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Der Landtag ist sich einig: Für guten Unterricht sind starke Schulleiter unabdingbar. Gleichzeitig werden die Anforderungen immer anspruchsvoller. Eine weitere Erkenntnis: Hundert Prozent Unterrichtsversorgung reichen nicht aus.
Mehr Anerkennung für den Lehrerberuf – das wünschen sich die Abgeordneten fraktionsübergreifend. In der Debatte über die Stärkung von Schulleitungen auf der einen und die Unterrichtssituation auf der anderen Seite lagen die Meinungen der Redner nah beieinander.
„Am Ende des Tages zählt die Wertschätzung“, betonte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) zu Beginn der Debatte. Sie wies darauf hin, dass die Aufgabenfelder für Schulleitungen zunehmend anspruchsvoller würden und vor allem Managementfähigkeiten gefragt seien. Fortbildungsprogramme seien im Hinblick darauf besonders wichtig, aber auch ein Umdenken beim Personalgewinnungsverfahren. Aus dem von ihrem Ministerium vorgelegten Bericht zur Unterrichtsversorgung zog Prien die Konsequenz, dass 101 Prozent das Ziel sein müssten, „um flexibler auf Unterrichtsausfälle reagieren zu können“. Und auch Ines Strehlau (Grüne) machte deutlich: „Wir brauchen mehr als hundert Prozent, auch im Sinne der Lehrergesundheit“. Für den Erfolg von Bildung brauche es zudem starke Schulleitungen.
Der Bildungsexperte Kai Vogel (SPD) wies darauf hin: „Wir wollen keinen Verwaltungsdirektor oder kaufmännischen Direktor an den Schulen.“ Schulleitungen seien nur dann geeignet, wenn sie auch selbst unterrichten würden – dafür müsse die Leitungsposition attraktiver werden. Demgegenüber brachte die Rednerin des SSW, Jette Waldinger-Thiering, die Idee ins Spiel, die Schulleitung in eine pädagogische und eine Verwaltungsposition aufzuteilen. Die vielen Zusatzaufgaben seien eine deutliche Mehrbelastung.
Der gemeinsame Antrag von Jamaika, SPD und SSW wurde einstimmig angenommen. Ein Alternativantrag der AfD zum Thema scheiterte an der breiten Mehrheit im Plenum. Der Regierungsbericht zur Unterrichtssituation in Schleswig-Holstein wurde zur abschließenden Beratung in den Bildungsausschuss überwiesen.
Weitere Redner:
Tobias von der Heide (CDU), Anita Klahn (FDP), Frank Brodehl (AfD)
Die Landesregierung hat einen Bericht zur Unterrichtssituation im Schuljahr 2018/19 vorgelegt. So liegt laut Regierungsangaben die Unterrichtsversorgung an allgemeinbildenden Schulen bei einhundert Prozent. Diese Zahl bedeutet allerdings lediglich, dass, wenn kein Lehrer krank werden würde, eine Erteilung sämtlicher Schulstunden planmäßig möglich wäre. Denn Ausfälle gibt es nach wie vor viele.
So findet laut Regierungsbericht etwa jede zehnte Schulstunde nicht planmäßig statt, weil Lehrer erkranken oder Fortbildungen besuchen. In den meisten Fällen kann eine Vertretung gefunden werden. Zum Einsatz kommen dabei auch pensionierte Lehrkräfte, die sogenannten Seniorenexperten, oder Referendare. Für etwa ein Fünftel der ausfallenden Stunden findet sich trotz solcher Maßnahme keine Vertretung. In diesem Fall werden die Stunden durch anderweitige Maßnahmen wie eigenverantwortliches Arbeiten der Schüler ohne Lehrer, kurz EVA, ersetzt. Zwei Prozent der Schulstunden fallen ersatzlos aus.
Die vorliegenden Zahlen sind ähnlich den Vorjahren. Schon im Schuljahr 2016/2017 fielen insgesamt zwei Prozent der Stunden ersatzlos aus. Statt 7,6 wurden damals 7,5 Prozent der Schulstunden nicht planmäßig erteilt. Hier liegt also eine minimale Verschlechterung vor. Und dass, obwohl allein im Schuljahr 2018/19 rund 400 weitere Planstellen für Lehrer geschaffen worden sind. Räumte die Regierung 2018 noch ein, keine hundertprozentige Unterrichtsversorgung gewährleisten zu können, suggeriert sie 2019: „Ziel erreicht!“ Für das laufende Schuljahr ist laut Bildungsministerin Karin Prien (CDU) nun eine Versorgung mit 101 Prozent der Planstellen vorgesehen.
Damit künftig tatsächlich keine Schulstunde ausfallen muss, braucht es allerdings noch mehr. Wenn jede zehnte Stunde nicht planmäßig stattfindet, müssten die Lehrerstellen etwa 110 Prozent der Stundenanzahl abdecken können. Und jede dieser Stellen müsste dann auch tatsächlich mit einer qualifizierten Lehrkraft besetzt sein. Das ist derzeit aber nicht der Fall: „Angesichts der langfristig steigenden Schülerzahlen gibt es einen Bedarf an Lehrkräften, der höher ist als er im Moment gedeckt werden kann“, räumt der Bericht ein.
Bedarf bestehe vor allem an Grundschulen, Förderzentren und berufsbildenden Schulen sowie in den MINT-Fächern. Es gibt aber auch regionale Komponenten. Das Bildungsministerium nennt eine Reihe von Maßnahmen, welche die Unterrichtssituation noch weiter verbessern sollen. Dazu gehören weitere Lehrerstellen, die schrittweise Erhöhung der Bezahlung von Grundschullehrern und die geplante 250-Euro-Zulage für neue Lehrer in Problem-Regionen.
Jüngst gab Prien bekannt: Rechnerisch waren an den Schulen im Norden im Oktober noch 130 Lehrerstellen unbesetzt – und damit 36 mehr als vor einem Jahr. „Bei 23 345 Planstellen ergibt das eine Besetzungsquote von über 99 Prozent“, so die Ministerin. Am Anfang des Schuljahres seien noch 259 Stellen unbesetzt gewesen.
Ein in die Debatte einfließender überfraktioneller Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW ruft dazu auf, Schulleitungen zu stärken. Die Landesregierung soll hierfür „Handlungsfelder zur Stärkung der schulischen Führungskräfte in Schleswig-Holstein identifizieren und daraus ein Konzept zur Stärkung von Schulleitungen erstellen“. Unter anderem wird gefordert, Arbeitszeit, Arbeitsaufgaben und Vergütung von Führungskräften im Schuldienst aller Schularten zu beleuchten. Auch Qualifizierungsmaßnahmen sowie Personalentwicklungskonzepten seien zu berücksichtigen.
(Stand: 9. Dezember 2019)
Vorherige Debatten/Meldungen zum Thema:
Dezember 2018 (Bericht 2017/2018)
Februar 2018
März 2018 (Bildungsmonitoring/ohne Aussprache)
September 2019 (Bildungsmonitoring/ohne Aussprache)
Schulleitungen stärken – Identifikation und Umsetzung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualifizierung und Auswahl schulischer Führungskräfte
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/1791
Alternativantrag der AfD-Fraktion – Drucksache 19/1819
Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2018/19
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/1727
(Federführend ist das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur)