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Wenige Tage vor Weihnachten beschließt der Landtag den von der Jamaika-Regierung vorgelegten Landeshaushalt 2020. Nicht alle Wünsche finden sich in dem 13 Milliarden Euro schweren Etat wieder.
Weitgehend unaufgeregt hat der Landtag den rund 13 Milliarden schweren Haushalt für das kommende Jahr debattiert und gegen 16 Uhr mit den Stimmen der Koalitionsfraktion und des oppositionellen SSW verabschiedet. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) merkte an, dass das Umfeld sich „finanziell rauer“ gestalte und die Jahre mit Rekordplus bald vorbei seien. Trotzdem werde die Landesregierung ihrem eigenen Anspruch gerecht – der Jamaika-Haushalt sei „ambitioniert, aber nicht leichtsinnig, progressiv und zugleich seriös“, lobte Günther das von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) zusammengetragene Zahlenwerk. Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) dagegen warf Günther vor: „Sie versprechen Berge und produzieren Maulwurfshügel.“
Der Regierungschef versprach, trotz schwierig werdender Finanzlage weiterhin mehr als eine Milliarde Euro jährlich in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und Klimaschutz zu investieren. „Wir gestalten statt zu verwalten.“ Vor allem die Zuwendungen an die Kommen, den Zukunftspakt für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und das Impuls-Programm hob der Ministerpräsident hervor. Zudem setze er auf die Energiewende als Wirtschaftsfaktor für Schleswig-Holstein. „Wir können über Klimaschutz den Wohlstand in unser Land holen“, so Günther.
Ganz anders der Blickwinkel von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner: Auch im dritten Jahr blieben die Widersprüche in der Koalition „eklatant“, hielt er der Regierung vor. Das Motto laute auch diesmal wieder: Bei der Großen Koalition in Berlin sei „die PR saumäßig, die Erträge aber ganz ordentlich. In Kiel ist es anders herum“, so Stegner. Gerade beim sozialverträglichen Klimaschutz habe die Jamaika-Koalition nichts zu bieten. Man sehe gar nicht mehr, wo noch Gemeinsamkeiten bei den Jamaika-Partnern bestünden. „Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb – aber in der Sache kommt nix raus“, so der Oppositionsführer.
Der Mieterschutz werde von CDU, Grünen und FDP „geschliffen“, die geplante Abschiebehaft-Anstalt in Glückstadt sei falsch und die vorgesehene Abstimmung der Mitglieder über den Fortbestand nach einem Jahr Pflegekammer eine „Nötigung“, so Stegner. Ausdrücklich lobte er das Zukunftspaket UKSH und die „große Einigkeit der demokratischen Parteien, Geld in die Integration von Flüchtlingen zu investieren“.
In einer weiteren Aussprache der Fraktionschefs gab es weitgehend Einigkeit zu der wenige Stunden vor der Debatte von den Koalitionsfraktionen angekündigten Anschubfinanzierung für die Pflegekammer. So werden im kommenden Jahr drei Millionen bereitgestellt, um die 28.000 registrierten Pflichtmitglieder von Beiträgen zu entlasten – laut Pflegekammer-Präsidentin Patricia Drube reiche die Summe für die Beiträge für 2019. Verbunden mit der Millionenspritze des Landes wird eine Urabstimmung über den Bestand oder die Abschaffung der Kammer im ersten Quartal 2021 gefordert. Einen ähnlichen Vorschlag für die Kammerfinanzierung hatte der SSW bereits im November gemacht. Die SPD meinte, durch die Verquickung der Anschubfinanzierung mit der Pflicht, 2021 eine Urabstimmung über den Fortbestand durchzuführen, nehme die Jamaika-Koalition deren Ergebnis vorweg.
Die Errichtung der Kammer war 2015 mit den Stimmen der damaligen Koalition aus SPD, Grünen und SSW beschlossen worden. Unter anderem am 7. November hatten rund 500 Pflegekräfte und Unterstützer vor dem Landeshaus gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Pflegeberufekammer demonstriert.
Der jetzt verabschiedete Landeshaushalt 2020 sieht Ausgaben von 13,022 Milliarden Euro vor, die erwarteten Einnahmen betragen 13,48 Milliarden Euro. Die Landesregierung plant, 27 Millionen Euro alte Schulden zu tilgen. Aktuell drückt das Land eine Schuldenlast in Höhe von 28,9 Milliarden Euro. Alleine für Zinsen plant das Finanzministerium im Haushalt 458 Millionen Euro ein. Die Investitionsquote beträgt 9,7 Prozent.
Zu Beginn der Debatte hatten die Finanzpolitiker der Fraktionen in einer ersten Runde Stellung zu dem Etat bezogen.
Der Finanzexperte der CDU, Ole-Christopher Plambeck...
...lobt den Rekordhaushalt als solides Werk, wie es sich für Jamaika gehört. Die schwarze Null steht, ein Haushalt auf Pump ist für die Jamaika-Koalition tabu, sagte er. Vor allem die Kommunen würden finanziell auskömmlich ausgestattet und mit 30 Millionen Euro zusätzlich gestärkt, darunter 5 Millionen für den ÖPNV und 20 Millionen Zuschuss für die Sozialhilfe.
Die Landwirtschaft kann weiter mit finanzieller Unterstützung, etwa Dürrehilfen, rechnen, versprach er. Die Landwirte machten einen guten Job. Nun muss die gesellschaftliche Akzeptanz verbessert werden, forderte Plambeck. Er hob beim Klimaschutz zudem die 250.000 Euro für Neuwaldbildung sowie 500.000 für die Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie hervor. Zudem werde der Rechtsstaat durch acht neue Staatsanwalts-Stellen und 13 neue Richter gestärkt und die Feuerwehr erhält 500.000 Euro für Gebäudesanierung und Nachwuchs-Gewinnung.
Die Finanzexpertin der SPD, Beate Raudies...
...sagte ironisch: Der dritte Haushalt von Jamaika liegt vor, und er ist wieder ein Haushalt der Superlative. Die Jamaika-Koalition habe einfach Glück, dass die Kassen gut gefüllt sind. Aber, so Raudies: Wie und wo investiert werden soll, da sind die Sozialdemokraten anderer Meinung als die regierenden Parteien. Wir setzen andere Prioritäten, sagte sie.
So sprang die Sozialdemokratin den Angestellten des Öffentlichen Dienstes bei. Die geplante Gehaltserhöhung von einem Prozent sei unzureichend. Rheinland-Pfalz etwa plane das Doppelte ein. Sie bekannte: In Sachen einer jährlichen Sonderzahlung für Beamte hat die SPD-Fraktion inzwischen resigniert. Es ist armselig, wie die Landesregierung mit Versprechen umgeht, sagte Raudies. Auch an der Art und Weise, wie der Haushalt zustande gekommen ist, äußerte sie harsche Kritik. Das Haushaltsrecht sei ein Königsrecht des Landtages. Dieses werde etwa durch die Einrichtung verschiedener Sondervermögen umgangen. Angesicht dieser Praxis kann der Ministerpräsident nicht viel von seinen Fraktionen halten, so Raudies.
Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Lasse Petersdotter…
...hob in seiner Rede einige soziale und klimapolitische Aspekte hervor. Besonders gut sei das Geld investiert in besseres Internet an Schulen oder in einen neuen Aktionsplan für den Radverkehr in Schleswig-Holstein. Damit bekenne sich die Koalition klar zum Fahrrad als altbewährtes aber auch zukunftsfähiges Verkehrsmittel. 500.000 Euro Finanzmittel für eine Wasserstoff-Strategie seien deshalb sinnvoll, um auf Speicherungsprobleme in der Windenergie zu reagieren.
Außerdem stellte Petersdotter mit Blick auf spätere Generationen in Frage, ob die Schuldenbremse nur positiv zu sehen ist. Zwar dürfe über die Verhältnisse leben nicht als politische Maxime gelten. Es sei aber auch eine Herausforderung, Jugendlichen in 20 Jahren zu erklären, warum wir in Zeiten der Klimakrise auf der Schuldenbremse beharrt haben. Scharfe Kritik teilte der Grünen-Politiker in Richtung der AfD aus. Die Anträge der Oppositionsfraktion würden zeigen, dass die Partei von der Krise lebt. Sie streichen alles, was nicht im Entferntesten mit gesunden weißen Männern zu tun hat, so Petersdotter.
Die Finanzpolitikerin der FDP, Annabell Krämer…
…zog zur Hälfte der Regierungszeit der Jamaika-Koalition ein überaus positives Fazit. Wir ziehen an einem Strang, sagte sie und hob hervor: Zum dritten Mal gibt im strukturellen Plus und zudem eine Tilgung von 27 Millionen Altschulden. Das Geld werde nicht mehr gebunkert, sondern Projekte investiert. Dadurch werde bis 2030 der Sanierungsstau bei der Infrastruktur abgebaut. Das bleibt festes Planungsziel, unterstrich Krämer. Die Koalition habe einen klaren Fahrplan und wolle die Zukunft des Landes gestalten.
Es gelingt in Infrastruktur und Soziales zu investieren, ohne den Landeshaushalt aufzublähen, so Krämer weiter. Sie hob die Kita-Reform als echten Meilenstein hervor. Die Besoldungsstruktur-Reform mache den öffentlichen Dienst im Land attraktiver. Der Haushalt werde moderner, klüger und leistungsfähiger. Wir sagen Ja zur Schuldenbremse und Ja zur Investition, erklärte die Liberale und fügte an: Die SPD hingegen glänzt durch unseriöse Gegenfinanzierungen.
Der Fraktionschef und Finanzexperte der AfD, Jörg Nobis…
…sagte, dass Jamaika wieder eine Chance vertan hat, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Er sieht einen Schuldenzug auf Kiel zurollen. Die AfD-Fraktion sei sich sicher, dass Finanzministerin Monika Heinold dies zwar wisse, aber der Wille zum Sparen fehle. Stattdessen träumt sie von Wölfen und Fahrradwegen, sagte er. Dabei sei es mit den vorgesehenen Streichungen seiner Fraktion möglich, Steuergeld einzusparen, ohne dass ein Polizist weniger auf den Straßen sei, so Nobis.
Einsparungspotential sieht seine Fraktion bei den asylbedingten Kosten, die den Steuerzahler jährlich mehrere Millionen Euro kosten würden. Die Regierung verweigere jede sachdienliche Auseinandersetzung zu Asylfragen. Die konkreten Kosten würden nicht korrekt benannt. So seien etwa die 780 Lehrerstellen für Deutsch als Zweitsprache nicht in den Zahlen enthalten, die von der Jamaika-Koalition ausgewiesen werden. Weil vor allem die Steuerzahler von den Steuereinnahmen profitieren sollen, gehören alle freiwilligen Asyl- und Flüchtlingsleistungen gestrichen, sagte Nobis. Die Regierung aber wolle Integration um jeden Preis – zu Lasten der Steuerzahler und künftiger Generationen, so sein Fazit.
Der Finanzexperte und Vorsitzende der SSW-Landtagsgruppe, Lars Harms…
…freute sich darüber, dass die Jamaika-Koalition einen SSW-Vorschlag zur Pflegekammer in den Haushalt übernommen hat. So soll das erste Jahr für die Mitglieder durch eine Anschubfinanzierung von drei Millionen Euro beitragsfrei sein. Darüber hinaus lobte Harms einige nach seiner Ansicht nachhaltige Projekte, wie das Sondervermögen Impuls, die Schuldenbremse aber auch die finanzielle Unterstützung des UKSH. Dies sei eine große politische Leistung. Auch beim Thema Minderheiten hob der SSW-Mann positive Aspekte hervor: Die Einrichtung der Friesenstiftung etwa bezeichnete er als historischen Schritt.
Dagegen bedauerte er, dass es die Entscheidung gegen eine Wiedereinführung des Weihnachtsgelds für Beamte gefallen ist. Die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt in Glückstadt sei ebenfalls die falsche Entscheidung – es gibt keinen Bedarf, so Harms.
In einem knapp 45-minütigen Abstimmungs-Marathon wurde nicht nur der Hauhalt 2020 verabschiedet, sondern auch Vorlagen zu weiteren in die Etat-Debatte integrierte Themen. Der Haushaltsentwurf mit eingeflossenen Änderungen wurde mit den Stimmen der Jamaika-Koalition und des SSW gegen die Stimmen von SPD und AfD angenommen. Mit demselben Ergbnis wurde der Antrag zur Anschubfinanzierung für die Pflegekammer angenommen. CDU, Grüne, FDP und SSW votierten bei Enthaltung der SPD und gegen die AfD für die Errichtung eines Sondervermögens zur Förderung Künstlicher Intelligenz. Für den Jamaika-Antrag „Stärkung des Archivwesens in Schleswig-Holstein“ sprachen sich alle Abgeordneten mit Ausnahme der SPD aus.
Den für die Beamten gedachten SSW-Antrag zur „Sonderzahlung statt Weihnachtsgeld – Angebot der Beschäftigten annehmen“ wurde bei Enthaltung der SPD gegen die Stimmen von CDU, Grüne und FDP abgelehnt. Der SSW-Antrag zur Fahrradinfrastruktur in den Städten wurde zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Die Anträge der SPD und der Jamaika-Koalition zum UKSH wurden einstimmig für erledigt erklärt und eine gemeinsame im Finanzausschuss erarbeitete Beschlussfassung einstimmig angenommen.
Der Landtag will den Haushalt für das kommende Jahr verabschieden. Durch die Ende November vorgelegte und vom Jamaika-Kabinett gebilligte Nachschiebeliste sind in dem neuen Haushaltsentwurf Ausgaben von 13,022 Milliarden Euro vorgesehen. Die erwarteten Einnahmen betragen im kommenden Jahr 13,48 Milliarden Euro. Die Landesregierung plant, 27 Millionen Euro alte Schulden zu tilgen. Aktuell drückt das Land eine Schuldenlast in Höhe von 28,9 Milliarden Euro. Alleine für Zinsen plant das Finanzministerium im Haushalt 458 Millionen Euro ein. Die Investitionsquote beträgt 9,7 Prozent.
Die von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) im Herbst vorgenommene Nachjustierung des Haushaltsentwurfs aus dem Sommer beschert den Kommunen und dem Ausbau der Digitalisierung zweistellige Millionenbeträgen zusätzlich. Die Änderungen des Etats sehen vor, dass die Mittel für Digitalisierung um 36,5 Millionen aufgestockt werden – unter anderem für das Kita-Online-Portal, die Verbesserung des mobilen Streifen- und Einsatzdiensts der Polizei und das Programm „Schulen ans Netz“. Die Kommunen werden mit 30 Millionen Euro zusätzlich gestärkt.
Trotz dieser Steigerungen sind im neuen Haushaltsentwurf die Ausgaben mit 13,022 Milliarden Euro insgesamt um 32 Millionen Euro niedriger als zunächst veranschlagt. Allerdings sinken auch die erwarteten Einnahmen um 40 Millionen Euro auf 13,48 Milliarden Euro. Die zunächst angepeilte Schuldentilgung von 36 Millionen Euro in 2020 wurde auf 27 Millionen Euro nach unten korrigiert. Und auch die Investitionsquote fällt etwas niedriger aus (9,7 statt 10,1 Prozent), denn es werden 66 Millionen Euro weniger investiert. Gründe sind eine bedarfsgerechte Nachsteuerung von Mitteln aus dem Infrastrukturprogramm Impuls und eine Streckung der zunächst für ein Jahr vorgesehen Finanzhilfen des Bundes für die soziale Wohnraumförderung auf mehrere Jahre.
Die 30 Millionen Euro zusätzlich für die Kommunen in 2020 dienen zum Teil als Ausgleich für die Kürzungen bei den Integrationsmitteln des Bundes. Das Programm „Ehrenamt und Flüchtlinge“ wird mit einer Million Euro fortgesetzt. Zur Stärkung des ÖPNV werden die Zuschüsse um fünf Millionen auf 33 Millionen Euro erhöht. Weitere 20 Millionen Euro stellt das Land den Kommunen für die Kompensation der Auswirkungen des Systemwechsels im Bereich der Sozialhilfe zur Verfügung.
Die Aufstockung der Mittel für die Kommunen im Jahr 2020 hat mit der 2021 geplanten Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) zwischen Land und Kommunen noch nichts zu tun. Hier steht eine endgültige Einigung noch bevor. Grundsätzlich ist die Stärkung der Kommunen laut Finanzministerin Heinold „ein dicker Brocken für die Finanzplanung des Landes“. Möglicherweise müsse Jamaika dafür an anderer Stelle sparen.
Entlastend auf den nachjustierten Haushalt 2020 wirken unter anderem niedrigere Zinsausgaben. Sie fallen um 34 Millionen Euro geringer aus als zunächst von Heinold aus Sicherheit großzügig kalkuliert. Im Vergleich zu Prognosen von 2010 betrage die Zinslast statt 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro im nächsten Jahr 450 Millionen Euro. Aktuell habe das Land einen Zehn-Jahres-Kredit für 0,5 Prozent Zinsen aufnehmen können. Außerdem fallen 2020 die Personalausgaben um 27 Millionen Euro niedriger aus als erwartet und 17 Millionen Euro für das LNG-Projekt werden erst später gebraucht.
Millionen zusätzlich für neue Radwege, die beitragsfreie Kita oder zusätzliches Geld für ein besseres Baustellenmanagement – die Fraktionen legen traditionell eigene Finanzierungswünsche vor. Während die Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP mit Änderungsanträgen im Umfang von etwa 13,3 Millionen Euro präsentieren, bringt die oppositionelle SPD Vorschläge in die laufenden Haushaltsberatungen ein, die unterm Strich zusammen rund 90 Millionen Euro kosten würden. Die AfD sieht insbesondere bei den Ausgaben für die Flüchtlingspolitik 18 Millionen Euro Einsparpotential, und der SSW freut sich über grünes Licht im Finanzausschuss für einige Anträge der Landtagsgruppe.
Vorschläge der Jamaika-Fraktionen:
Mit jeweils 500.000 Euro machen Mittel für eine Wasserstoffstrategie des Landes und die Sanierungsarbeiten im Jugendfeuerwehrzentrum Rendsburg die größten Einzelposten der Vorschläge von CDU, Grünen und FDP aus. Je 300.000 Euro soll es für ein modernes Baustellenmanagement, für den Aktionsplan Radverkehr und die Digitalisierung von Planungsunterlagen bei Infrastrukturprojekten geben. Ebenfalls ein sechsstelliger Betrag (250.000 Euro) ist für Erst-Aufforstungsmaßnahmen vorgesehen. Die Finanzexperten der Koalition verweisen darauf, dass ihre Vorhaben solide gegenfinanziert seien.
Und: kurz vor der Plenartagung präsentierten die Jamaika-Fraktionen einen Änderungsantrag, der für die Pflegekammer für das kommende Jahr eine Anschubfinanzierung in Höhe von drei Millionen Euro vorsieht. Damit wären die Mitglieder, das Pflegepersonal des Landes, ein Jahr beitragsfrei. In den letzten Monaten hatten sie hierfür mehrfach demonstriert.
Vorschläge der SPD-Fraktion:
Die Forderungen der Sozialdemokraten in ihrem alternativen Haushaltsplan 2020 fallen in vielen Bereichen finanziell wesentlich größer aus. Die Fraktion will in den kommenden beiden Jahren insgesamt 27 Millionen Euro in Sanierung und Bau von Radwegen investieren. Außerdem beantragte die SPD 16 Millionen Euro für echte Lernmittelfreiheit an Grundschulen sowie jeweils fünf Millionen Euro für die Vernässung von Mooren in den kommenden vier Jahren und 25 Millionen Euro für die beitragsfreie Krippe für Kinder bis drei Jahre. Insgesamt haben die Anträge ein Volumen von rund 90 Millionen Euro. Alle Vorschläge seien gegenfinanziert, unter anderem ließen sich 15 Millionen Euro durch den Verzicht auf die gemeinsame Abschiebehaftanstalt der norddeutschen Länder einsparen, hieß es bei der Vorstellung der Finanzvorschläge.
Vorschläge der AfD:
In einer Pressemitteilung beziffert die AfD ein mögliches Einsparpotential im Landesetat von über 100 Millionen Euro. Allein im Bereich der Flüchtlings- und Integrationspolitik könnten den Angaben zufolge etwa 18 Millionen Euro eingespart werden. Auch die von Jamaika geplanten 3,8 Millionen Euro zur Umsetzung ihrer Energiewende-Politik seien überflüssig. Und: „Die Budget-Erhöhungen, die in den Einzelhaushaltsplänen der Landesministerien für das Jahr 2020 vorgesehen sind, gingen ebenfalls über das hinaus, was zwingend erforderlich wäre. Hier sind Minderausgaben von rund 62 Millionen Euro möglich“, heißt es.
Vorschläge des SSW im Landtag:
Der SSW hat sich über die Zustimmung des Finanzausschusses zu einige Anträgen der Landtagsgruppe gefreut. So sei erreicht worden, dass die Dansk Centralbibliothek im kommenden Jahr einen Zuschuss von 100.000 Euro für die Anschaffung eines neuen Bücherbusses erhält und der Palliativ- und Hospizverband drei neuen Stellen sowie Sach- und Umzugskosten bekommen (149.400 Euro und ab dem Jahr 2021 mit 126.700 Euro). aufwenden.
Ein gemeinsamer Änderungsantrag aller Fraktionen (mit Ausnahmen der AfD) sieht die Einrichtung einer „Clearingstelle Windenergie vor. Die Gesamtkosten werden auf knapp 270.000 Euro beziffert.
Mit einem Sondervermögen von 4,5 Millionen Euro will die Landesregierung die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) in Schleswig-Holstein voranbringen. Der Finanzausschuss gab hierfür bereits grünes Licht, nur die AfD votierte dagegen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kündigte im August in der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung an: Bei der Entwicklung und Anwendung der KI will Schleswig-Holstein bundesweit eine führende Rolle übernehmen.
Konkret soll das Sondervermögen helfen, Projekte und Initiativen über acht Handlungsfeldern anzuschieben, darunter in den Bereichen Verwaltung und Wirtschaft oder Klima und Energie. So sollen unter anderem kleine und mittlere Unternehmen, Forschungs- und Lehreinrichtungen sowie der digitale Ausbau der Verwaltung gestärkt werden. Auch in Fragen des Klimaschutzes erhofft sich die Regierung positive Effekte von KI.
Wenige Wochen bevor Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) ankündigte, bis 2023 rund 900 Millionen Euro zusätzlich für den Radverkehr in Deutschland auszugeben und Projekte der Länder und Kommunen vor Ort zu fördern, hatte der SSW eine bessere Fahrradinfrastruktur in den Städten Schleswig-Holsteins gefordert. Die Landesregierung solle ein Programm auflegen, dass eine „besondere und dauerhafte“ Förderung des Fahrradverkehrs im städtischen Bereich gewährleiste, heißt es in einem Anfang September vorgelegten Antrag. Das Thema wird im Zuge der Haushaltsberatung mit aufgerufen, weil das Land zusätzlich 300.000 Euro für den Aktionsplan Radverkehr zur Verfügung stellen will (siehe Absatz oben: „Vorschläge der Koalition“)
Seinen Antrag begründet der SSW damit, dass insbesondere die Sanierung und der Neubau von Fahrradwegen in den Innenstädten die besten Voraussetzungen schaffe, um Luftreinheit und Sicherheit zu verbessern. „Da die Städte allein hier nicht über die nötigen Mittel verfügen und die allgemeinen Fördermittel für Radwegebau nicht ausreichen, muss das Land hier die Städte gesondert unterstützen“, heißt es weiter.
Mit den von Bundesminister Scheuer versprochenen zusätzlichen 900 Millionen Euro werden deutschlandweit nun bis 2023 rund 1,4 Milliarden Euro in den Radverkehr fließen. Noch in diesem Jahr sollen nach dem Willen des Bundesverkehrsministeriums dafür Sonderprogramme auf den Weg gebracht werden. Gefördert werden sollen zum Beispiel der Ausbau von Fahrradstraßen und Fahrradbrücken oder -tunnel, aber auch Lastenräder sowie Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen.
Die Landesregierung in Kiel hat im Frühjahr eine Fahrradstrategie mit „konkreten Schritten“ angekündigt und dabei auf das BYPAD-Verfahren gesetzt. BYPAD steht für Bicycle Policy Audit (Überprüfung der Fahrradförderung). Im Wirtschaftsausschuss des Landes stellte Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) im November erste Ergebnisse vor. So ist Schleswig-Holstein zwar bundesweit bei der Größe des Radwegenetzes vorne dabei, es gebe aber regionale Lücken und es fehle ein einheitliches, landesweites Konzept. Einige Kommunen seien beim Radwegenetz sehr engagiert, wie etwa in vielen Regionen in der Metropolregion, anderen Kommunen fehle es schlichtweg an Wissen auf diesem Gebiet, sagte Buchholz in der Ausschusssitzung im November.
Nach Angaben des Kieler Wirtschaftsministeriums gibt es in keinem anderen Bundesland so viele Radwege entlang der Straßen wie in Schleswig-Holstein. Demnach gebe es im Land knapp 94000 Straßenkilometer und davon rund 5200 Kilometer mit Radweg, was einer Quote von 55,6 Prozent entspreche. Allerdings sei ein praktisches Problem beim Radwegeausbau der Status Quo, der sich aus den Planungen einer „automobilgerechten Stadt“ der 60er und 70er Jahre ergeben habe, sagte kürzlich Verkehrsminister Buchholz. Damals seien zuerst Autos, Busse und Lkw gekommen, erst danach Radfahrer und Fußgänger. Problem bleibe insbesondere in Städten und Gemeinden der begrenzte Platz durch vorhandene Bebauung.
Einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa aus Frühjahr 2018 zufolge investieren viele Kommunen in Schleswig-Holstein zunehmend Geld in die Fahrrad-Infrastruktur. Als konkrete Projekte wurden neben dem Neu- oder Ausbau von Fahrradwegen etwa farbliche Fahrbahnbeläge an Kreuzungen, Dienst- oder Leihfahrräder, Haltegriffe an Ampeln, Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen, überdachte Stellplätze mit Bügeln und Ladestationen für E-Bikes genannt. Im Kommen sind auch „Schnellstraßen“ für die Zweiräder. In Kiel wurde erst kürzlich die „Veloroute 10“ eröffnet – eine fünf Kilometer lange, vier Meter breite und rund fünf Millionen Euro teure autofreie Strecke zwischen einem Einkaufscenter und der Uni.
In einem separaten Antrag begrüßen es die Koalitionsfraktionen, dass es im kommenden Jahr Haushaltsmittel für zwei Stellen für das digitale Landesarchiv geben soll. CDU, Grüne und FDP wollen mit dem Antrag die Landesregierung auffordern, „Gespräche mit den Kommunalarchiven und dem Landesarchiv darüber zu führen, wie die kommunalen Verpflichtungen in Anbetracht der digitalen Herausforderungen noch besser umgesetzt werden können“.
Im Zuge der Haushaltsdebatte werden zwei aus dem Dezember 2018 stammende Anträge von SPD und den Koalitionsfraktionen mit aufgerufen, die beide auf die Ausstattung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) mit medizinischen Gerätschäften zielen. Dabei geht es konkret um die Finanzierung der Erstausstattung in den neu errichteten beziehungsweise sanierten Bauten. Eine Empfehlung des Finanzausschusses liegt noch nicht vor; die Sitzung zu dem Thema soll am frühen Morgen vor der Eröffnung der Tagung stattfinden.
Die neueste Entwicklung zu diesem Thema: Mitte November dieses Jahres haben Landesregierung, weite Teile des Parlaments (einzig die AfD gehörte nicht mit zu den Unterzeichnern) und das UKSH ein Finanzpaket zur finanziellen Absicherung des Uniklinikums unterzeichnet. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) beziffert das Finanzvolumen auf bis zu eine Milliarde Euro. Das Land will Altschulden des Klinikums in Höhe von 340 Millionen Euro übernehmen und gibt Zusagen für Investitionsmittel in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Zudem wird der jährliche Investitionszuschuss des Landes bis 2028 auf 50 Millionen Euro aufgestockt.
Die Koalitionsfraktionen haben es im Finanzausschuss abgelehnt, den Beamten als Ersatz für ein Weihnachtsgeld eine Sonderzahlung in Höhe von 1000 Euro zu zahlen. Die Forderung hatte der SSW erhoben. Die Landtagsgruppe unterstützte mit ihrem Ende September vorgelegten Antrag ein diesbezügliches Kompromissangebot des Deutschen Beamtenbundes. Im Ausschuss ging die AfD mit dem SSW, die SPD enthielt sich.
In der Ersten Lesung im November hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) darauf hingewiesen, dass der vorliegende Antrag eine Verschlechterung für Beschäftigte niedriger Besoldungsstufen darstellen könne – denn diese erhielten derzeit noch 660 Euro Weihnachtsgeld und zuzüglich 400 Euro Weihnachtsgeld pro Kind. Der SSW argumentierte damit, dass die jüngste Reform der Besoldungsstruktur für Beamte unzureichend gewesen sei und eine Sonderzahlung den Landeshaushalt geringer belaste als die Wiedereinführung eines Weihnachtsgeldes für alle Besoldungsgruppen.
(Stand: 9. Dezember 2019)
Debatte Erste Lesung zum Haushalt:
September 2019
Weitere vorherige Debatten zum Thema Haushalt und Beamte:
November 2019 (Sonderzahlung Beamte)
Dezember 2018 (Haushalt 2019)
Dezember 2018 (Verkauf HSH Nordbank)
Februar 2018 (Haushalt 2018)
Debatte Erste Lesung Künstliche Intelligenz:
August 2019
Weitere vorherige Debatte zum Thema Künstliche Intelligenz:
Januar 2019
Vorherige Debatte zum Thema Fahrradverkehr:
Mai 2019 (Sicherheit)
Ausschusssitzung zum Thema Fahrradverkehr:
27. November 2019
Debatte bei Antragstellung UKSH:
Dezember 2018 (Teil einer Haushaltsdebatte)
Vorherige Debatte zum Thema UKSH:
November 2019
Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens zur Förderung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in Schleswig-Holstein und zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2019
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1563
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1811
(Ausschussüberweisung am 30. August 2019)
Gemeinsame Beratung
a) Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2020
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1600
b) Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2020
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/1601
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1846(neu)
(Ausschussüberweisung am 25. September 2019)
Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drs. 19/1874
Änderungsantrag der AfD-Fraktion – Drs. 19/1875
Änderungsantrag der Abg. des SSW – Drs. 19/1876
Änderungsantrag der Fraktion von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/1877(neu)
Fahrradinfrastruktur in den Städten verbessern
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drs. 19/1700
Alternativantrag der raktionen von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/1891
Stärkung des Archivwesens in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drs. 19/1866
Entlastung des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein für das Haushaltsjahr 2017
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1812
Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2017
Bericht der Landesregierung – Drs. 19/1077
(Ausschussüberweisung am 12. Dezember 2018)
und Bemerkungen 2019 des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein mit Bericht zur Landeshaushaltsrechnung 2017 und Stellungnahme zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits bis 2020
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1816
Das UKSH braucht eine bessere Ausstattung - Maximalversorgung auf Spitzenniveau sichern
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1868
(Ausschussüberweisung am 12. Dezember 2018)
Antrag der Fraktion der SPD – Drs. 19/1093
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drs. 19/1128
Sonderzahlung statt Weihnachtsgeld – Angebot der Beschäftigten annehmen!
Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drs. 19/1869
(Ausschussüberweisung am 13. November 2019)
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drs. 19/1740
Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2018
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/1845
(Federführend ist das Finanzministerium)
Im mehrere hundert Seiten starken Haushaltsplan sind alle Einnahmen und Ausgaben des Landes für ein Rechnungsjahr aufgelistet. Der Entwurf des Haushaltsplans wird zusammen mit dem Haushaltsgesetz von der Landesregierung in den Landtag eingebracht.
Nach der Ersten Lesung lässt der Landtag die Details durch seinen Finanzausschuss prüfen, der die Einzelpläne der Ministerien gemeinsam mit den zuständigen Fachausschüssen berät und schließlich eine Beschlussvorlage für das Plenum erarbeitet.
In der Regel legen die Oppositionsfraktionen eigene alternative Haushaltsvorschläge in der abschließenden Zweiten Lesung zur Abstimmung vor. Die Hoheit über den Haushalt gilt als „Königsrecht“ des Parlaments. Entsprechend zählen die Haushaltsdebatten jedes Jahr zu den Höhepunkten in der parlamentarischen Auseinandersetzung.