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Die Koalitionsfraktionen haben der Volksinitiative für bezahlbares Wohnen eine Absage erteilt. „Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Initiatoren sehr ernst“, sagte der CDU-Abgeordnete Peter Lehnert. Seine Partei unterstütze auch „alle sinnvollen Maßnahmen“. Aber: Eine Verankerung des Rechts auf Wohnen in der Landesverfassung zählt er nicht dazu. Solche „bürokratischen Eingriffe“ seien „unglaubwürdig“. Durch die Aufnahme in die Landesverfassung werde „noch nicht eine einzige Wohnung neu gebaut“, so Lehnert. Dies werde vielmehr durch praktische Maßnahmen erreicht, etwa durch eine soeben vom Landtag vollzogene Vereinfachung des Baurechts: „Viele Bundesländer beneiden unser Land um unsere Dynamik im Wohnungsbau.“
Die SPD-Fraktion und die Abgeordneten des SSW übten massive Kritik an Jamaika. „Wohnen wächst zu einem Armutsrisiko in unserem Land“, sagte die wohnungsbaupolitische Sprecherin der Sozialdemokraten Özlem Ünsal. Die Regierung ignoriere die Dringlichkeit der Frage. 40.000 Unterzeichner hätten ein klares Signal verdient. „Sie nehmen die Nöte nicht ernst. Der Markt regelt es alleine nicht“, widersprach sie Lehnert.
Auch der SSW-Abgeordnete Lars Harms forderte ein klares Bekenntnis zum Mieterschutz. „Jamaika hat kein Feingefühl für die Sorgen der kleinen Mieter“, sagte er. Die Politik habe es bis heute nicht geschafft, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Menschen erwarteten klare Signale von der Politik. Laut Sozialverband fehlen im Land mehr als 100 000 Sozialwohnungen.
Für die Landesregierung äußerte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Skepsis. Es gebe zwar das Recht auf Wohnen in Landesverfassungen anderer Länder, beispielsweise in Bayern oder Berlin. „Doch was hat es gebracht?“, fragte sie und gab selbst die Antwort: „Mit einer Staatszielbestimmung wäre niemandem geholfen.“ In der von der SPD beantragten namentlichen Abstimmungen votierten 44 Abgeordnete gegen und 21 für den Gesetzentwurf der Volksinitiative.
Die Volksinitiative könnte eine Verfassungsänderung weiterhin durchsetzen, indem sie ein Volksbegehren anstößt. Mindestens 80.000 Wahlberechtigte müssten hierfür das Anliegen mit ihren Unterschriften unterstützen. Käme das Volksbegehren zustande, müsste innerhalb von neun Monaten ein Volksentscheid stattfinden.
Weitere Redner:
Andreas Tietze (Grüne), Jan Marcus Rossa (FDP), Claus Schaffer (AfD), Lars Harms (SSW)
Die Forderung der Volksinitiative für bezahlbares Wohnen, ein Recht auf angemessenen Wohnraum in der Landesverfassung zu verankern, steht vor der Ablehnung. Die Regierungsfraktionen von CDU, Grünen und FDP sowie die AfD hatten den Gesetzentwurf der Initiative am 11. September im Innen- und Rechtsausschuss zurückgewiesen. Eine Ergänzung der Landesverfassung habe „keine unmittelbaren Auswirkungen“ auf den Wohnungsmarkt, wird die Ausschussempfehlung begründet.
SPD und SSW übten dagegen Kritik an Jamaika. Der Anspruch der Landesverfassung, in vielfältiger Weise Schutz für gesellschaftlich relevante Belange zu bieten, sollte auch für das Wohnen gelten, hieß es. Sollte sich das Plenum dem Mehrheitsvotum des Ausschusses anschließen, dann könnte die Initiative noch als letzten Schritt auf ein Volksbegehren drängen. Hierzu müsste sie innerhalb eines halben Jahres 80.000 Unterschriften hinter sich bringen. Dann würde es zu einem Volksentscheid kommen. Die Volksinitiative, die den Landtag zwang, sich mit dem Anliegen zu befassen, hatten rund 40 000 Menschen unterschrieben – doppelt so viele wie erforderlich.
(Stand: 23. September 2019)
Debatte Erste Lesung:
Juni 2019
Weitere vorherige Debatten und Meldung zum Thema:
Meldung zur Ausschusssitzung (5. Juni)
Mai 2019
März 2019
Juli 2018
Wie in anderen Bundesländern gibt es auch in Schleswig-Holstein zwei Wege der Gesetzgebung: Die Verabschiedung durch den Landtag und den Volksentscheid. Dazu sieht die Landesverfassung drei Stufen vor.
Volksinitiative: Hierfür müssen die Antragsteller mindestens 20.000 Unterstützer-Unterschriften sammeln. Der Landtag prüft dann die Zulässigkeit: So darf die Initiative nicht in die Haushaltshoheit des Parlaments eingreifen und nicht den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats widersprechen. Gibt das Plenum grünes Licht, hat das Parlament vier Monate Zeit, um über die Initiative zu beraten - und sie gegebenenfalls anzunehmen.
Volksbegehren: Lehnt das Parlament die Volksinitiative ab, können die Initiatoren ein Volksbegehren starten. Hierzu müssen sie innerhalb eines halben Jahres 80.000 Unterschriften hinter sich bringen. Die Listen liegen dann in Ämtern aus; zudem können die Initiatoren auch auf der Straße Unterschriften sammeln.
Volksentscheid: Ist ein Volksbegehren erfolgreich, muss innerhalb von neun Monaten ein Volksentscheid stattfinden. Der Gesetzesvorschlag gilt als angenommen, wenn die Mehrheit der Wähler zustimmt und wenn mindestens 15 Prozent aller Wahlberechtigten dafür sind. Das entspricht rund 330.000 Stimmen der Schleswig-Holsteiner. Bei einem Volksentscheid über eine Verfassungsänderung müssen zwei Drittel derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, zustimmen, jedoch mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten.