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Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) hat im Plenum seine Kritik an den Bedingungen von Tiertransporten in Nicht-EU-Staaten untermauert. Er drängte auf ein bundesweit abgestimmtes Verfahren an, um den Tierschutz sicher zu stellen. Albrecht hatte Ende Februar einen vorübergehenden Exportstopp verhängt. Anlass waren Medienberichte von Tierquälereien. In seinem, von den Regierungsfraktionen beantragten Bericht forderte er erneut den Bund zum Handeln auf. Auf dieser Ebene sei, obwohl der Bundesrat dies bereits im Frühjahr 2018 eingefordert habe, „bisher leider nicht nichts geschehen“.
Ungeachtet dessen wolle die Landesregierung sicherstellen, dass für Veterinäre und Rinderzüchter Rechtssicherheit bestehe. Rechtsgutachten hätten ergeben, dass diese womöglich strafrechtlich in die Verantwortung genommen werden könnten. Um hier Lösungen zu finden, habe sein Ministerium einen runden Tisch einberufen, der gestern erstmals getagt hat. Dort seien unter anderem die Sperrung bestimmter Routen und die umfassende Transparenz bei den Exporteuren diskutiert worden, so Albrecht.
In der anschließenden Debatte sprachen sich die Vertreter aller Fraktionen für einen besseren Tierschutz aus. Kritik kam von der SPD am Vorgehen des Ministers. Dieser habe lange weggeschaut und tue jetzt so, als habe er das Thema für sich entdeckt, monierte Kirsten Eickhoff-Weber (SPD). Die Sozialdemokratin forderte grundsätzlich mehr Personal im Ministerium, um die Umsetzung der Tierschutzstandards zu überprüfen. Mit seinem vorübergehenden Exportstopp sei Albrecht der einzige Landesminister bundesweit, „der eine Tat vollzogen habe“, konterte Lasse Petersdotter (Grüne). Zwischen den Medienberichterstattung und dem Exportstopp seien keine zwei Wochen vergangen.
Zuspruch für Albrecht kam von Oliver Kumbartzky (FDP). Er lobte die Einberufung des runden Tisches als richtigen Schritt. „Jetzt müssen Lösungen her“, mahnte der Liberale. Dafür auf Dialog zu setzen, sei richtig. Ähnlich äußerte sich Volker Schnurrbusch (AfD). Denn, so Schnurrbusch, der Tierschutz ende nicht an den EU-Außengrenzen.
Heiner Rickers (CDU) wies daraufhin, dass es zumeist um den Transport von Zuchtrindern ginge und nicht um Schlachtrinder. Deshalb habe ein Großteil der Bauern in fernen Ländern, die diese Tiere kaufen würde, ein Interesse daran, dass es ihnen gut ginge. Gleichwohl müssten grundsätzlich die Tierschutzstandards durchgesetzt werden. Flemming Meyer (SSW) stellte klar, dass die bestehenden Vorschriften für den Tierschutz ausreichen würden. Das Problem sei nur, dass diese Vorschriften nur so gut seien, wie sie eingehalten und sanktioniert werden. An die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz erinnerte Doris von Sayn Wittgenstein. Die fraktionslose Abgeordnete forderte, dieses Ziel endlich voranzutreiben und im Interesse der Tier zu handeln.
Neben dem Bericht des Ministers wurden in der Debatte drei Anträge aus dem Plenum behandelt. Ein Vorstoß der SPD, der die Landesregierung auffordert, sich mit einem Maßnahmenpaket auf Bundesebene für ein gemeinsames tierschutzgerechtes Vorgehen einzusetzen, wurde zur Beratung an den Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen. Die Sozialdemokraten wollen unter anderem die Tiertransporte innerhalb der EU und aus der EU in Drittstaaten auf acht Stunden begrenzen. Ebenfalls im Ausschuss landete ein Antrag des SSW. Dieser sieht eine landesweit einheitliche Regelung vor, die Exporte von Tieren aus Schleswig-Holstein in tierschutzrechtlich problematische Staaten unterbindet. Abgelehnt wurde ein Vorstoß der AfD. Darin hatte Oppositionsfraktion für Tierexporte in Nicht-EU-Länder unter anderem eine rechtssichere Handlungsanweisung für die Veterinärämter gefordert.
In der Diskussion um tierschutzrelevante Transporte in 14 Staaten außerhalb der Europäischen Union haben die Regierungsfraktionen von CDU, Grünen und FDP um einen Regierungsbericht zur gegenwärtigen Situation gebeten. Hintergrund: Zunächst hatten mehrere Kreise die Transporte wegen ungeklärter Fragen untersagt, am 25. Februar verkündete das Umwelt- und Agrarministerium einen Stopp für ganz das ganze Land. Zwei Tage später erreichte die Rinderzuchtgenossenschaft Schleswig-Holstein einen juristischen Teilerfolg. Das Verwaltungsgericht Schleswig entschied, dass der Kreis Steinburg ein sogenanntes Vorlaufattest für den Transport von 21 Zuchtrindern zu einer Sammelstelle nach Niedersachsen ausstellen muss.
Von Niedersachsen sollen die Rinder nach Marokko transportiert werden. Das Verwaltungsgericht betonte, die tierschutzrechtliche Prüfung für den Auslandstransport obliege allein den Amtstierärzten in Niedersachsen. Das Veterinäramt des Kreises Steinburg müsse nur prüfen, ob die viehseuchenrechtlichen Anforderungen erfüllt seien. Der Kreis Steinburg hat inzwischen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) gegen die Entscheidung eingelegt.
Nach Fernsehberichten sollen in Nicht-EU-Staaten, wie etwa in Nordafrika, im Nahen Osten und Asien, mit dem EU-Tierschutzrecht nicht vereinbare Transportbedingungen und grausame Praktiken in Schlachthöfen verbreitet sein. Das Landwirtschaftsministerium hat zwischenzeitlich einen Runden Tisch zu den Tiertransporten eingerichtet. Beim ersten Treffen in Kiel sei es vergangenen Donnerstag darum gegangen, zunächst die Daten- und Faktenlage zu klären, sagte eine Ministeriumssprecherin. Zu den Teilnehmern hätten unter anderem Vertreter des Ministeriums und des Bauernverbands gehört. Am kommenden Mittwoch, dem ersten Plenartag der März-Sitzung, sei ein weiteres Treffen in Kiel geplant – dann mit Minister Jan Philipp Albrecht (Grüne) und Landräten.
Parlamentarisch hatte am 21. Februar als erstes der SSW reagiert und von der Landesregierung verlangt, die Tierexporte aus Schleswig-Holstein in tierschutzrechtlich problematische Staaten zu unterbinden. Hierfür wurde eine landesweit verbindliche Regelung gefordert.
Im April 2015 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH): Tiertransporte müssen auch auf dem Weg aus der EU europäische Tierschutz-Regeln einhalten. Vorschriften für das Füttern und Tränken sowie für Beförderungs- und Ruhezeiten gelten auch für Teilstrecken außerhalb der EU, verkündeten die Richter in Luxemburg urteilte. Ausnahmen sind aber unter bestimmten Bedingungen möglich.
Hintergrund war ein Rechtsstreit zwischen einem deutschen Tiertransportunternehmen und der südbayerischen Stadt Kempten. Die Stadt hatte sich geweigert, einen Rindertransport von Kempten nach Andijan in Usbekistan abzufertigen, weil für einen Abschnitt der 7000 Kilometer langen Strecke keine Ruhe- oder Umladeorte vorgesehen waren. Speditionen müssen sich die Reiseplanung für lange Transporte von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und den meisten Pferden vorab von den Behörden genehmigen lassen.
(Stand: 04. März 2019)
Tierexporte in tierschutzrechtlich problematische Staaten stoppen
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/1291
Alternativantrag
...der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1330
Alternativantrag
...der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1332
Rindertransporte in Drittstaaten
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1313