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Vor 75 Jahren, am 26. Juni 1945, unterzeichneten Vertreter aus 51 Staaten in San Francisco die Charta der Vereinten Nationen (UN). Sie legten den Grundstein für eine Organisation, die nach zwei Weltkriegen den Weg zu globalen Menschenrechten ebnen sollte. Dieser Anspruch war bahnbrechend, aber die Jubiläumsbilanz fällt dennoch durchwachsen aus - auch in Deutschland. Das wurde am Mittwochabend deutlich, als Politiker und Wissenschaftler im Landeshaus über die Rolle der UN und die Lage der Menschenrechte in der heutigen Zeit diskutierten.
Wegen der Corona-Pandemie luden der Landtag und der Landesbeauftragte für politische Bildung keine Gäste ein, sondern übertrugen die Veranstaltung erstmals als Livestream im Internet. Zuschauer konnten sich mit Fragen und Kommentaren am Webtalk beteiligen.
Gyde Jensen, FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, beklagte, dass „im Schatten von Corona“ ein weltweiter „Rückschritt von Menschenrechten“ zu beobachten sei. So schränke China die vertraglich garantierten Freiheitsrechte von Hongkong ein, und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán habe sich mit umfangreichen Vollmachten ausstatten lassen. Sie rief die Bundesregierung auf, Verstöße gegen Menschenrechte schärfer zu verurteilen: „China versteht nur eine klare Sprache.“
Aus Berlin war Prof. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, zugeschaltet. Sie wies darauf hin, dass es auch in Deutschland Handlungsbedarf gebe und forderte höhere Standards bei der Unterbringung von Wohnungslosen und einen strengeren Blick auf die Aktivitäten deutscher Unternehmen im Ausland. Corona habe auch Auswirkungen auf die Menschenrechte, so Rudolf: „Der Handlungsbedarf, der schon vor der Krise da war, ist jetzt noch dringender.“ Dies gelte etwa für die Lage in den Pflegeheimen, für den Schutz von Frauen vor Gewalt und für das Recht der Kinder auf Bildung.
Clemens Schade vertrat den Verein Model United Nations Schleswig-Holstein (MUN SH), der alljährlich ein mehrtägiges UN-Planspiel für 400 Teilnehmer im Landeshaus organisiert. MUN SH erhielt im vergangenen Jahr den Demokratiepreis des Landtages. „Andere Staaten haben einen anderen Blick auf Menschenrechte und nehmen sie unterschiedlich wichtig“, betonte Schade. Angesichts verschiedener Grundwerte, politischer Systeme und Lebensrealitäten sei es schwierig, auf UN-Ebene Kompromisse zu finden.
Die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen müssten zeigen, dass sie handlungsfähig und handlungswillig sind, mahnte Landtagsvizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber: „Wenn sich eine demokratische Nation wie die USA aus den UN-Organisationen für Flüchtlingshilfe und Weltgesundheit zurückzieht, dann ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass Grundpfeiler des Miteinanders auf der Welt ins Wanken geraten.“ Die UN seien „handlungsfähig, wenn auch im Kleinen“, stellte der stellvertretende Landesbeauftragte für politische Bildung, Hauke Petersen, fest. So scheitere eine Lösung des Syrienkonflikts zwar auch an der Uneinigkeit im UN-Sicherheitsrat. Gleichzeitig organisierten die UN aber auch Hilfslieferungen in das Bürgerkriegsland und prangerten Menschenrechtsverletzungen an, so Petersen.
Zusammengenommen haben rund 250 Personen den Webtalk auf den YouTube-Kanälen von Landtag und Landesbeauftragten verfolgt oder kurz danach abgerufen – ein voller Erfolg für die erste Online-Veranstaltung im Landeshaus. Der Stream ist gespeichert und kann hier weiter angeschaut werden.