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Eine Große Anfrage der AfD zu den Kosten von Zuwanderung löst eine emotionale Debatte im Landtag aus. Die AfD wittert Steuergeldverschwendung, alle anderen sprechen von Populismus und Meinungsmache.
Ausgelöst durch eine Große Anfrage der AfD-Fraktion zu den „fiskalischen Lasten der Zuwanderung“ ist im Landtag eine emotionale Debatte über Wert und Kosten von Immigration entbrannt. Auf vierzig Seiten hatte die Regierung in ihrer Antwort dazu Zahlen vorgelegt.
„Das Geld wurde nach Auffassung der AfD zum Fenster rausgeschmissen“, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Demzufolge hätte man das Geld besser in Lehrer, Polizisten und Infrastruktur investieren sollen, so die Ministerin. „Das ist fahrlässigster Populismus. Sie versuchen, unsere Gesellschaft auseinander zu treiben“, sagte Heinold. Die Zahl der Flüchtlinge sei seit 2015 Jahr für Jahr zurückgegangen und sei nun auf einem ähnlichen Stand wie im Jahr 2013.
Die Große Anfrage schaffe erstmals Transparenz über die Kosten, die „seit der Grenzöffnung durch Angela Merkel für Asylverfahren und Integration in Schleswig-Holstein aufgelaufen sind“, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis. Von 2014 bis 2019 habe das Land 2,2 Milliarden Euro für Asylverfahren und Integration ausgegeben. Zwar habe der Bund die Hälfte davon erstattet, doch auch das seien Steuergelder. „Der Welt würden die Flüchtlingsströme niemals ausgehen, Ihnen aber das Geld“, sagte Nobis an das Kabinett Günther gerichtet. Es sei die Frage, ob das Land sich „rechtswidrige Migration“ und eine „laxe Abschiebepraxis“ leisten könne.
„Wenn wir unseren Wohlstand im Land halten wollen, dann sind wir bei einer immer älter werdenden Gesellschaft schlichtweg auf Zuwanderung angewiesen“, sagte der CDU-Abgeordnete Ole-Chistopher Plambeck. Diese Realität passe nicht in die Wertvorstellung der AfD-Fraktion. Darum betreibe sie mit dem Instrument der Großen Anfrage „tendenziöse Meinungsmache“ und suggeriere, „dass die Zuwanderung eine Last darstellen würde, die nicht zu bewältigen wäre“. Die AfD-Fraktion verunglimpfe Teile der Gesellschaft, ohne Lösungen anzubieten.
Ralf Stegner (SPD):
„Die perfide Idee der Rechten ist, an Menschen ein Preisschild zu heften: Lohnt oder lohnt nicht. In Anbetracht dessen, dass die AfD dieselbe Copy-und-Paste-Anfrage zum Thema Zuwanderung nicht nur im Bundestag, sondern auch in Brandenburg, in NRW und in Hamburg stellt, komme ich schon ins Nachdenken, ob es nicht lohnen würde, die Kosten durch verschwendete Arbeitsstunden pro AfD-Abgeordneten auszurechen.“
Lasse Petersdotter (Grüne):
„Zuwanderung hat das deutsche Wirtschaftswunder überhaupt erst möglich gemacht. Das Land ist viel besser, als Sie es darstellen, und das ist Ihr größtes Problem. Es ist gruselig, dass die Hälfte Ihrer Fraktion aus Beamten besteht.“
Jan-Marcus Rossa (FDP):
„Sie wollen den Eindruck erwecken indem Sie sich auf unsere Verfassung beziehen, dass ein Rechtsbruch vorliegt. Das ist perfide, das ist verlogen und fachlich schlicht falsch. Die Große Anfrage soll den Zweck erfüllen, die Gesellschaft zu spalten. Aber wir können uns eine dem Menschen zugewandte Asylpolitik leisten.“
Lars Harms (SSW):
„Man bekommt immer auch ein bisschen die Antworten, nach denen man fragt. 67 Seiten Abfrage über den fiskalischen Nutzen der Zuwanderung gäben ein anderes Bild ab, als die vorliegenden 67 Seiten über die sogenannten fiskalischen Lasten.“
Doris von Sayn-Wittgenstein (fraktionslos):
„Ich kann nur dann Menschen in mein Haus einladen, wenn es bestellt ist. Dem Landeshaushalt fehlen bereits jetzt 1,2 Milliarden Euro. Die einzige Solidarität, die für mich zählt, ist die mit der eigenen Bevölkerung.“
In Schleswig-Holstein werden seit 2014 prozentual mehr positive Entscheidungen über Anträge auf Asyl und internationalen Schutz gefällt als im Bundesdurchschnitt. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der AfD zu den „fiskalischen Lasten der Zuwanderung“ hervor. Lag die Quote auf Bundesebene in den vergangenen sechs Jahren zwischen 31,47 und 62,4 Prozent, so variierte sie im selben Zeitraum im Land zwischen 40,1 und 69,7 Prozent.
Grundsätzlich sei es schwierig, finanztechnische Aussagen über „flüchtlingsbezogene Ausgaben“ zu machen, hält dazu das Finanzministerium in seiner Antwort auf die Große Anfrage fest. Diese seien „weder in funktionaler noch gruppierungsmäßiger Abgrenzung ein Merkmal im Landeshaushalt, auf dessen Grundlage eine präzise Datenabfrage möglich ist.“ Bereits mehrfach habe die Landesregierung daher in Kleinen Anfragen mitgeteilt, dass bei einer Vielzahl von Titeln im Landeshaushalt Maßnahmen veranschlagt sein könnten, die nicht ausschließlich Flüchtlingsbezug haben. Eine Aufschlüsselung für die einzelnen in den Fragen genannten Personengruppen sei anhand des Landeshaushaltes daher nicht möglich.
Bei den Kosten der Zuwanderung handele es sich auch nicht um „zusätzliche Belastungen der öffentlichen Haushalte“, sondern um Ausgaben für die die öffentlichen Haushalte – von einer Spitze im Jahr 2015 einmal abgesehen – seit Jahrzehnten relativ gleichmäßig aufkämen, heißt es in der Antwort weiter.
Deutschland sei ein Einwanderungsland und weise seit den 1950er Jahren in der Regel einen positiven Wanderungssaldo auf, erklärt die Landesregierung. So betrug der Saldo 2018 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 460.000 Personen, was in etwa dem Wert des Jahres 2013 entspricht. 2019 lag der Wert bei etwa 300.000 Personen, die mehr zu- als abgewandert sind.
Nach Informationen des Innenministeriums liefert das Online-Angebot des Zuwanderungs- und Integrationsmonitorings Schleswig-Holstein (schleswig-holstein.de/integrationsmonitoring) seit Februar dieses Jahres umfassende Daten zu Zuwanderung und zur Zusammensetzung der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund.
(Stand: 21. September 2020)
Um ein komplexes politisches Thema zu beleuchten, kann eine Fraktion der Landesregierung einen umfangreichen Fragenkatalog vorlegen. Die Regierung hat dann vier Wochen Zeit um schriftlich auf diese Große Anfrage zu antworten. Anschließend debattiert das Plenum ausführlich über die Auskunft der Landesregierung.
Die Große Anfrage gehört zu den Kontroll- und Auskunftsrechten des Parlaments gegenüber der Regierung. In der 18. Wahlperiode hat der Landtag insgesamt 26 solcher Anfragen gestellt, in der 17. Wahlperiode waren es 16.