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Die Abgeordneten beraten über ein Konzept zur Hilfe von Zeitschriften- und Zeitungsverlagen und setzen ein klares Signal für einen starken Journalismus. In der Debatte wird die AfD heftig kritisiert.
Der Landtag ist sich mit großer Mehrheit einig: Angriffe auf Journalisten seien immer auch Angriffe auf die Demokratie und die Meinungsfreiheit. Gerade in Krisenzeiten sei eine unabhängige und seriöse Berichterstattung von unschätzbarem Wert. Doch vor allem private Zeitungs- und Zeitschriftenverlage leiden trotz steigender Auflage unter der Corona-Pandemie, da der Anzeigenmarkt eingebrochen ist. Die Landespolitik will jetzt ein Konzept erarbeiten, wie Verlagen geholfen werden kann.
„Angriffe auf Journalisten sind Angriffe auf uns alle“, erklärte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner in einer über einstündigen emotionalen Debatte. Die Sozialdemokraten hatten das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Die „bemerkenswerte Meinungs- und Medienvielfalt“ in Deutschland müsse erhalten bleiben, forderte der Oppositionsführer: „Das ist Teil der Daseinsvorsorge, der gerade in der Krise seinen Wert zeigt.“ Kein Demokrat dürfe daher ein Interesse am Zeitungssterben haben.
Der SSW brachte ein Modell nach dänischem Vorbild ins Spiel. Dort seien staatliche Zuschüsse möglich ohne Eingriff in die Pressefreiheit. Die FDP ging zudem auf die Sicherheitslage für Journalisten ein und forderte, Sicherheitsbehörden und Journalisten müssten enger zusammenarbeiten.
Seit 2015 sind in Deutschland 119 Journalisten gewaltsam angegriffen worden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig, die Anfang März veröffentlich wurde. Zuletzt wurden vor wenigen Tagen Kamerateams von ARD und ZDF in Berlin bedroht und Berichterstatter wie Sicherheitsleute verletzt.
Der AfD-Vertreter Volker Schnurrbusch ging vor allem auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein. Eine ganze Reihe von Studien hätten gezeigt, dass gerade hier in Krisenzeiten recht unkritisch berichtet werde. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe damit die Funktion eines „Verkündungsorgans der Regierung“, erklärte er. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) konterte sofort: „Das waren fünf Minuten Schmährede gegen Journalisten, das war eine Beleidigung des Parlaments. Es ist unerträglich, was sie hier formuliert haben.“
Anschließend dankte der Regierungschef allen Journalisten, die in den vergangenen Wochen berichtet haben. Sie hätten „Großartiges geleistet“ und seien beim Bewerten und Einordnen von Nachrichten bis über ihre Belastungsgrenzen gegangen. Günther kündigte einen Bericht der Landesregierung zur Situation der Medien für eine der nächsten Sitzungen an.
In einem überfraktionellen Antrag, auf den sich CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW schließlich einigten und den sie gegen die Stimmen der AfD verabschiedeten, wird die Landesregierung aufgefordert, Presse und Rundfunk in Zeiten der Krise besonders im Blick zu behalten und zu unterstützen, „damit ein freier, unabhängiger Journalismus auch künftig bestehen kann und auskömmlich finanziert ist“. Dabei müsse gewährleistet sein, „dass der Staat keinen Einfluss auf die journalistischen Inhalte nimmt“. Auch die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch einen „auskömmlichen und angemessenen Rundfunkbeitrag“ sichere „Staatsferne und Unabhängigkeit“, heißt es darin.
Tim Brockmann (CDU)
Ich bin froh, dass die Pressefreiheit Teil der Grundrechte ist. Wir brauchen starken und sachbezogenen Journalismus. Nicht die schnelle Schlagzeile oder der erste Klick müssen Maßstab sein, sondern die Qualität der Berichterstattung
Eka von Kalben (Grüne)
Ohne einen freien und unabhängigen Journalismus kann eine freiheitliche Grundordnung nicht bestehen. Wir, die Regierenden, brauchen eine Kontrolle, auch wenn wir uns manchmal darüber ärgern. Wenn es weiter einen investigativen Journalismus geben soll, muss es neue Modelle geben, wie das finanziert wird.
Jan Marcus Rossa (FDP)
Die Corona-Krise zwingt uns viel stärker den Fokus auf private Medien zu lenken. Innerhalb von zehn Jahren ist der Anzeigenmarkt zum zweiten Mal zusammengebrochen. Wenn Einnahmen wegbrechen, gefährdet das auch den hochqualitativen Journalismus. Das hat Folgen für die Meinungsfreiheit in Deutschland.
Lars Harms (SSW)
Professioneller Journalismus ist ökonomisch bedroht. Gute Arbeit muss aber auch gut bezahlt werden. Darüber müssen sich alle klar sein. Widerlicher Hetze gegen Journalisten ist nur mit dem Strafrecht zu begegnen. Da müssen wir noch viel, viel konsequenter werden.
Die Sozialdemokraten wollen die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland stärken und rufen den Landtag dazu auf, sich zu einem „starken Journalismus“ zu bekennen, den sie als „Säule unserer Demokratie“ bezeichnen. In Deutschland sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk „untrennbar verbunden mit der Demokratisierung Deutschlands und bewusster Gegenentwurf zur Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten“.
Verschwörungstheorien, die „Delegitimierung freier Presseberichterstattung“ und die „Unterstellung fehlender Meinungsfreiheit“ seien Angriffe auf die Demokratie, schreibt die SPD in ihrem Antrag weiter. Zudem hätten in den vergangenen Jahren weltweit „Angriffe auf freie Berichterstattung und Journalistinnen und Journalisten zugenommen“. Medienschaffende müssten daher „konsequent“ vom Staat geschützt werden. Zuletzt war vergangenen Freitag ein siebenköpfiges ZDF-Team der Satiresendung „heute-show“ in Berlin bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln von mindestens 15 Menschen angegriffen worden. Die Täter sollen dabei auch eine Metallstange oder ähnliches benutzt haben. Der Redakteur, der Kameramann und der Kameraassistent sowie drei private Wachleute wurden verletzt und im Krankenhaus behandelt.
Seit 2015 sind in Deutschland 119 Journalisten gewaltsam angegriffen worden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig, die Anfang März veröffentlich wurde. Das Spektrum reicht von Flaschenwürfen und Einschüchterungen bis zu Handgreiflichkeiten. Im Jahr 2019 hat es laut der ECPMF deutschlandweit 14 tätliche Angriffe auf Journalisten gegeben. Zum Vergleich: Im Vorjahr 2018 seien 26 gewaltsame Übergriffe bestätigt worden, 2017 acht.
Rund 77 Prozent der Angriffe ordnet die Studie dem politisch rechten Spektrum zu. In 16 Fällen sei die politische Zuordnung nicht eindeutig und bei elf handle es sich um linke Angriffe. Von den insgesamt 92 rechten Angriffen hätten 79 auf oder im Umfeld von Demonstrationen stattgefunden. „Damit sind politische Demonstrationen des rechten Lagers die gefährlichsten Orte für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland“, schreiben die Autoren. Sie registrierten 55 der Vorfälle in Sachsen. Auf Platz zwei folgt Berlin mit 14 Vorkommnissen. In Schleswig-Holstein wurden keine Angriffe verzeichnet.
Besonders viele Attacken ereigneten sich im Zusammenhang des Flüchtlingszuzugs nach Deutschland im Herbst 2015. Einen weiteren Schwerpunkt gab es während der rechtsextremen Demonstrationen infolge eines tödlichen Streits zwischen zwei Asylbewerbern und einem Deutschen in Chemnitz im August 2018.
(Stand: 5. Mai)
Vorherige Debatte/Meldung zum Thema:
Februar 2019 (Berichts-Antrag/ohne Aussprache)
September 2018 (Öffentlicher Rundfunk)
Starker Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie
Antrag der Fraktion von CDU, SPD, Grünen, FDP und der Abg. des SSW – Drucksache 19/2080(neu)