Günther an, dass Nagel- und Kosmetik- sowie Massagestudios ab kommenden Montag wieder öffnen können. Das gelte auch für Tierparks, Zoos und Wildgehege. Für den Gastronomie-Bereich bleibt das Öffnungsverbot dagegen bestehen.
Außerdem wird Schleswig-Holstein daran festhalten, dass sich in Läden pro zehn Quadratmeter Raum ein Kunde aufhalten darf. Den Bund-Länder-Beschluss, die Fläche pro Kunde auf 20 Quadratmeter auszuweiten, werde Schleswig-Holstein nicht übernehmen, sagte Günther. Zugleich kritisierte er, dass über Weihnachten ab 23. Dezember bis Neujahr die anderen Länder die Kontaktbeschränkungen lockern wollen. Dann dürfen sich zehn Personen treffen - egal aus wie vielen Hausständen – plus einer unbeschränkten Zahl von Kindern unter 14 Jahren.
Die Landesregierung will die neue Landesverordnung zur Corona-Bekämpfung am Sonntag beschließen, so dass sie am Montag in Kraft treten kann. Der Fahrplan sieht so aus: Am Freitag wird Ministerpräsident Günther in der Sondersitzung des Landtages seine Regierungserklärung abgeben. Nach der Anhörung von Verbänden befassen sich die Ministerien am Samstag mit der Vorlage und machen möglicherweise Änderungsvorschläge. Am Folgetag entscheidet dann das Kabinett über die Landesverordnung. Deren Laufzeit ist noch offen. Beim Bund-Länder-Gipfel war eine Verlängerung des Teil-Lockdowns bis zum 20. Dezember beschlossen worden.
Derzeit weist Schleswig-Holstein bei der Sieben-Tage-Inzidenz von Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner mit gut 47 den niedrigsten Wert aller Bundesländer auf.
LOCKERUNGEN:
Nagel- und Kosmetik- sowie Massagestudios sollen ab kommendem Montag (30. November) in Schleswig-Holstein wieder öffnen können. Das gilt auch für Tierparks, Zoos und Wildgehege. Der Corona-Gipfel hat solche Öffnungen nicht beschlossen.
GESCHÄFTE:
Schleswig-Holstein bleibt dabei, dass sich in Läden pro 10 Quadratmeter ein Kunde aufhalten darf. Der Bund-Länder-Beschluss sieht dagegen vor, die Fläche in großen Geschäften pro Kunde auf 20 Quadratmeter auszuweiten.
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN:
Schleswig-Holstein hält an seiner bisherigen Zehn-Personen-Regel auch im ganzen Dezember einschließlich Weihnachten und Neujahr fest. Das bedeutet: Es dürfen sich maximal zehn Menschen aus zwei Hausständen öffentlich treffen. Im privaten Bereich gilt die gleiche Personenzahl, aber die Zahl der Hausstände ist hier nicht vorgegeben – empfohlen werden aber maximal zwei Hausstände.Dabei bleibt undefiniert, was ein Hausstand genau ist. Günther sagte in Abgrenzung zu den Gipfel-Beschlüssen, es könnten an Weihnachten Personen aus zwei oder vielleicht auch drei Hausständen sich treffen - aber nicht aus zehn Haushalten und mit einer unbegrenzten Zahl von Kindern unter 14 Jahren.
Zum Vergleich die Bund-Länder-Regelung: Privat dürfen sich im Dezember maximal fünf Freunde, Verwandte und Bekannte aus zwei Haushalten treffen; hinzu kommen Kinder bis 14 Jahre. Allerdings gilt von Weihnachten bis Neujahr (23. Dezember bis 1. Januar) befristet eine Lockerung dieser Kontaktbeschränkung: Im engsten Familien- und Freundeskreis dürfen dann maximal zehn Menschen feiern plus eine unbegrenzte Zahl an Kindern bis 14 Jahre.
SCHULEN:
Die Ferien enden am 6. Januar, das ist ein Mittwoch. An den beiden Folgetagen (7./8. Januar) wird es nach Angaben von Ministerin Karin Prien vom Donnerstag an Präsenzunterricht an den meisten Schulen nicht geben, sondern zwei Distanz-Lernübungstage. Formal werden die Ferien also nicht verlängert. Der bundesweit vorgezogene Beginn der Weihnachtsferien auf den 19. Dezember hat keine praktischen Folgen für Schleswig-Holstein, denn letzter Unterrichtstag im Norden ist der 18. Dezember, ein Freitag.
Auch die von Bund und Ländern beschlossene Ausweitung der Maskenpflicht im Unterricht ab der 7. Klasse, abhängig von den regionalen Corona-Zahlen, hat für Schleswig-Holstein keine Folgen, denn im Norden gelten bereits schärfere Regeln. Schüler müssen im Unterricht bereits ab der 1. Klasse einen Mund-Nasenschutz tragen, sofern in der Region mehr als 50 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen festgestellt wurden. Neu ist, dass Lehrer im Unterricht und im Klassenzimmer Masken tragen müssen und Visiere nur in Ausnahmefällen erlaubt sind.
GASTRONOMIE UND HOTELS:
Hoteliers und Gastronomen müssen sich nach den Worten Günthers darauf einstellen, dass sie noch über den Jahreswechsel hinaus geschlossen bleiben. Der bundesweite Teil-Lockdown bis 20. Dezember sieht bei Hotels und Gastronomie ebenfalls keine Öffnungen vor.
Zu der Debatte liegen zwei Anträge des AfD-Zusammenschlusses vor. So ruft Claus Schaffer unter anderem dazu auf, bei künftigen Beschlussfassungen zu Corona-Maßnahmen eine Befassung des Landtags zu gewährleisten und Handlungsentwürfe der Regierung dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Und Volker Schurrbusch fordert bei geringen Infektionszahlen Schließungen, etwa von Restaurants, Hotels, Kultureinrichtungen oder Freizeiteinrichtungen, aufzuheben, sofern dort Hygienemaßnahmen getätigt werden.
(Stand: 24. November 2020)
„Wir sind der Schlüssel — Herausforderungen gemeinsam meistern“
Regierungserklärung des Ministerpräsidenten – Drucksache 19/2607
Corona-Maßnahmen fortsetzen und inzidenzabhängig ausgestalten
Antrag der der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, FDP und der Abg. des SSW – Drucksache 19/2625
Mündlicher Bericht zu der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Corona-Pandemie am 25. November 2020
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, FDP und den Abg. des SSW – Drucksache 19/2583
Parlamentarische Beteiligung an Corona-Maßnahmen sicherstellen
Claus Schaffer und dem Zusammenschluss der AfD – Drucksache 19/2595
Einschränkungen nur mit Augenmaß: Schließungen zurücknehmen, Wirtschaft beleben, Kultur und Freizeit ermöglichen
Volker Schnurrbusch und dem Zusammenschluss der AfD – Drucksache 19/2596
Der Ministerpräsident und die Mitglieder der Landesregierung haben die Möglichkeit, während einer Plenarsitzung des Landtages eine Regierungserklärung, das heißt, eine Stellungnahme zu einem aktuellen politischen Thema, abzugeben. Traditionell stellt ein frisch gewählter Regierungschef zum Beginn einer Wahlperiode sein Regierungsprogramm in einer ausführlichen Regierungserklärung vor. Die anschließende Aussprache des Landtages wird in der Regel durch den Oppositionsführer eröffnet. In der vergangenen 18. Wahlperiode (2012 bis 2017) hat die Landesregierung insgesamt 17 Regierungserklärungen auf die Tagesordnung gehoben.