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Beim Thema Grundsteuer ist Jamaika noch nicht auf einer gemeinsamen Linie. Das wurde im Landtag deutlich. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sprach sich erneut für das sogenannte Bundesmodell aus. Dies sei „eine pragmatische, gerechte, gute Lösung“. Auch Lasse Petersdotter (Grüne) nannte dieses System „durchaus sinnvoll“. Demgegenüber sah Tobias Koch (CDU) in dem Bundesmodell eine „Diskriminierung privater Mieter gegenüber Wohnungsbaugesellschaften“. Annabell Krämer (FDP) kritisierte den Vorschlag als „so kompliziert, das kein Mensch ihn versteht“. Sie sprach sich stattdessen für ein „Flächenmodell mit Lagefaktor“ nach hessischem Vorbild aus. Die Koalitionspartner wollen in den kommenden Tagen an einer Einigung arbeiten.
2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das geltende Steuermodell für verfassungswidrig erklärt. Die Steuer muss ab 2025 nach einem neuen System berechnet werden. Die Länder können entscheiden, ob sie die Berechnungsmethode des Bundesfinanzministeriums nutzen oder eine eigene entwickeln. Das Bundesmodell stützt sich auf den Wert, die Mieteinkünfte und auch auf die Fläche einer Immobilie. Demnach soll die Grundsteuer in weniger teuren Lagen niedriger ausfallen als in teuren Lagen. Dafür müssten alle 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden, davon 1,3 Millionen im Schleswig-Holstein.
Demgegenüber haben mehrere Länder, etwa Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen, Modelle vorgelegt, die die Steuer hauptsächlich anhand der Grundstücksfläche berechnen. Befürworter dieser Varianten führen an, dass diese ohne eine aufwendige Neubewertung der Immobilien auskämen. Mit 450 Millionen Euro jährlich ist die Steuer eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen in Schleswig-Holstein.
Beate Raudies (SPD) warf Jamaika vor, ein „peinliches Schauspiel“ aufzuführen. Sie rief die Koalition auf, „endlich mal Nägel mit Köpfen zu machen“. Sie machte sich ebenfalls für die Vorlage des sozialdemokratischen Bundesfinanzministers Olaf Scholz stark. Der AfD-Politiker Jörg Nobis monierte „typisch deutsche Kleinstaaterei“ und sprach sich dafür aus, die Grundsteuer abzuschaffen. Lars Harms (SSW) forderte eine nachhaltige Reform: „Ob nun das Hamburger, das Hessische oder das Baden-Württemberger Modell: Die Jamaika-Koalition hat es noch immer in der Hand, das Berechnungsmodell zu vereinfachen und möglicherweise insgesamt gerechter zu gestalten.“
Im April bereits hatte sich Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) auf das Bundesmodell zur künftigen Berechnung der Grundsteuer festgelegt. So ist es auch in einem aktuellen Regierungsbericht nachzulesen. Doch kürzlich preschte der Jamaika-Koalitionspartner FDP vor und regte an, noch einmal zu beraten, ob nicht doch die mögliche Länderöffnungsklausel der bessere und billigere Weg ist. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt bezog sich Anfang September in seinem Vorstoß auf das vom rot-grünen Senat in Hamburg präsentierte Modell, das im Gegensatz zum Konzept von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sowohl an der Wohn- beziehungsweise Grundstücksfläche und der jeweiligen Lage des Wohnhauses orientiert.
„Das Hamburger Grundsteuer-Modell ist deutlich unbürokratischer und vor allem fairer als das Konzept des Bundes“, sagte Vogt. Die Finanzministerin hatte zuvor stets betont, Schleswig-Holstein werde keinen Sonderweg bei der Grundsteuer-Reform gehen, die CDU/Grünen/FDP-Koalition wolle das Bundesmodell umsetzen und auf eine Nutzung der Länderöffnungsklausel verzichten. Das Bundesmodell stützt sich weiterhin auf den Wert und auf die Fläche einer Immobilie, deshalb müssen laut Finanzministerium rund 1,3 Millionen Grundstücke in Schleswig neu bewertet werden. Laut dem Regierungsbericht wird die Grundsteuer künftig anhand einfacher Pauschalen berechnet. Im Resultat soll die Grundsteuer in weniger teuren Lagen niedriger ausfallen als in teuren Lagen.
Hintergrund: 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das derzeit noch geltende Modell für verfassungswidrig erklärt. Die Grundsteuer muss deshalb ab 2025 nach einem neuen System berechnet werden. Die Bundesländer können jetzt entscheiden, ob sie künftig die Berechnungsmethode des Bundesfinanzministeriums nutzen oder eine eigene entwickeln. Neben Hamburg haben auch Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Niedersachsen bereits angekündigt, die im Bundesmodell vorgesehene Öffnungsklausel für einen eigenen Weg bei der Grundsteuer zu gehen.
Die Reform kostet das Land vermutlich einen Millionenbetrag, wird das Bundesmodell angewendet. So sind laut dem Regierungsbericht allein 114 zusätzliche, befristete Stellen bis 2023 in den Finanzämtern geplant, um die Daten zu erfassen. Auch auf die Kommunen sieht das Ministerium weitere Kosten zukommen. Eine genaue Höhe sei noch nicht abschätzbar, heißt es. Zudem muss die IT an die künftigen Strukturen angepasst werden. Die benötigten Ressourcen für eigene Programmierleistungen und Tests sollen aus anderen Bereichen umgeschichtet werden.
Während Finanzministerin Heinold das Bundesgesetz bisher als praktikabel und gerecht eingestuft und den Vorwurf einer Steuererhöhung durch die Hintertür zurückgewiesen hatte, hebt FDP-Fraktionschef Vogt jetzt hervor, Wohnen müsse für die breite Mitte der Gesellschaft bezahlbar bleiben. Eine Steuererhöhungsspirale müsse vermieden werden, „wir brauchen keine verkappte Vermögensteuer für Normalverdiener“, sagte er.
Die Liberalen führen auch den Landesrechnungshof an, der kürzlich angemerkt hatte, dass die Finanzämter im Norden für die Neubewertung von 1,2 Millionen Grundstücken und Gebäuden im Zuge der Grundsteuerreform technisch und personell nicht vorbereitet seien. Bereits jetzt gebe es einen Berg von 56.000 unerledigten Fällen. 131 Vollzeitkräfte seien viel zu wenig. Das Kabinett hat unterdessen bereits eine Aufstockung um 114 Stellen bis 2023 beschlossen.
Die Grundsteuer ist mit etwa 450 Millionen Euro jährlich eine der wichtigsten Einnahmequellen von Städten und Gemeinden. Derzeit wird die Grundsteuer im Westen nach einem Einheitswert des Jahres 1964 und im Osten nach dem Einheitswert des Jahres 1935 ermittelt – die Hebesätze schwanken von Bundesland zu Bundesland zwischen 340 und 900 Prozent. Diese Einheitsbewertung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, so Karlsruhe in der Urteilsbegründung vor zwei Jahren.
(Stand: 21. September 2020)
Meldung bei Antragstellung:
Mai 2020 (ohne Aussprache)
Vorherige Debatten zum Thema:
Mai 2019
Dezember 2018