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7. März 2019 – Top 24: Pflegekosten

Pflege: Eigenanteil soll gesenkt werden

Massive Preissteigerungen, besonders in der stationären Pflege, überfordern Betroffene und Angehörige. Eine breite Mehrheit im Landtag setzt sich für eine Deckelung des Eigenanteils ein.

Armut Rente Senioren
Die Pflegekosten sollen Bedürftige und deren Angehörige nicht in Armut treiben. Foto: dpa, Karl Josef Hildenbrand

Pflegeheim-Bewohner sollen aus Sicht von Sozialminister Heiner Garg (FDP) nicht mehr alleine Kostensteigerungen für Unterkunft und Verpflegung zahlen. Das Land werde sich in einer entsprechenden Bundesratsinitiative für die Deckelung der Eigenanteile einsetzen, kündigte Garg an und folgte damit einem Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW. Die Kosten für die über den Eigenanteil hinausgehenden Pflegeleistungen sollen von der Pflegeversicherung übernommen werden.

In der Debatte herrschte weitreichende Einigkeit: Die Pflegekosten dürfen nicht in Armut führen. Um ständige Beitragserhöhungen in dem Bereich zu verhindern, müsse zumindest ein dynamisch steigender Steuerzuschuss auf Bundesebene beschlossen werden. Dies sei auch Inhalt einer Bundesratsinitiative von Hamburg und Schleswig-Holstein, sagte der Minister. Er forderte CDU und SPD als regierungstragende Fraktionen in Berlin auf, sich entsprechend einzusetzen. In Schleswig-Holstein erhielten über 109.000 Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung, 35.000 davon im vollstationären Bereich, wurde in der Debatte deutlich.

Krankenkassen sollen medizinische Pflege bezahlen

Weitere Punkte in dem interfraktionellen Antrag: Künftig sollen die Kosten für die medizinische Behandlungspflege im stationären Bereich von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Zudem soll „das Verhältnis von Eigenverantwortung und Solidarität bei der Finanzierung von Pflegeleistungen“ neu ausbalanciert werden.

„Pflegekosten dürfen nicht in die Armutsfalle führen“, sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Birte Paul. Den Pflegeberuf zu stärken sei „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Auch die Krankenkassen müssten ihren Verpflichtungen nachkommen, forderte sie. Ähnlich äußerte sich Flemming Meyer (SSW), der noch einen Schritt weiter ging. Er verlangte „eine feste steuerfinanzierte Säule“ für die Pflegeversicherung. Ähnlich äußerte sich Dennys Bornhöft (FDP). Indirekt werde schon heute die Pflegeversicherung über allgemeine Steuermittel querfinanziert, machte er deutlich, etwa wenn staatliche Hilfen beantragt werden. Er sprach sich für „eine faire Lastenverteilung zwischen den Altersgruppen“ aus. 

„Pflege ist selbst zum Pflegefall geworden“

Katja Rathje-Hoffmann (CDU) forderte zudem, mehr Pflege- und Pflegefachkräfte einzustellen und deren Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es brenne an allen Ecken in der Pflege, warnte auch Marret Bohn (Grüne): „Pflege ist selbst zum Pflegefall geworden.“ Sozialminister Heiner Garg sprach von einem „grundsätzlichen Webfehler der Pflegeversicherung“, der schon bei der Erstellung in den 1990er-Jahren gemacht worden sei. Damals hätten fast ausschließlich Frauen Angehörige zuhause gepflegt, die seien heute von Armut bedroht. Die Durchschnittsrente einer Schleswig-Holsteinerin liege bei 650 Euro, der Eigenanteil fürs Heim aber schon bei durchschnittlich 1.500 Euro.

Gegen eine Deckelung der Eigenanteile sprach sich Claus Schaffer (AfD) aus, denn: „Leistungsversprechen müssen solide gegenfinanziert werden.“ Er verlangte mehr Anreize für eine private Vorsorge. Der Alternativantrag der AfD wurde jedoch abgelehnt. 

„Durchschnittliche Eigenanteile von monatlich 1.750 Euro und mehr übersteigen die durchschnittlichen Renten deutlich“, heißt es in einem Antrag der SPD, mit dem sie eine Deckelung des Eigenanteils für stationäre und ambulante Pflege einsetzt. Massive Preissteigerungen führten zu großen Verunsicherungen bei vielen Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Immer mehr Menschen beantragen im Rahmen der Sozialhilfe die sogenannte „Hilfe zur Pflege“, was die kommunalen Haushalte zusätzlich belaste, heißt es weiter im Antrag der Sozialdemokraten.

Tarifliche Steigerungen dürften nicht auf Pflegebedürftige und deren Angehörige umgelegt werden, meint die SPD und fordert, dass finanzielle Risiken im Falle einer Pflegebedürftigkeit durch eine Pflegeversicherung „verlässlich und planbar“ abgesichert werden. „Die Kosten der Leistungen von Grund- und Krankenpflege müssen solidarisch gesamtgesellschaftlich getragen werden“, heißt es weiter im Antrag. „Der Landtag fordert tarifvertragliche Vereinbarungen für alle Bereiche der Pflege.“

Sozialminister kündigt Bundesratsinitiative an

Einigkeit darüber, dass Betroffene vor hohen Kosten geschützt werden müssten, herrschte bereits in einer Landtagsdebatte im vergangenen September. Diskutiert worden war ein Antrag von SPD und SSW, der den teuren Unterhaltsleistungen von Kindern für ihre pflegebedürftigen Eltern mit einer Gesetzesänderung entgegensteuern sollte. Das Plenum votierte dafür, dass Angehörige erst dann zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden dürfen, wenn ihr Bruttoeinkommen über 100.000 Euro jährlich liegt. Von den gut 110.000 Menschen im Land, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, werden laut dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag rund 74.000 zuhause versorgt.

Zu Wochenbeginn hat Sozialminister Heiner Garg (FDP) vorgeschlagen, den Eigenanteil an den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und persönlichen Bedarf der Pflegeheim-Bewohner bei unter 1000 Euro monatlich zu deckeln. Um weitere Beitragserhöhungen zu verhindern, sei ein dynamisch steigender Steuerzuschuss erforderlich. Dies sei auch Inhalt einer Bundesratsinitiative von Hamburg und Schleswig-Holstein. Altenpfleger müssten besser bezahlt werden, damit sie demnächst nicht in den Klinikbereich abwandern, verlangte Garg. Die Kosten dafür sollten nicht allein die Pflegebedürftigen aufbringen müssen. „Es geht um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die über Steuermittel finanziert werden muss.“ Er rechne zu Beginn mit einer Summe von 1,5 bis 2 Milliarden Euro.

(Stand: 04. März 2019)

Vorherige Debatte zum Thema:
September 2018

Antrag

Pflegekosten dürfen nicht in die Armut führen – Eigenanteile deckeln
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1309(neu)/2. Fassung

Alternativantrag

...der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1334

Alternativantrag

...der Fraktionen von CDU, SPD, B90/Grüne, FDP und der Abg. des SSW – Drucksache 19/1336