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Durch den neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis 2027 drohen finanzielle Einbußen auch für Schleswig-Holstein. Sollen die Gelder durch Landesmittel ausgeglichen werden? Der Landtag ist sich uneins.
Der Landtag hat darüber diskutiert, ob ab 2021 eventuell wegfallende EU-Fördermittel aus Geldern des Landes kompensiert werden sollen. Das hatten SPD und SSW gemeinsam gefordert. Die Jamaika-Fraktionen lehnen dies jedoch grundsätzlich ab und verabschiedeten einen entsprechenden Antrag.
„Nach allem, was wir wissen, wird es durch Umstrukturierungen und das Zusammenführen von gleich fünf Fonds im neuen Europäischen Sozialfonds ESF+ deutliche Mittelkürzungen geben“, sagte die SPD-Abgeordnete Regina Poersch. Neben den Kürzungen stellten auch höhere Kofinanzierungen die im sozialen Bereich aktiven oft kleineren Organisationen, Vereine und Verbände vor Probleme. „Sie aber halten stur daran fest, was Sie 2017 in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben: Eventuell wegfallende EU-Mittel können grundsätzlich nicht durch Landesmittel ersetzt werden“, warf sie Jamaika vor. Dieses Damoklesschwert hänge über wichtigen und notwendigen Projekten, die etwa Jugendliche in der Ausbildung oder Frauen in der Arbeitswelt unterstützen.
„Seit längerem laufen die Verhandlungen widrigsten Rahmenbedingungen“, sagte der CDU-Abgeordnete Hartmut Hamerich. Durch den Brexit fehlten Einnahmen von circa zwölf Milliarden Euro. Alle Länder erlebten zudem „historische Einbrüche in der Wirtschaft“, kaum ein EU-Mitgliedsland sei bereit, einen höheren Beitrag für die EU zu leisten, so Hamerich. Dabei wüchsen die Aufgaben, etwa bei den Integrationsmaßnahmen, dem Klimaschutz, der Grenzsicherung und der Digitalisierung. Aber „einen Blankoscheck auszustellen, ist mit uns nicht zu machen“, sagte der CDU-Experte für Europapolitik. Dennoch, „wenn wir sagen ´grundsätzlich nicht´, dann gibt es auch Ausnahmen“, so Hamerich weiter.
Europa-Minister Claus-Christian Claussen (CDU) befürchtet „umfangreiche Kürzungen“. „Wie hoch die Mittelverluste für Schleswig-Holstein sein werden, lässt sich noch nicht abschließend beziffern“, so Claussen. Es gehe nun darum „so viele Mittel wie möglich zu generieren.“ Unsicherheiten prägten die Situation. Erst ab dem Frühjahr des kommenden Jahres könne eine operative Strategie entwickelt werden.
Der SSW fehlte bei der Plenartagung komplett. Die drei Abgeordneten Lars Harms, Christian Dirschauer und Jette Waldinger-Thiering haben sich in Quarantäne begeben. Hintergrund: Die SSW-Politiker hatten sich in der vergangenen Woche mit einer Person getroffen, die positiv auf Corona getestet wurde. Derzeit machen die Abgeordneten eine Schnelltest und hoffen, am Nachmittag wieder an der Tagung teilnehmen zu können.
Weitere Hauptredner:
Bernd Voß (Grüne), Stephan Holowaty (FDP)
Zwischen den Regionen innerhalb Europas bestehen nach wie vor wirtschaftliche und soziale Unterschiede. Die Europäische Union nutzt daher verschiedene Instrumente, um diese Unterschiede in den Mitgliedstaaten zu verringern. Im kommenden Jahr beginnt eine neue Förderperiode, in deren Diskussionsprozess nach Auffassung von SPD und SSW Kommunen und Gesellschaft in Schleswig-Holstein „unter Berücksichtigung der regionalen und zivilgesellschaftlichen Interessen und Besonderheiten“ maßgeblich beteiligt werden müssen.
Der Landtag soll sich nach dem Willen der Antragsteller nicht nur bei der Neuausrichtung der Förderperiode engagieren, sondern auch vierteljährlich über den Stand der Programmierung und ab 2021 über die Verwendung der EU-Mittel informiert werden. Beteiligungs- und Entscheidungsstrukturen über den Mitteleinsatz soll die Landesregierung überprüfen und wieder regionalisieren, so SPD und SSW in ihrem Antrag. Und: Eventuell wegfallende EU-Mittel sollten auch durch Landesmittel ersetzt werden können.
Koalition legt Alternativantrag vor
Zu letzterem Punkt widerspricht die Jamaika-Koalition in einem Alternativantrag. Wegfallende EU-Fördermittel könnten grundsätzlich nicht durch Landesmittel ersetzt werden. CDU, Grüne und FDP rufen weiter unter anderem dazu auf, die kommunale Ebene an der Ausrichtung der Strategie für die Verwendung der Fördermittel in Schleswig-Holstein wie bisher „in einem strukturierten und transparenten Verfahren“ zu beteiligen.
Die Verordnungsentwürfe der EU-Kommission für die anstehende Förderperiode 2021 bis 2027 sehen eine Konzentration auf fünf politische Ziele vor, wobei gemäß den Investitionsleitlinien der EU-Kommission nur drei der fünf Ziele in Deutschland verfolgt werden sollen. Dazu gehören unter dem Motto „für ein intelligenteres Europa“ die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und digitalem Wandel, unter dem Motto „für ein grüneres Europa“ die Förderung der Energieeffizienz und der Energiewende sowie unter dem Motto „für ein bürgernahes Europa“ die nachhaltige und integrierte Entwicklung durch Initiativen vor Ort zur Förderung von Wachstum und sozioökonomischer lokaler Entwicklung von städtischen, ländlichen und Küstenregionen.
Verhandlungen im EU-Parlament stecken fest
Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer hatten sich im Juli auf ein Corona-Krisenprogramm „Next Generation EU“ im Umfang von 750 Milliarden Euro und einen siebenjährigen EU-Haushalt von 1074 Milliarden Euro geeinigt. Der Haushalt braucht aber die Billigung des EU-Parlaments. Dort stecken die Verhandlungen allerdings fest. Die Abgeordneten wollen die notwendige Zustimmung nur geben, wenn es mehr Geld als geplant für EU-Programme wie Erasmus (Jugend & Bildung) und Horizon (Forschung) gibt und wenn ein schlagkräftiger Rechtsstaatsmechanismus geschaffen wird.
Zugleich drohen Länder wie Polen und Ungarn, dass sie für den langfristigen Haushalt notwendigen Beschlüssen nur zustimmen werden, wenn der Rechtsstaatsmechanismus so konstruiert wird, dass er für sie ungefährlich ist. Schließlich müssen auch alle 27 EU-Staaten die Finanzierungsgrundlage – den sogenannten Eigenmittelbeschluss – ratifizieren. Der Haushaltsrahmen 2021 bis 2027 soll dann zum 1. Januar in Kraft treten. Das erste Geld aus dem 750-Milliarden-Paket soll im Laufe des Jahres 2021 fließen.
(Stand: 26. Oktober 2020)
Vorherige Debatte zum Thema:
Juni 2020