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Corona ist im Lande auf dem Rückzug, aber das Virus ist nicht verschwunden. Der Landtag debattiert über eine Ausweitung von Tests für soziale Berufe und über eine bessere Versorgung der Pflegekräfte mit Schutzausrüstung.
„Das messbare Infektionsgeschehen ist in Schleswig-Holstein ausgesprochen gering.“ So hat Sozialminister Heiner Garg (FDP) die aktuelle Corona-Lage in einem vom Parlament geforderten Regierungsbericht zusammengefasst. Am Freitag habe es noch 130 Infektionen im Lande gegeben, vier Menschen seien in klinischer Behandlung, ein Patient auf einer Intensivstation. Zehn von 15 Kreisen seien seit mindestens einer Woche Corona-frei. Die Freude über diese positive Entwicklung dürfe aber nicht in Sorglosigkeit umschlagen, mahnte der Minister: „Wir leben mitten in der Pandemie, wir leben mit dem Virus.“ Das Land sei „gut vorbereitet, auch für den Fall, dass die Infektionszahlen wieder steigen“. In der Debatte standen zwei Aspekte im Fokus: Corona-Tests und Vorräte an Schutzausrüstung.
„Sowie in einer Einrichtung auch nur ein einziger Mensch positiv getestet wird, wird selbstverständlich jeder Mitarbeiter, jeder Bewohner getestet“, betonte Garg. Das Land übernehme damit die Vorgaben des Bundes. Das reichte Birte Pauls (SPD) nicht aus. Sie forderte „regelmäßige und systematische Tests“ in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, beim Rettungsdienst, aber auch in Kitas und Schulen. Es gehe darum, alle zu schützen, „die ihre Tätigkeit ohne Körperkontakt nicht ausführen können“. Lars Harms (SSW) unterstützte den diesbezüglich vorgelegten Antrag der SPD und forderte ebenfalls „möglichst schnell möglichst viele Tests“. Aber auch durch ständige Testungen werde es „nie die absolute Sicherheit“ geben, so Harms.
In Schleswig-Holstein werde bereits „überproportional getestet“, erwiderte Hans Hinrich Neve (CDU). Statt „wahlloser“ Tests müsse „zielgerichtet“ agiert werden, ansonsten drohten zusätzliche Kosten von bis zu 120 Millionen Euro pro Jahr. Sinnvoller als zusätzliche Tests sei laut Neve die neue Corona-App. Claus Schaffer (AfD) warnte vor einem „Überbietungswettbewerb“ bei Tests. Er regte eine „dosierte, zielgerichtete Ausweitung der Personengruppen“ unter Nutzung der vorhandenen Testkapazität an. So müssten auch Polizisten sowie Mitarbeiter von Justizvollzugsanstalten und Asylbewerberunterkünften in die Testungen aufgenommen werden.
„Wir haben eine Aufholjagd hingelegt“, blickte Marret Bohn (Grüne) auf die Entwicklung im Gesundheitswesen. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz sei „gerade mit einem Kraftakt verbessert worden“. Angesichts der Schwierigkeiten beim Aufkauf von Schutzausrüstungen müsse es darum gehen, künftig mehr Materialien im Lande zu produzieren. „Spätestens jetzt wissen wir, dass es zum Problem wird, wenn bestimmte Produkte fast nur in einer Region der Welt hergestellt werden“, sagte Dennys Bornhöft (FDP) in Anspielung auf den Weltmarktführer bei Medizinprodukten, China. Medikamente müssten verstärkt in Europa hergestellt werden, und es müssten mehr Reserven an Medizin und Schutzkleidung vorgehalten werden.
Der Sozialausschuss berät das Thema Testungen weiter.
Nach mehreren spezifischen Debatten zu der Frage, wie die Folgen der Corona-Krise im Land abgemildert werden können, wird die Landesregierung am Freitag das Parlament zusammenfassend über das aktuelle Infektionsgeschehen in Schleswig-Holstein unterrichten. Der von den Koalitionsfraktionen beantragte Bericht soll unter anderem auf die Intensiv- und Beatmungskapazitäten in den Kliniken eingehen, die Situation im ambulanten Bereich und in den Pflegeeinrichtungen sowie auf die Beschaffungssituation von Schutzausrüstung. Zu einem weiteren Punkt, der Skizzierung von Teststrategien, hatte die SPD Anfang bereits Juni einen Antrag vorgelegt und regelmäßige Corona-Tests im Sozialbereich verlangt. Die Landesregierung hat inzwischen eigene Vorschläge gemacht.
Zum allgemeinen Infektionsgeschehen teilte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) in der vergangenen Woche mit, dass bei der sogenannten 7-Tage-Inzidenz Schleswig-Holstein mit einem Wert von 0,3 mittlerweile bundesweit die niedrigste Zahl der Neuinfektionen habe. Bereits deutlich vor Erreichen der Grenze von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner würden im Norden Maßnahmen ergriffen. Dies sei spätestens ab 30 Infektionen je 100 000 Einwohner vor Ort der Fall, so Garg.
Im Verlauf der vergangenen Woche hatte sich in Schleswig-Holstein die Zahl der offiziell bestätigten Infektionen mit dem neuen Coronavirus täglich im einstelligen Bereich Fälle erhöht. Am heutigen Montag (15. Juni) gab die Landesregierung auf ihrer Webseite die Gesamtzahl unter Berufung auf das Robert Koch-Institut mit Stand Donnerstagabend mit 3120 an. Die Zahl der Toten im Zusammenhang mit dem Coronavirus lag bei 151. Rund 2900 Infizierte galten als wieder gesund.
In Krankenhäusern wurden nach dem jüngsten Stand acht an Covid-19 erkrankte Menschen behandelt. Laut Garg konnte zwischen Anfang März und Ende Mai die Zahl der Beatmungsplätze in den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein von 582 auf 1092 erhöht werden. Im regelhaften Krankenhausbetrieb werde dauerhaft ein Viertel dieser Geräte freigehalten, um bei ansteigenden Infektionszahlen schnell eine adäquate Therapie sicherstellen zu können, sagte der Gesundheitsminister.
Zudem gab die Landesregierung vergangene Woche bekannt, dass sie auf gezielte Corona-Tests in Kitas, Schulen und Pflegeheimen setzt. Fünf Millionen Euro stellt die Regierung für diese Test-Strategie bereit. Dazu gehört unter anderem eine Taskforce des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein („Covid Nachverfolgung SH+“), die nach den Sommerferien an Schulen nach einem Ausbruch auch Kontaktpersonen teste. Die SPD hatte zuvor ähnliche Testungen im Sozial- und Bildungsbereich gefordert; der diesbezügliche Antrag wird in dieser Debatte mitberaten.
Das Land will zudem ein Forschungsprojekt zu den Auswirkungen auf den Tourismus fördern. Rund um die Lübecker Bucht soll es einen freiwilligen Massentest mit mehr als 1000 Mitarbeitern des Gastgewerbes geben. Die Mitarbeiter sollen erstmals im Juli und dann erneut im August untersucht werden. Die Wissenschaftler des UKSH erhoffen sich davon Rückschlüsse auf die Verbreitung des Virus durch den Tourismus. Das Hotel- und Gaststättengewerbe unterstützt das Projekt.
(Stand: 15. Juni 2020)
Vorherige Debatten zum Thema Corona:
Mai 2020 (Lockerungen S-H)
Mai 2020 (Rahmengesetz Bildung)
Mai 2020 (Nachtragshaushalt)
Mai 2020 (Pflegebereich)
April 2020
März 2020