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In der Sache ist sich der Landtag einig: Tarifautonomie und Tarifbindung sollen gestärkt werden. In der Frage wie das geschehen soll, gehen die Meinungen jedoch auseinander. Die SPD hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt und fordert unter anderem, dass Tarifverträge einfacher für allgemeinverbindlich erklärt werden und so auf alle Betrieben einer Branche ausgeweitet werden sollten. Ihr Antrag wurde mehrheitlich ablehnt, einem Alternativantrag der Jamaika-Koalition stimmte die Mehrheit im Plenum zu.
Wolfgang Baasch (SPD) bedauerte, wie weitere Redner auch, dass die Tarifbindung rückläufig sei und an Bedeutung verloren habe. Tarifverträge würden „den sozialen Frieden sichern“ und seien „ein hohes Gut der sozialen Gesellschaft“. Der Sozialpolitiker bezeichnete die „Aushöhlung des Tariftreue- und Vergaberechtes“ durch die Jamaika-Koalition als „groben Fehler“. Er forderte die Landesregierung auf, sich „aktiv“ für die Stärkung der Tarifautonomie und der Tarifbindung einzusetzen.
Kay Richert (FDP) sagte, er unterstütze den Gedanken der SPD, bezweifle aber, dass ihr „Weg der richtige ist“. Vor allem hob er hervor, „der Staat soll seine Finger von der Tarifautonomie lassen“. Vielmehr müssten die Tarifpartner wieder um mehr Mitglieder werben, und Gewerkschaften müssten sich fragen, „warum sie nicht mehr attraktiv für die Arbeitnehmer sind“. Schwindende Mitgliederzahlen dürften nicht durch „Verstaatlichung des Tarifgeschehens“ kompensiert werden.
Werner Kalinka (CDU)
… hob die „zentrale Bedeutung“ von Gewerkschaften hervor. Die Tarifbindung bedeute „soziale Sicherheit, Stabilität, faire Löhne und Fairness im Wettbewerb der Unternehmen“. Der Beschluss im Bundesrat, die Bundesregierung aufzufordern, eine Strategie zur Stärkung der tariflichen Ordnung mit den Tarifpartnern zu erarbeiten, sei zu unterstützen.
Rasmus Andresen (Grüne)
…blickte mit Sorge auf die schwindende Tarifbindung. Arbeitsverhältnisse würden dadurch schlechter. Auch die Gewerkschaften hätten an Zulauf verloren. Er nannte Zahlen von elf Millionen Mitgliedern 1991 gegenüber sechs Millionen heute. Diese Situation sei auch der Wirtschaftsstruktur im Land mit wenigen großen und vielen kleineren Unternehmen geschuldet.
Volker Schnurrbusch (AfD)
… sprach von Symbolpolitik und „leeren Absichtserklärungen“. Allgemeinverbindlicherklärungen seien kaum noch von Bedeutung. Tarifautonomie habe zur Stärke und Arbeitsfrieden in der Wirtschaft geführt.
Lars Harms (SSW)
... ist der Meinung, der Staat solle „sichere und geregelte Arbeitsbedingungen sicherstellen“. Sichere Verhältnisse am Arbeitsmarkt seien „für alle von Bedeutung“. Der Gesetzgeber müsse verbindliche Rahmenbedingungen schaffen – es dürfe nicht mehr von den Entscheidungen der Tarifpartner abhängig sein, „ob Tarife für allgemeinverbindlich erklärt werden.
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP)
…appellierte an die Arbeitgeber im Land, den „flächendeckenden Tarifvertrag als etwas Positives für sich zu entdecken“. Es sei bedauerlich, dass „Gewerkschaften es nicht mehr schaffen, Leute zu mobilisieren“. Starke Arbeitgeberverbände seien auf starke Gewerkschaften angewiesen. Tarifautonomie bedeute auch, frei entscheiden zu dürfen, ob man einen Tarifvertrag schließe oder nicht.
Mit einer parlamentarischen Initiative will die SPD die Tarifbindung wieder stärken, etwa durch die „Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen“. Die Sozialdemokraten fordern die Landesregierung auf, eine Strategie „zur Stärkung der tariflichen Ordnung in Schleswig-Holstein“ zu entwickeln. Überbetriebliche Branchen- oder Flächentarifverträge spielen eine wesentliche Rolle bei der Regelung von Arbeitsbedingungen und bei der Lohnfindung, heißt es zur Begründung in dem vorliegenden Antrag. Die Tarifbindung sei in Deutschland seit Jahren rückläufig und habe an Bedeutung verloren.
Angaben der SPD zufolge sind 71 Prozent der westdeutschen und 81 Prozent der ostdeutschen Betriebe nicht tarifgebunden. Im Westen seien nur noch 57 Prozent der Arbeitnehmer in Unternehmen mit einem Tarifvertrag beschäftigt. In Schleswig-Holstein profitierten nur 52 Prozent von Branchentarifverträgen. Dies, so die Sozialdemokraten in ihrem Antrag, „ist abgesehen von Baden-Württemberg der geringste Wert in Westdeutschland und wird sonst nur noch von den neuen Bundesländern unterboten“.
Für die Beschäftigten bedeute eine fehlende Tarifbindung erhebliche Nachteile, argumentiert die SPD. So verdienten sie in der Regel weniger, wenn die Arbeitgeber aus Tarifverträgen aussteigen. Zudem zahlten Unternehmen mit Tarifvertrag fast doppelt so häufig Urlaubsgeld wie Unternehmen ohne Tarifvertrag.
Aktuell hat sich auch der Bundesrat mit dem Thema befasst. Am 7. Juni haben die Länder die Bundesregierung zu Schritten für eine Stärkung der tariflichen Ordnung aufgefordert. Unter anderem sei zu überlegen, wie die Bedingungen verbessert werden können, damit Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden können.
(Stand: 17. Juni 2019)
Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
Januar 2019 (Vergaberecht)
April 2018 (Mindestlohn)
Juli 2018 (Mindrestlohn/ohne Aussprache)