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Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof schließt Filialen und hinterlässt große Lücken in den Stadtzentren. Im Landtag werden Ideen diskutiert, wie eine weitere Verödung der Innenstädte verhindert werden kann.
Der Landtag ist sich einig: Die Schließung von vier der fünf Standorte der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof in Schleswig-Holstein ist ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und für die Innenstädte der betroffenen Städte Lübeck, Neumünster, Norderstedt und Flensburg. Anträge der SPD mit den Zielen, die Schließungen zu verschieben und die Innenstädte dadurch zu entwickeln, dass die Kommunen leere Geschäfte aufkaufen, fanden in der fast zweistündigen Debatte aber wenig Unterstützung und sollen im Innen- und Rechtsausschuss und Wirtschaftsausschuss weiter diskutiert werden.
Um einer Verödung der Innenstädte entgegenzutreten, hatte die SPD einen sieben Punkte umfassenden Forderungskatalog, unter anderem nach mehr kommunalen Investitionen für bauliche Maßnahmen, einer Verbindung zum Online-Handel durch Abholfilialen oder Mietpreisspiegeln für bezahlbare Ladenmieten, vorgelegt. „Die Sorge der Innenstädte ist gerade sehr, sehr groß“, begründete Serpil Midyatli (SPD) den Vorstoß. Einnahmenausfälle von 20 bis 30 Prozent seien an der Tagesordnung. Daher müssten die vorhandenen „guten Instrumente“ wie Stadtentwicklungskonzepte „neu justiert“ werden.
Nötig sei eine gemeinsame vom Land koordinierte Anstrengung – „schnell und unbürokratisch“, so Midyatli. Gerade jetzt in der Krise sollte in die Innenstädte investiert werden. Zudem kritisierte sie, die Landesregierung habe sich nicht genug um die Rettung von Galeria Karstadt Kaufhof gekümmert. In Berlin oder Nordrhein-Westfalen sei das mit Hilfsprogrammen besser gelaufen.
Redner der Jamaika-Koalition wiesen die Kritik zurück und erklärten, das Geschäftsmodell der Kaufhäuser sei überholt und habe „die Zukunft verpasst“. Perspektiven müsse es für die Beschäftigten geben, nicht aber für „verstaubte und unwirtschaftliche Geschäftsmodelle“. Zudem hätten Städte schon heute gute Fördermöglichkeiten für die Zentren, die auch genutzt würden.
Mehr als 42 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln stünden den Städten aus Förderprogrammen jährlich zur Verfügung, rechnete Peter Lehnert (CDU) vor. Damit werde schon jetzt die „Weiterentwicklung und Attraktivität der Innenstädte“ gesichert. Die Förderprogramme von Land und Bund stünden seit Jahren bereit und würden auch seit Jahren von den Kommunen genutzt, pflichtete Joschka Knuth (Grüne) bei. Er forderte weniger Fahrzeuge in den Stadtzentren und mehr Stadtgrün. „In wirklich attraktiven Innenstädten fährt heute niemand mehr mit seinem Auto bis direkt vor das Geschäft.“ Wer das behaupte, habe „keine Ahnung von Stadtentwicklung“, so Knuth.
Das unterstützte Koalitionskollege Kay Richertvon der FDP-Fraktion nicht. „Autofreie Innenstädte sind auch kundenfreie Innenstädte“, erklärte er. Die Kommunen müssten neben „Sicherheit, Sauberkeit und abgestimmte Öffnungszeiten“ auch für mehr Parkraum sorgen.
Volker Schnurrbusch (AfD) erklärte, bereits seit 20 Jahren habe der Karstadt-Konzern Probleme. Die Politik dürfe aber keinen Eindruck erwecken, als könne sie bei derartigen Dingen helfen. Ein Sofortprogramm helfe nicht und die Kommunen könnten auch keine leerstehenden Geschäfte ankaufen. „Das ist herbeigeträumt.“
In seiner ersten Rede im Landtag lehnte auch Christian Dirschauer vom SSW den Ansatz der SPD ab, dass Kommunen und Städte leere Geschäfte in Innenstädten ankaufen. So schaffe man „Spekulationsobjekte“. Nötig seien vielmehr individuelle Lösungsansätze für die Kaufhäuser und kommunale Strategien für die Belebung der Citys.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) erklärte in der Debatte, in der es eine Vielzahl an Kurzbeiträgen von Abgeordneten aus allen Landesteilen gab, die Landesregierung ringe um jeden Standort und habe nach der Ankündigung der Schließungen der Kaufhauskette sofort reagiert. Aber: „Galeria Kaufhof ist nicht verhandlungsbereit“. „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“, sagte die Ministerin, die erklärte, für sie seien Kaufhäuser noch immer „Zugpferde“ in den Innenstädten.
Sütterlin-Waack nannte auch Zahlen. Insgesamt 120 städtebauliche Gesamtmaßnahmen habe das Land bereits unterstützt. 20 Millionen Euro an Landesmitteln seien als Co-Finanzierung von Bundesmitteln in diesem Jahr geflossen. Es seien über 200 Ortskernentwicklungskonzepte mit vier Millionen Euro vom Land gefördert worden. Die Landesregierung berate und unterstütze die Kommunen, aber „diese entscheiden über ihre Entwicklung“, so die Ministerin.
Kaufhäuser mit einem breiten Sortiment scheinen nicht mehr gefragt zu sein. So soll jede dritte der insgesamt bundesweit 172 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit schließen – in Schleswig-Holstein stehen sogar vier der fünf Standort vor dem Aus zum Jahreswechsel. Betroffen sind Lübeck, Neumünster, Norderstedt und Flensburg mit laut Verdi zusammen rund 330 Beschäftigten. Nur in Kiel will der GFK-Konzern die Türen offen halten. Die SPD-Fraktion verlangt nun die Schließungen zu verschieben, „um durch den Zeitgewinn unter Einbeziehung aller Beteiligten Perspektiven für den Fortbestand der Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof zu entwickeln“.
Zugleich soll sich die Landesregierung einem vorliegenden Antrag zufolge dafür einsetzen, dass die Transfergesellschaft zur Beschäftigung und Qualifizierung bei Bedarf von sechs Monate auf zwölf Monate verlängert wird. Weiterhin fordert die SPD ein Sofortprogramm, „um die negativen Auswirkungen von Ladenleerständen infolge der Corona-Pandemie auf die schleswig-holsteinischen Innenstädte zu verringern beziehungsweise zu vermeiden“. Gewarnt wird davor, dass die leeren Karstadt-Gebäude „Spekulationsimmobilien“ werden.
Zum Thema Innenstädten und Ortskerne haben die Sozialdemokraten einen zusätzlichen Antrag vorgelegt. Hierin werden auch von den Kommunen Konzepte verlangt, die strategische und konzeptionelle Handlungsgrundlagen für die zukunftsgerechte Entwicklung der Innenstädte und Ortszentren beinhalten und eine Trendwende einleiten. Beklagt werden in dem Antrag Leerstände, zurückgehende Besucherzahlen und einbrechende Umsätze bei dem lokalen Einzelhandel, der Gastronomie und Dienstleistern. Die Entwicklung habe sich durch die Corona-Krise und geplante Schließungen großer Filialbetriebe, wie etwa Karstadt-Kaufhäuser, noch weiter verschärft.
Um einer Verödung der Innenstädte entgegenzutreten, hat die SPD eine sieben Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt. Verlangt werden unter anderem eine attraktive Mischung von Angeboten und Nutzungen, mehr kommunale Investitionen für bauliche Maßnahmen wie etwa beim Kleinen-Kiel-Kanal jüngst geschehen, eine Verbindung zum Online-Handel durch Abholfilialen, Mietpreisspiegel für bezahlbare Ladenmieten oder die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei Entwicklungsplänen.
(Stand: 24. August 2020)
Ausschusssitzung zum Thema Karstadt:
29. Juni 2020 (Wirtschaftsausschuss)