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Die Nordländer haben vergangene Woche eine gemeinsame Wasserstoff-Strategie verabredet. Nun hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, einen Maßnahmenkatalog für „den echten Norden“ zu erstellen.
Die Landesregierung will beim Ausbau der Wasserstofftechnik für eine Mobilitätswende im Land Gas geben. Sie folgt damit Forderungen der großen Mehrheit des Landtages nach einem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft auf Basis der erneuerbaren Energien. CDU, Grüne und FDP hatten die Debatte mit ihrem Antrag zu einer Wasserstoffstrategie in Gang gesetzt, dem auch SPD und SSW zustimmten.
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) erklärte in Vertretung für Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne), Wasserstoffwirtschaft sei „ein hervorragendes Beispiel, ökologische und Klimaschutzziele mit wirtschaftspolitischen Chancen zu verbinden“. Wasserstoff biete als „ein idealer Speicher“ eine industriepolitisch herausragende Chance für das Land. Der Minister forderte vom Bund die Abschaffung der EEG-Umlage. Solange diese bestehe, sei die Umwandlung unwirtschaftlich.
Weitere Punkte, die Buchholz hervorhob: Es müsse eine Experimentierklausel für die Technologie und eine CO2-Bepreisung „mit echter Lenkungswirkung“ geben. Und: Da Deutschland seinen Energiebedarf nicht über erneuerbare Energien decken könne, müssten Importkapazitäten wie ein Importterminal für gasförmige Stoffe geschaffen werden. Buchholz warnte zudem davor, Wasserstoff als „Allheilmittel“ zu sehen. Notwendig sei eine „Technologieoffenheit ohne ideologische Verbohrtheit“.
Die Redner der Jamaika-Koalition betonten, entscheidend für eine erfolgreiche Wasserstoffwirtschaft im Land seien regulative Rahmen. „Wasserstoff ist der Rohstoff der Zukunft“ mit „einem herausragenden Potential“, der klimaneutral hergestellt werden könne, konstatierte Andreas Hein (CDU). Es könne nicht sein, dass die Kilowattstunde Heizöl nur 7 Cent, die aus erneuerbarem Strom aber 30 Cent koste.
In dieselbe Kerbe schlug Oliver Kumbartzky (FDP). Die Kosten für Elektrolyse seien zu hoch, die Bundesregierung müsse die EEG-Umlage abschaffen, forderte er und ergänzte: „Wasserstoff kann das neue Öl werden.“ „Wasserstofftechnik bietet den Vorteil der Skalierbarkeit“, hob Bernd Voß (Grüne) hervor. Er versprach, bis zum Jahr 2025 werde in Schleswig-Holstein zehn Gigawatt Strom durch Windräder an Land und 12 Gigawatt Strom durch Photovoltaik erzeugt.
Volker Schnurrbusch (AfD) forderte hingegen, den „umfassenden Einspeisevorrang für Erneuerbare Gase und sukzessive Anhebung der Wasserstoffanteile im Gasnetz“ zu streichen. Wasserstoff werde „ein Nischenprodukt“ bleiben. Der entsprechende Änderungsantrag wurde abgelehnt.
Mit ihrer Forderung nach einem Wasserstoff-Kompetenzzentrum als „zuständigen Ansprechpartner“ stieß die SPD auf Skepsis. Es gebe schon jetzt kompetente Ansprechpartner in den Ministerien, hielten Redner der Jamaika-Koalition dagegen. Im Wirtschaftsausschuss soll darüber weiter diskutiert werden.
Thomas Hölck (SPD) lobte die Jamaika-Koalition ansonsten für deren Antrag. Er sei „ein logischer Schritt und listet eine ganze Reihe von guten Maßnahmen auf“. In der Norddeutschen Wasserstoff-Strategie werde so eine „eigene Schleswig-Holstein-Strategie“ einfließen können. Und Flemming Meyer (SSW) wies darauf hin, dass Wasserstoff heute immer noch aus fossilen Energien gewonnen werde. Es müsse daher mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden. Schleswig-Holstein biete dafür gute Voraussetzungen. „Wir haben einen Standortvorteil und mit diesem Pfund müssen wir wuchern“, so Meyer.
In einem mit zwölf Punkten unterlegten Forderungskatalog rufen die Koalitionsfraktionen die Landesregierung dazu auf, den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft auf Basis der Erneuerbaren Energien auch zukünftig zu unterstützen. „Als Grundlage für und in Ergänzung der nationalen und der norddeutschen Wasserstoff-Strategie“ soll ein Maßnahmenkatalog für ein taktisches Vorgehen in Schleswig-Holstein erstellt werden. In den Detailpunkten werden unter anderem die Verknüpfung mit der Sektorenkoppelung, der Speicherung und des Transports genannt, aber auch die Versorgungsinfrastruktur für mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge genannt.
Unterdessen ist bereits ein überregionales Vorhaben auf dem Weg: Die norddeutschen Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Niedersachsen und Bremen wollen bis zum Jahr 2035 eine grüne Wasserstoff-Wirtschaft aufbauen. Das haben die Wirtschafts- und Verkehrsminister vergangene Woche in Lübeck beschlossen. Gemeinsames Ziel der Nordländer ist es, im ersten Schritt ausreichend Kapazitäten für die Elektrolyse auszubauen, um mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien grünen Wasserstoff zu produzieren. Der kann unter anderem als Energiespeicher, zur Herstellung von synthetischem Treibstoff oder in Brennstoffzellen zum Antrieb von Fahrzeugen genutzt werden.
Die Strategie sieht vor, bis 2025 mindestens 500 Megawatt und bis zum Jahr 2030 mindestens fünf Gigawatt Elektrolyse-Leistung in Norddeutschland zu realisieren. „Mit den 500 Megawatt könnten rund 151.000 Autos mit grünem Wasserstoff versorgt werden. Bei einer Steigerung auf fünf Gigawatt reicht die Menge für alle 1,5 Millionen in Schleswig-Holstein zugelassenen Autos“, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) nach der Konferenz.
Darüber hinaus ist parallel zum derzeitigen Aufbau von E-Ladesäulen der Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes mit rund 250 Stationen geplant. Aktuell existieren in Norddeutschland 78. Die Minister forderten zudem, die EEG-Umlage für regenerativ erzeugten Strom für die Wasserstoff-Produktion zu streichen.
Auch in Berlin laufen die Planungen auf diesem Gebiet. So kündigte die Bundesregierung eine Wasserstoff-Strategie bis zum Jahresende an. Die Große Koalition will die Entwicklung von Wasserstoff-Technologie voranbringen und sieht dabei die Autobranche in der Pflicht. Ziel sei es, in den Jahren 2021/22 insgesamt 60.000 Wasserstoff-Autos ans Netz zu bringen, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am 5. November in Berlin. Und CDU- Wirtschaftsminister Peter Altmaier schob nach „Wir wollen, dass Deutschland bei den Wasserstoff-Technologien die Nummer eins in der Welt wird“.
(Stand: 11. November 2019)
Vorherige Debatten zum Thema:
September 2019 (Klimapaket des Bundes)
Juni 2019 (Klimaschutzbericht)
März 2019 (u.a. Wasserstoff)
Februar 2018 (spez. Wasserstoff)
Erstellung eines Maßnahmenkatalogs für eine Wasserstoffstrategie der Erneuerbaren Energien für Schleswig–Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1801
Alternativantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1829
Änderungsantrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1830