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18. Juni 2020 – Juni-Plenum

Keine „präventiven Hausbesuche“ bei Senioren

Ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden wünschen sich viele Senioren. Bei den von der SPD angeregten „präventiven Hausbesuchen“, die dies fördern sollen, kommen Koalition und Opposition jedoch auf keinen gemeinsamen Nenner.

Hospiz Senioren Pflege
Die SPD setzt sich dafür ein, dass Senioren so lange wie möglich selbstbestimmt leben können. Foto: dpa, Sebastian Kahnert

Mit dem Ziel, Senioren möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, hat die SPD-Fraktion sogenannte „präventive Hausbesuche“ bei Senioren ab 75 Jahren angeregt. Bei den Besuchs-Gesprächen sollte es etwa Fragen um altersgerechter Wohnungsausstattung, Hilfsangeboten oder Nachbarschaftsaktivitäten gehen. Der Antrag verfehlte jedoch die Mehrheit im Plenum. Die Regierungsfraktionen sind der Ansicht, es gebe bereits genug Angebote. Ein Alternativantrag der Jamaika-Fraktionen, der auf Freiwilligkeit bei der Beratung setzt, wurde dagegen mit breiter Mehrheit angenommen.

„Wer weiß schon, welche Angebote es gibt?“, sagte Birte Pauls (SPD) im Hinblick auf die Hausbesuche. Sie hob hervor, dass sich der Antrag an ein bestehendes, erfolgreiches dänisches Modell anlehne. Zudem gebe es bereits entsprechende Projekte in Flensburg und Lübeck sowie in den Bundesländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Auch die Große Koalition im Bund habe sich bereits auf dieses Modell verständigt, so Pauls. Es gehe darum, „die Eigenverantwortung zu stärken“, denn: „Vorsorge ist besser als heilen“.

CDU: Keine Sache des Staates

Der CDU-Abgeordnete Werner Kalinka störte sich an der starren Altersgrenze von 75 Jahren und verwies auf hohe Personalkosten. Zudem gebe es schon viele Beratungsangebote, etwa in Pflegestützpunkten, Krankenhäusern und bei Ärzten. Nachbarschaftsangebote seien „nicht Sache des Staates“, sondern des Ehrenamtes, so Kalinka. Hilfe und Beratung seien selbstverständlich, aber „wie sie aussieht, bleibt eine persönliche Entscheidung.“

Sozialminister Heiner Garg (FDP) sprach sich vergeblich dafür aus, die „parteipolitischen Brillen abzulegen“ und zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Es gebe viele Angebote und „Hausbesuche gehören mit zu dem Portfolio“. Auch Garg verwies auf die entsprechenden Projekte in Lübeck und Flensburg.

Weitere Redner:
Marret Bohn (Grüne), Jörg Hansen (FDP), Claus Schaffer (AfD), Jette Waldinger-Thiering (SSW)

Nach Hamburg und Niedersachsen sollen im Norden nun auch in Schleswig-Holstein „präventive Hausbesuche“ eingeführt werden. Das regt die SPD an. Bei dem kostenlosen Angebot für Senioren ab 75 Jahren beraten fachkundige Besuchspersonen unter anderem über die altersgerechte Ausstattung der Wohnung, über Präventions- und Hilfsangebote sowie Nachbarschaftsaktivitäten und beantworten Fragen zum Thema Pflegebedürftigkeit.

Die meisten Menschen wollen auch im höheren Lebensalter „aktiv und selbstbestimmt“ in ihrer vertrauten Umgebung leben, begründet die SPD den Vorstoß. Ziel sei es weiter, ihre Teilhabechancen zu verbessern und der Pflegebedürftigkeit vorzubeugen. „Präventive Hausbesuche stellen eine sinnvolle und effektive Ergänzung zu bestehenden Angeboten wie etwa Pflegestützpunkten dar“, heißt es in dem Antrag

Hamburg hat Testphase erweitert

Verschiedene Bundesländer, aber auch einzelne Kommunen in Schleswig-Holstein wie Lübeck oder Kiel haben das Modell bereits umgesetzt. In Hamburg etwa sind speziell geschulte Besuchspersonen im Auftrag der Fachstelle unterwegs, um über die vielfältigen präventiven gesundheitlichen Angebote, Hilfen bei gesundheitlichen Problemen, gegen Vereinsamung, bei Pflegebedürftigkeit oder für Unterstützungsbedarf im Haushalt zu informieren und auf Wunsch Hilfen zu vermitteln. Es handelt sich dabei ausdrücklich nicht um einen Besuchsdienst und ersetzt auch nicht die professionelle Beratung durch bestehende Einrichtungen, wie zum Beispiel Pflegestützpunkte. Das Angebot ist freiwillig, ein Besuch kann jederzeit beendet oder bereits im Vorfeld abgesagt werden.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde hatte zunächst in zwei Bezirken getestet, ob der Hausbesuch auf Resonanz trifft. Von Oktober 2018 bis Juni 2019 erhielten 2.824 Seniorinnen und Senioren in Eimsbüttel und Harburg zu ihrem 80. Geburtstag ein Hausbesuchsangebot. 956 von ihnen (rund 34 Prozent) nahmen dieses an. Aufgrund der guten Resonanz erweiterte die Behörde das Angebot Ende vergangenen Jahres auf alle Stadtbezirke.

Alternativantrag der Jamaika-Koalition

Während die SPD im Kieler Landtag eine Umsetzung auch in Schleswig-Holstein sowie begleitende Regierungsberichte im Sozialausschuss fordert, setzen CDU, Grüne und FDP auf Freiwilligkeit bei der Beratung. Derartige Beratungsbesuche sollen nicht an bestimmte Altersgrenzen gebunden sein und nur dann erfolgen, wenn „die Notwendigkeit oder ein begründeter Wunsch besteht“, heißt es seitens der Koalitionsfraktionen. Gestärkt und ausgebaut werden sollen demnach auch Mobilitätsangebote wie Bürgerbusse, Anruflinien-Fahrten (ALFA) oder Sammeltaxen. Und: Die Landesregierung soll nach dem Willen der Koalitionäre „die weiteren Digitalisierungsbemühungen im Land seniorengerecht begleiten“.

(Stand: 15. Juni 2020)

Anträge

Selbstbestimmtes Leben im Alter unterstützen - „Präventiven Hausbesuch“ für Seniorinnen und Senioren in Schleswig-Holstein auf den Weg bringen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2053

Selbstbestimmtes Leben der älteren Generation unterstützen
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2170